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Geschrieben
und Bearbeitet von Nikita Noemi Rothenbächer 2018
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Die Transsexualität als solche ist
ein uraltes Phänomen - das Wandeln zwischen den Geschlechtern ist so alt wie
die Menschheit.
In der
Antike und bei den Indianern Amerikas wurden jene, die ihre Geschlechterrolle
wechselten, sogar verehrt.
Unsere
monochristliche Kultur kennt dagegen — wie die islamische und die jüdische —
nur zwei streng definierte Rollenbilder: Mann und Frau.
Alle
Erscheinungsformen des Menschen, welche nicht in dieses binäre Schema passen,
sind in diesem Eindeutigkeitsdenken suspekt und vor allem änderungsbedürftig:
Die soziale Konstruktion des Andersseins ist vorprogrammiert, ein ausgeprägtes
„Kästchendenken" (Heterosexualität, Homosexualität, Bisexualität,
Transsexualität, Transvestitismus, Androgyn-Status usw.) tut sein Übriges zur
entsprechenden Festschreibung.
Die Toleranz
gegenüber dem Anderssein ist deswegen nur langsam gewachsen, und besonders die
Konstituierung des Transsexuellengesetzes TSG in Deutschland (per 1.1.1981) hat
dazu geführt, dass der Umgang mit dem Phänomen Transsexualität — weil die
chirurgische Geschlechtsumwandlung als (mögliches) Endziel sich abgekoppelt hat
vom Weg des transsexuellen Erlebens — nicht gerade erleichtert worden ist, ja
eigentlich für viele Menschen — in ihrem Bemühen um mehr Verständnis —
erschwert.
Das
individuelle Ausleben des transsexuellen Empfindens über die „Möglichkeit des
Andersseins", d. h. der soziale Geschlechtswandel alleine (wie beim
indianischen Bedachendem) wird immer mehr ins Abseits gestellt, und was einst
als unerlässlicher Weg — als langfristiger „Alltagstest" sozusagen —
gedacht war, gerät immer mehr zur Frage der „technischen Machbarkeit":
Die meist
unmittelbare, möglichst kurzzeitige Realisierung der technisch-chirurgischen
Geschlechtsumwandlung gemäß den entsprechenden TSG-Paragraphen — das „Frau-
bzw. Mann-Werden" — wird an den „Goodwill" der Gutachter delegiert.
Dass das
spätere soziale »Frau- bzw. Mann-Sein" dann um so schwerer ist (weil die
Vorbereitung, das „Vorspiel" sozusagen, nicht erlebt, sondern nur
„inszeniert" wird), dürfte verständlich sein. In Verbindung mit den
zahllosen, unabsehbaren gesundheitlichen Folgen des GeschlechtsumwandlungsRituals
bleibt der transsexuelle Mensch dabei dann (meistens) vollends auf der Strecke,
bzw. ist der „Opfer"-Status derart sozusagen bereits automatisch und
unwiderruflich vorprogrammiert.
