Montag, 7. Mai 2018

Trans* und gender-diverse Menschen werden weltweit Opfer von schrecklichen Hassverbrechen, die oft nicht angezeigt werden. Gewalt gegen trans* und gender-diverse Menschen ist intersektional mit anderen gesellschaftlichen Machtverhältnissen wie Rassismus, Sexismus, Klassismus, Xenophobie, Diskriminierung und Vorurteilen gegenüber Sexarbeit verbunden.

  
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Geschrieben und Bearbeitet von Nikita Noemi Rothenbächer 2018
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2016 weltweit 295 Transmenschen ermordet
Brasilien: Trauriger Rekord – 179 Travestien und Transsexuelle ermordet
„Trans* und gender-diverse Menschen werden weltweit Opfer von schrecklichen Hassverbrechen, die oft nicht angezeigt werden. Gewalt gegen trans* und gender-diverse Menschen ist intersektional mit anderen gesellschaftlichen Machtverhältnissen wie Rassismus, Sexismus, Klassismus, Xenophobie, Diskriminierung und Vorurteilen gegenüber Sexarbeit verbunden. 

Mehr als 1.500 Morde an Trans*leuten weltweit
Ein Projekt von Transgender Europe sammelt Informationen über Morde an Trans*menschen. Interaktive Karte zeigt Ergebnisse
Der 17. Mai ist nicht nur der Internationale Tag gegen Homophobie, sondern auch gegen Transphobie. Die Dachorganisation Transgender Europe hat zu diesem Anlass ihre Untersuchungen zu Morden an Trans*leuten online gebracht: Das Projekt Trans Murder Monitoring (TMM) sammelt seit Januar 2008 Informationen zu Morden an Trans*leuten weltweit. Seitdem sind mehr als 1.500 ermordet worden, wie man auf einer interaktiven Karte nachlesen kann.

Der Blick auf die Karte gibt einem ein mulmiges Gefühl im Bauch: 1.509 Punkte sind darauf verteilt, die meisten in Mexiko und Brasilien, und jeder steht für einen ermordeten Trans*menschen. Bei Klick auf den Punkt erfährt man den Namen, das Alter, den Beruf, Todestag und Ort – und würde sich mehr wünschen. Wer war etwa Silvana Berisha, die am 24. Juni 2008 in Hamburg zu Tode kam? Unter welchen Umständen starb sie?
Immerhin kennen wir ihren Namen, das Alter, den Job und ihren Todestag. Bei vielen anderen der Punkte auf der Karte sind die Informationen unvollständig. Wer war die am 2. Juni 2008 in Essen ermordeten Person? Man kennt ihr Alter, 30, aber viel mehr nicht.

„Aufgrund der Umstände und einem Mangel an Informationen bleiben die Umstände vieler Tötungen im Dunkeln“, berichtet das TMM in einer Presseerklärung. Viele Fälle würden von den Behörden nicht wirklich untersucht – und wenn, dann kommen oft grausame Details ans Licht. „Viele der besser dokumentierten Fälle zeigen ein hohes Maß an Aggression und beinhalten Folter und Verstümmelung.“ Seine Daten sammelt das TMM über Internet-Suchen und aus Berichten lokaler Trans*-Organisationen und -AktivistInnen.

Zahlen zeigen nur „die Spitze des Eisbergs“

Das hat zur Folge, dass die höchsten Fallzahlen ausgerechnet aus Ländern berichtet werden, in denen es eine starke Sichtbarkeit von Trans*leuten und engagierten Interessenorganisationen gibt, die gewalttätige Übergriffe dokumentieren und bekannt machen. Im Umkehrschluss lässt das vermuten, dass die Dunkelziffer weitaus höher ist. „Unsere Zahlen zeigen nur die Spitze des Eisbergs“, vermutet das TMM. „In den meisten Ländern gibt es keine Daten zu ermordeten Trans*leuten, die systematisch erstellt werden. Es ist unmöglich, die Zahl der nicht berichteten Fälle zu schätzen.“

Fast 1.200 der berichteten Fälle kommen aus Süd- und Zentralamerika. An der Spitze liegt dort Brasilien (602 Fälle), es folgen Mexiko (160), Venezulea (81), Kolumbien (80) und Honduras (65). In anderen Weltregionen gibt es viele Berichte aus den USA (94), Türkei (35), Indien (35). In Europa hat Italien mit 27 Morden die höchste Zahl.
Für das Jahr 2013 zeigen die Berichte des TMM einen Anstieg der Gewalt gegen minderjährige Trans*personen – etwa die Hälfte der berichteten Fälle. Das setzt sich 2014 fort, wie etwa bei einem 8-jährigen Transmädchen, das von ihrem Vater am 18. Februar 2014 in Rio de Janeiro zu Tode geprügelt wurde – um ihr zu zeigen, wie man sich als Mann benimmt. Oder bei der 14-jährigen Vanessa, die nach Todesdrohungen zu ihrer Großmutter nach Angelica (Brasilien) floh und sich dort am 10. März erhängte.

“Diese alarmierenden Zahlen zeigen, dass wir sichtbare Reaktionen auf die Gewalt gegen Trans*leute benötigen. Es braucht Mechanismen, um sie zu schützen”, fordert Transgender Europe in einer Pressemitteilung.

In Brasilien sind 2017 mindestens 179 Travestien und Transsexuelle erschlagen und ermordet worden. Das entspricht einmal mehr einem traurigen Rekord und einer Steigerung von 15 Prozent im Vergleichzu 2016.

Alle 48 Stunden ist ein Transgender gewaltsam ums Leben gekommen. Aus der “Mapa dos Assassinatos de Travestis e Transexuais“ (Karte der ermordeten Travstien und Transsexuellen) geht ebenso hervor, dass die meisten der Morde im Nordosten des südamerikanischen Landes geschehen.
Betroffen sind vor allem junge Transgender mit dunkler Hautfarbe. Knapp 68 Prozent waren nur zwischen 16 und 29 Jahre alt. 80 Prozent waren Schwarze oder Mischlinge.
Die Daten stammen von der brasilianischen Vereinigung der Travestien und Transsexuellen (Antra). Offizielle Informationen liegen indes nicht vor. Vielmehr leistet die Vereinigung eine minutiöse Arbeit, durchstöbert Zeitungen, Medien, soziale Netzwerke und zeichnet eingehende Berichte auf.
Zu Ahndungen kommt es hingegen nur selten. Nur in 18 der Fälle ist es laut dem Bericht der Antra zu Verhaftungen der mutmaßlichen Täter gekommen.
Weltweit steht Brasilien bei der Gewalt gegen Transgender und mit den 179 Morden an erster Stelle.Mexiko, das auf den zweiten Platz einnimmt, hat 2017 insgesamt 56 Morde verzeichnet.
Von der “Grupo Gay da Bahia“ (GGB) ist ebenso eine Erhebung veröffentlicht worden. Nach dieser sind im vergangenen Jahr 445 Lesben, Schwule, Bisexuelle, Travestien und Transsexuelle umgebracht worden. Auch GGB hat eine Zunahme der Homophobie registriert und angesichts der hohen Zahl einen traurigen Rekord.






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