Insofern klaffen die Phänomene der
Transsexualität und des chirurgischen Geschlechtswandels als solchen jetzt
immer weiter auseinander, und besonders die Medien unterstützen diesen
unseligen Prozess nach Kräften. Sie führen uns ununterbrochen transsexuelle
Menschen vor, welche sich nur noch als Künstlichkeitskonstrukte und nicht mehr
als Wirklichkeitsgegebenheiten offensichtlich verstehen (und meistens durchaus
auch so gesehen werden) — Schein und Sein werden verwechselt, Momentaufnahmen
statt Entwicklungswege „eingezappt" und individuelle Traumbilder zur
kollektiven „Wirklichkeit" umfunktioniert. Die „Schein-Idylle" wird —
koste es, was es wolle — hochgehalten, und am Ende der „Besichtigung" sind
alle Beteiligten und Betroffenen nahtlos glücklich:
Das
„Glückliche-Kühe-Syndrom" kommt speziell in Fernseh-Talkshows voll zum
Tragen... In diesem Sinne müssen wir uns umso mehr bewusst sein, dass — wie es
James Brown vorgängig so treffend formuliert hat — wir in einer von Männern
beherrschten und in erster Linie auf Männer zugeschnittenen Welt leben — dem
Patriarchat eben. Dieses Synonym für Männerherrschaft geht zurück auf das
griechische Wort „patriarches" (Sippenoberhaupt), zusammengesetzt aus „Pater"
(Vater) und „archein" (der erste sein, Führer sein, herrschen). Die im
Alten Testament genannten Stammväter Israels, Abraham, Isaak und Jakob mit
ihren Söhnen, werden gemeinhin als Patriarchen (Erzväter) bezeichnet. In der
katholischen Kirche werden noch häufig Erzbischöfe derart tituliert, in den
orthodoxen Kirchen ist der Titel Patriarch vorgesehen für die obersten
Geistlichen bzw. die leitenden Bischöfe (beispielsweise „Patriarch von
Konstantinopel"). Das Grab der Patriarchen in der Ibrahim-Moschee in
Hebron im israelisch besetzten Westjordanland ist eine heilige Stätte für die
drei großen Religionen Islam, Judentum und Christentum. Die Grabstätten von
Abraham, Isaak und Jakob und ihren Ehefrauen Sarah, Rebekka sind seit
Jahrhunderten Ort der blutigsten Auseinandersetzungen zwischen Christen, Juden
und Moslems (Hebron-Massaker 1994).
Im gesellschaftlichen Verständnis bedeutet
das Patriarchat durchweg eine Gesellschaftsordnung, bei der der Mann eine
bevorzugte Stellung in Staat und Familie innehat und bei der in Erbfolge und
sozialer Stellung die männliche Linie ausschlaggebend ist. Das absolute
Gegenteil des Patriarchats ist dagegen das Matriarchat — eine
Gesellschaftsform, in der die Frauen das Sagen haben. Die matriarchalische
Lebensweise ist allerdings im Laufe der Jahrhunderte, in welchen sich das
Patriarchat durchgesetzt hat, immer weiter zurückgegangen — wir finden es u. a.
heute noch auf Sumatra, welches als Mutterland des Matriarchats gilt, beim
Stamme der Minangkabau sowie auf auf der Halbinsel Malakka. Die Konkurrenz des
Islam (dem fundamentalistischsten Patriarchat überhaupt) sowie des Kapitalismus
haben das dortige Matriarchatssystem jedoch zur eher kulturfolkloristischen
Veranstaltung abgleiten lassen.
Aber noch bis in die sechziger Jahre waren die
Frauen der Minangkabau wirtschaftlich unabhängig, und das Eigentum wurde
ausschließlich an die Töchter vererbt. (Eigentum schafft Einfluss und Macht.)
Die Ehemänner lebten nach der Hochzeit wieder bei der Mutter, arbeite ten für
die Frauen auf den Feldern und durften nur ins Haus, wenn es der Ehefrau
angenehm war. Diese war die absolute Herrin über ihren Clan („Soku") und
die mächtigste Instanz in der Familie. Bezogen auf die westliche
Gesellschaftsordnung heißt es im Buch der Matriarchats-Forscherin Sonja
Rüttner-Cova, „Der Matriarch" (1988): „Matriarchen sind Männer, die aus
Angst vor einer mächtigen inneren Mutter ihre Geschlechtsrolle nicht
akzeptieren können. Es fehlen ihnen die Riten der Alten oder fremden Völker, wo
Männer zu Männern gemacht werden. Ein Matriarch ist mutteridentifiziert, er
liebt, hasst, sucht und flieht die Frau. Er ist an die innere Mutter, an seine
innere Mutter ausgeliefert, von der er sich nicht lösen kann.” Bei einem
solchem Verständnis einer bestimmten Männlichkeit in unserer Kultur könnten
dann die Mann-zu-Frau-Transsexuellen - etwas plakativ formuliert - als die
(biologisch-)homosexuellen Matriarchen bezeichnet werden.
Denn wie die
Molekularbiologie inzwischen nachgewiesen hat, sind es die Sexualhormone, die
das ursprünglich weibliche Gehirn bei einem Mann vermännlichen. Bei
Homosexuellen ist dieser Prozess nicht vollständig abgelaufen oder - wie es der
Gehirnforscher Robert Gorsky formulierte -: „Schwule sind schwul, weil ihr
Gehirn nicht völlig männlich geworden ist." Deswegen denken Homosexuelle
„weiblich", d. h. mehr in Richtung „Mensch` (= Frau) als die
heterosexuellen, „gelungenen" Männer, und das bedeutet für die gleichfalls
biologisch-homosexuell veranlagten Mann-zu-Frau-Transsexuellen in ihrem Denken
gleichfalls ein weiblich-kulturelles Reaktionsmuster. Das Ganze ist immer ein Prozess
der Wechselwirkungen, und da mischen die männlichen Transsexuellen nun mal
entsprechend mit — wie biologische Frauen, aber mit kräftiger „männlicher"
Sozialisation (zumindest bis zur frühen Pubertät). Die Kombination von
„weiblichem" Denken und matriarchalem Charakterbild dürfte dann zu einem
transsexuellen Verhalten führen.
Eine transsexuelle Eigenständigkeit gibt es
nicht! Von den kommenden Geschlechterverhältnissen sagt die amerikanische
Zukunftsforscherin Faith Popcorn (sie erfand den Anfang der achtziger Jahre
entstandenen Begriff des „Cocooning): „Die Zeit der Männerherrschaft geht zu
Ende. Schon zur Jahrtausendwende wird es zu einem gewaltigen Machtkampf
zwischen den Geschlechtern kommen, und die Frauen werden siegreich daraus
hervorgehen. Nur die Männer, die sich der weiblichen Denkweise anpassen, haben
eine Chance mitzuziehen. Die Frau kommt in den neunziger Jahren nach oben und
ergreift die wirtschaftliche Macht. Unternehmen, die von Männern geführt
werden, müssen mit Einbußen rechnen, denn das in diesen Betrieben herrschende
Macho-Denken hat keine Zukunft mehr.
Karriere wird weniger zählen als Familie
oder Glück in einer Beziehung. Frauen werden erfolgreicher sein, weil sie
globaler denken und versuchen, Familie und Arbeit zu verbinden. Die Firma der
Zukunft ist ein kleinerer Familienbetrieb, in dem die Frau der Boss ist."
Eine mutige Aussage, die allerdings offenlässt, ob es sich bei diesem Phänomen
um die Rückkehr des Matriarchats oder am Ende doch nur um die Zurückdrängung
des Patriarchats handelt. Aber wie gesagt: Der Weg ist wichtiger als das Ziel.
Auch im familiären Bereich müssen die Patriarchen bereits heute große Abstriche
ihrer einstigen Macht hinnehmen, jedenfalls im Westen. Die derzeitige
Geschlechter- und Familien-Krise ist nicht zuletzt darauf zurückzuführen, dass
das Verlangen nach verlässlichen Beziehungen geblieben ist, aber die
Bedingungen, unter denen die Familie sich entfalten kann, in dieser Zeit des
Patriarchatszerfalls noch nicht neu konstruiert werden konnten. Das Patriarchat
blockt noch immer ab, und dies führt zu solchen gesellschaftlichen Phänomenen
wie hohen Scheidungsziffern (jede dritte Ehe scheitert), immer niedrigeren
Geburtenraten sowie ständig wachsenden Singlezahlen.
Dennoch ist die
Wertschätzung für die herkömmliche Familie geblieben, und nicht umsonst meint
die übergroße Mehrzahl aller Menschen, dass die Familie die alleinige
Voraussetzung für ein glückliches Lebensbild ist. In einem solchen riesigen
Umwälzungsprozeß der Geschlechterbeziehungen müssen — immer bezogen auf die
Konstruktion der Familie — die Väter und die dazugehörige Männlichkeit im
Grunde neu erfunden werden. Es fällt vielen Männern schwer, sich zu
arrangieren, und die französische Philosophin Elisabeth Badinter sagt dazu in
ihrer Vision der „Revolution der Väter": „Die Frauen beobachten diese
Mutanten voller Zärtlichkeit und halten den Atem an ..." Ob dagegen die
„transsexuelle Revolte" (Stefan Hirschauer) in diesem gewaltigen Anpassungsprozess
einfach so weitergeführt werden kann, ist allerdings eine andere Frage. Denn
ist schon das Phänomen des heutigen Transsexualismus als patriarchalisch
initiierte Homosexualitäts-Vermeidungs-Strategie zu werten, so ist die
gesetzliche Regelung der Geschlechtswandel-Thematik erst recht eine
patriarchalische Angelegenheit:
Die Konstituierung der geschlechtlichen Eindeutigkeit
über den männlichen Machbarkeitswahn („illusio virilis"). Insofern lassen
sich die Emanzipation der Frau und die „Künstlichkeit der Geschlechter"
nach patriarchalischem Verständnis schlecht miteinander kombinieren — Alice Schwarzers
feministischer Zuneigung hin oder her. Es wird also abzusehen sein, dass der
Transsexualismus von den geschlechtlichen Umwälzungsprozessen letztendlich
nicht unberührt bleiben wird. Besonders das Phänomen der männlichen,
medizinischen Transsexualität wird — als patriarchalisches Erbe par excellence
— davon betroffen sein:
Die männliche Homosexualität als „Makel" der
Männlichkeit über den Weg des binären Denkens (ja — nein, plus — minus, gut —
schlecht, Mann — Frau und dazwischen nichts mehr) passt nicht mehr zum
Zeitgeist des nun weithin aufgekündigten Diskurses der Geschlechter. Die
Wahrung der geschlechtlichen Gegensätze in der traditionellen Form kann
jedenfalls nicht mehr gefragt sein, und insofern glänzen die Transsexuellen in
diesem Prozess der Emanzipation, des Freisetzens überholter Rollenklischees,
mit einer manchmal bis zur Karikatur gehenden Verinnerlichung derselben
(Mimikry-Effekt) als „bunte Vögel".
Es sollte an dieser Stelle deshalb
nochmals ausdrücklich darauf hingewiesen werden, dass die Bezeichnung
transsexuell in erster Linie für das Hineinwechseln in das gegengeschlechtliche
Rollenverständnis angewandt werden sollte und erst in zweiter Linie — und nicht
wie üblich ausschließlich — für die Vornahme der chirurgischen
Geschlechtskorrektur als kategorisierend angesehen werden darf. In diesem
Verständnis ist dann die Mann-zu-Frau-Transsexualität die primäre Folge der
kulturellen Verneinung der biologisch-männlichen Homosexualität durch das Manifest-
bzw. latent-homosexuelle Patriarchat (Situationsheterosexualität) und die
Frau-zu-Mann-Transsexualität die kulturelle Revanche des heterosexuellen
Patriarchats (Neigungsheterosexualität) für die Gleichstellungsgelüste der
„Emanzipations-Weiber".
Die Mann-zu-Frau-Transsexuellen als eigene, künstliche
„Frauen nach Maß" und die Frau-zu-Mann-Transsexuellen als völlig
chancenlose, konkurrenzlose „Pseudo-Männer" (denn das patriarchalische
Mann-Sein ist in erster Linie ein Gruppenerlebnis der direkten Konkurrenz) —
welch eine (männliche) Hybris liegt dem Ganzen zugrunde.
Die moderne Gentechnik
schließlich hat den Niedergang des Patriarchats auch im wissenschaftlichen
Sinne besiegelt — die Molekularbiologie hat endgültig bewiesen, dass die Natur
ganz anders aufgebaut ist, als die Kultur des Patriarchats bisher (erfolgreich)
suggeriert hat. Nicht „Eva aus Adam" (Bibel-Überlieferung), sondern „Adam
aus „Eva" (Natur-Gesetz) lautet die Devise bzw. kann jetzt schwarz auf
weiß nachvollzogen werden. Und in diesem Neuen Denken wird es dann auch
plötzlich völlig klar, dass die männliche Homosexualität — aus welchen Gründen
dann auch — im Werdungsprozeß des Mannes aus der weiblichen Urstruktur heraus
bereits einkalkuliert ist. Sie ist also weniger ein „Makel" der
(sekundären) Männlichkeit, sondern eher ist die Männlichkeit — zugegebenermaßen
etwas plakativ formuliert — als „Makel" der (primären) Weiblichkeit
anzusehen.
Mal was anderes! In diesem natürlichen Entwicklungsschema ist
deshalb absolut kein Platz für ein Transsexualitätsdenken, das auf das „Im-falschen
Körper"-Konstrukt aufgebaut ist und als Begründung für die moderne
Geschlechtschirurgie herhalten muß. Das Phänomen der Transsexualität ist keine
eigenständige Sexualität, sondern ist und bleibt der Konflikt zwischen Biologie
und Kultur, d. h. zwischen biologischer Veranlagung und kulturellen Normierung,
Erbe und Umwelt, dabei eine erhebliche, vom Patriarchat inszenierte
Eigendynamik und Gesetzmäßigkeit entwickelnd. Die Mann-zu-Frau-Transsexualität
ist in diesem Konzept als Flucht vor der biologischen Homosexualität in die
kulturelle „Heterosexualität" (Situationsheterosexualität) zu sehen, die
Frau-zu-Mann-Transsexualität dagegen als Flucht vor der biologischen
Heterosexualität (als Auflehnung gegen das patriarchalische Besitzdenken über
die Schwangerschaft) in eine vermeintliche (kulturelle) Homosexualität.
Aus
dieser wird dann mittels der chirurgischen Geschlechtsumwandlung die erneute
Flucht zurück in die biologische Heterosexualität gesucht, allerdings jetzt in
einem umgekehrten, patriarchalisch-orientierten Rollenverständnis.
Diesbezüglich wird also bei der männlichen Geschlechtsumwandlungsthematik ein
Wechsel der sexuellen Orientierung (bewusst) inszeniert, während bei der
weiblichen Geschlechtschirurgie (lediglich) die Umkehr der sexuellen
Orientierung im heterosexuellen Bereich suggeriert wird. Im biologischen Denken
einfach konzipiert, wird das Ganze im patriarchalisch-kulturellen Denkmodell
mehr als nur kompliziert... Zu dieser Vernebelungstaktik des Patriarchats
hinsichtlich der biologischen Sexualität passt ferner die Tatsache, dass für
das Transsexualismus Phänomen eine nahtlose Vermischung auch mit der
biologischen Intersexualität (Hermaphroditismus) inszeniert wird. Ebenso gehört
die sich immer stärker manifestierende Abspaltung des Faktums der chirurgischen
Geschlechtsumwandlung als alleiniges Ziel, ohne das „Er-leben" der
Transsexualität als (möglichen) Weg dorthin, zur Strategie des Patriarchats und
seinen vielen Helfershelfern (nicht zuletzt der vielen Transsexuellen selbst) —
das kulturelle Konstrukt der patriarchalischen Sexualität soll möglichst lange
nicht von der biologischen Wahrheit überrollt werden.
Hierbei ist auch die
Funktion der Medien — als überaus mächtiges Patriarchats relikt noch immer
umfassend installiert — nicht zu unterschätzen. Die Entlarvung des
transsexuellen Märchens „Des Kaisers neue Kleider" (Hans Christian
Andersen) mit dem Ausruf: „Aber er hat ja gar nichts an", dürfte deswegen
noch wohl einige Zeit auf sich warten lassen — allzu sehr sind bei den
Verantwortlichen die patriarchalischen Denkschemen eingeschliffen bzw. die potemkinschen
Dörfer der transsexuellen Philosophie mit unsäglichen Klischeefassaden
geschmückt.
Dies alles, obwohl die Grundsätze des sogenannten „unscharfen
Denkens" (Fuzzylogic) beispielsweise in der Computerwelt bereits die alte
Wahr-falsch-Logik ins Wanken gebracht hat — die neuen, sogenannten
„denkenden" Computer beruhen auf diesem „fuzzy-logic"-Prinzip der
Abstufung zwischen den Extremen: Das Ziel orientiert sich am Weg und nicht
umgekehrt...! Ebenso kann im religiösen Bereich beispielsweise der (derzeitige)
Siegeszug des Buddhismus über das christliche Denken in einem solchen Sinne
eingeordnet werden. Denn der Buddhismus als solcher (über 400 Millionen
Gläubige weltweit) kennt keinen absoluten Gott wie das Christentum und auch
kein Paradies. Ist für das Christentum das Paradies etwas sehr Lebendiges (die
unsterbliche Seele und der vergängliche Körper werden wiedervereinigt:
Auferstehung der Toten), so ist es für den Buddhisten dagegen das höchste
Glück, im „Nirwana" aufzugehen: Sein ganzes Wesen und seine Persönlichkeit
erlöscht, und er ist befreit von den weltlichen Qualen — er ist im höchsten
Zustand ein Nichts. Die buddhistische Philosophie sieht hierzu die vier
Weisheiten: Leben ist Leiden, und Ursache für das Leiden ist die Begierde. Die
Aufhebung der Begierde führt zur Abwesenheit des Leidens (!)
Der Weg dahin
geht über einen achtteiligen Pfad, und solange der Gläubige nicht die Erleuchtung
gefunden hat, bleibt er im Kreislauf der Wiedergeburt, mal als Tier, mal als
Pflanze, mal als Mensch (als Teil und nicht als Herrscher der Natur = indianisches
Denken!) — als Symbol dazu dient das Rad. Der Buddhismus lehrt: „Wer seinem
Herzen freien Lauf lässt, ohne es zu zügeln, wird das Nirwana nicht erreichen;
deshalb müssen wir das Herz im Zaume halten, uns von den Aufregungen der Welt
fernhalten und die Ruhe des Gemütes suchen." Der Weg zum Ziel ist
wichtiger als das Ziel selbst. In einer solchen Religion der Liebe, der
Sanftheit, hat ein so völlig künstliches, unnatürliches Konstrukt wie die
chirurgische Geschlechtsumwandlung, das den Menschen physisch und psychisch
kaputt macht, logischerweise nichts zu suchen. Die Geschlechtschirurgie ist ein
christlich-patriarchalisches Erbe, und nur der Weg des transsexuellen
(„menschlichen") Erlebens kann als Möglichkeit einer persönlichen,
individuellen Lebensform akzeptabel sein (und nicht nur das Ziel der
chirurgischen Geschlechtsumwandlung als alleinige Voraussetzung).
In diesem
Sinne ist das Phänomen der Transsexualität als „besondere Ausprägung einer
Persönlichkeit" (Volkmar Sigusch) zu respektieren, und kein medizinisch-chirurgischer
Experimentierbereich, schon gar keine Krankheit (wie dies die
TSG-Transsexuellen — im Kampf um staatliche Gelder und Pfründen — unbeirrbar,
dem homosexuellen Verständnis diametral entgegengesetzt, für sich in Anspruch
nehmen). Die Eigendynamik des heutigen Transsexualitätssyndroms und die
Suggestivkraft der modernen Medien — das Thema ist „in” — haben allerdings
besonders in letzter Zeit dazu geführt, dass eine derart vom Patriarchat
inszenierte Störung der Geschlechtsidentität individueller Natur vorwiegend zu
einer auf Sex, „Perversitäten", Klischees und Vorurteile reduzierten
„Störung der Mediennormalität" auf kollektiver Voyeurismus Grundlage
umstrukturiert worden ist — der vorgegebene „Zoo-Effekt" schließt dabei
offenbar jegliche Homosexualitätskomponente aus.
Und um den Unterhaltungswert
des Phänomens Transsexualität nochmals ausdrücklich zu illustrieren, tönt es
dann aus der Patriarchen-Hochburg des „Stern" (13/93): „Im Salambo ist ein
Gutteil der Artistinnen erst durch Operation zur Frau geworden und arbeitet
noch die Rechnung des Chirurgen ab. Transvestiten (!), heißt es, könnten auch
sechs Nummern am Abend besser wegstecken (!).
" Wie lange muß eine solche
Ansammlung von patriarchalischer Hybris, von Sexismus und Zynismus noch hingenommen
werden? Ebenso wie in den Medien ist das Patriarchat auch in Medizin und
Wissenschaft noch immer überaus stark vertreten — besonders die deutsche
Ärzteschaft ist diesbezüglich überaus patriarchalisch organisiert — und hat —
aus welchen Gründen dann auch — in der Folge die Konstituierung der
medizinischen Transsexualität (in Deutschland vor allem Prof. Eberhard
Schorsch) entscheidend beeinflusst.
Und wie sehr sich die Öffentlichkeit
inzwischen dieser patriarchalisch medizinischen Abhängigkeit bewusst wird,
zeigen solche Formulierungen wie: »Artisten mit dem Skalpell", »Feudale
Strukturen im Gesundheitswesen", „Gesundheitsindustrielle",
„Medizinische Experimentier-Künstler" sowie „Patienten als
Versuchskaninchen".
Nicht zuletzt sind solche Verhältnisse in der
Realisierung der heutigen Geschlechtschirurgie als festinstitutionalisiertes
Ritual gleichfalls immer manifester geworden. Denn oft scheint nur das Resultat
zu zählen, die Momentaufnahme wird gezeigt und der Mensch anschließend vergessen.
In einem solchen „Fortschritts"-Denken patriarchalischer Natur kommt es
dann dazu, dass viele geschlechtswandelnde Operationen an Betroffenen
durchgeführt werden, die überhaupt nicht „reif" für einen solchen
Lebenseinschnitt sind. Parallel dazu hat sich weiter auch das damit
zusammenhängende bzw. extra dazu installierte Gutachtertum zu einem überaus
lukrativen „Pfründe"-Phänomen (als Papierkrieg getarnt) entwickelt:
Transsexuelle sind eben „pathologisch wertvoll" im Gesundheitswesen
geworden.
Es wird Zeit, die darin innewohnende Diskrepanz aufzuzeigen:
Einerseits wird die „Krankheit Transsexualität" über das
„Im-falschen-Körper"-Konzept mehr oder weniger wegoperiert und dann
nahtlos — und offensichtlich widerspruchslos — durch eine immens lange Liste neuer,
echter Krankheiten, als direkte Folgen der Kastration und der Hormonmedikation,
ersetzt — welch ein Wahnsinn wird dort eigentlich inszeniert! Das von der
Autorin propagierte Neue Denken soll deshalb dazu beitragen, dass die
vorgenannten Verhältnisse und Gegebenheiten ins Bewusstsein der Öffentlichkeit
dringen — es ist höchste Zeit dazu. Statt Erbe und Umwelt in
biologistisch-fundamentalistischer Absicht auseinanderzudividieren, soll das
Zusammengehen beider Einflussbereiche im menschlichen Werdungsprozeß dagegen
sichtbar gemacht werden: Nur der (denkende) Mensch ist das Produkt der
Wechselwirkung zwischen (biologischem) Erbe und (kultureller) Umwelt.
Die
Zuweisung der beiden Komponenten als jeweils alleinige Ursache für das
bisherige Zustandekommen des Homo sapiens ist immer grundsätzlich falsch und
das, obwohl die Stimmungsschwankungen zwischen Erbe und Umwelt manchmal
rational nicht nachzuvollziehen sind — da schwankt aber dann hauptsächlich der
Zeitgeist und nicht die Forschung. Dass diese in den letzten Jahren echte
Fortschritte, besonders in der Genetik, gemacht hat, steht dabei außer Frage.
Die Gene bilden in dieser Forschungsodyssee das letzte große Rätsel der
Menschheit, und dieser Herausforderung nur dem Patriarchat — wie bisher — zu
überlassen ist eine überaus riskante Angelegenheit. Es betrifft dies
insbesondere das Phänomen der männlichen Homosexualität auf biologischer
Grundlage, welches in der Erbforschung — wenn falsch gehandhabt — Anlass zu
Besorgnis geben könnte (dies aber nicht muß), während die weibliche
Homosexualität davon im biologischen Sinne weniger betroffen sein dürfte
(Überraschungen nicht ausgeschlossen!).
In einem Leitartikel der Zeitschrift
für Sexualmedizin mit der Überschrift „Das Monster Mensch" (12/1982) wurde
eine solche mögliche medizinische Apokalypse der Menschheit aufgezeigt.
Es heißt
dort u. a.: „Wer vom Wesen Mensch redet, sollte sein Unwesen nicht
verschweigen. Hielt sich der Mensch lange Zeit für die Krone der Schöpfung, so
mehren sich heute Stimmen, die ihn eher als Ausgeburt, wenn schon nicht der
Hölle, dann wenigstens der Natur bezeichnen würden." Und: „Aber der Mensch
schafft sich ja für alles Ersatz: so den Konflikt im Ich. Dann wird der
Instinkt zum Trieb, der Zwang zur Motivation, der Drang zum Bedürfnis.
Kanalisation ist alles oder Kompensation oder Sublimation. Der Geist, die
Psyche bedarf des Konflikts; denn das Tier kennt keine, hat es doch für alles
seinen Instinkt."
Sowie: „Doch
die Spezie Mensch kennt keine Grenzen, weder nach außen noch nach innen, weder
im Makrakosmos noch in der Mikrobiologie, weder psychisch noch somatisch. So
schafft er sich selbst zum Monster. Mary Shelley hat es in ihrem
Frankenstein-Roman anno 1818 schon vorweggenommen. Inzwischen haben sich in
allen Medien Nachahmer gefunden. Heute scheint ihre Schauer-Utopie Wirklichkeit
zu werden: Genmanipulation, Embryotransfer, Psychochirurgie und — last not
least — `geschlechtsumwandelnde` Operationen noch (!) des äußeren Genitale, das
sind nur einzelne Stationen auf einem beängstigenden Weg; aber sie deuten die
Richtung an, in der sich der Mensch zu bewegen droht: ins Unberechen — und
Unbeherrschbare."
Im letzten Absatz heißt es schließlich: „Sie (die
Menschheit!) wird auch die Zukunft meistern können — wenn sie auf ihre
mahnenden Rufer und berufenen Mahner hört. Einer hat sich jetzt zu Wort
gemeldet: Der Frankfurter Psychoanalytiker Reimut Reiche hat operierte
Transsexuelle als von Menschen kreierte Monster bezeichnet. Ihm wurde vielfach
widersprochen — widerlegt werden konnte er nicht." Harte Worte — gewiss
doch. Aber mit dem gegenwärtigen Beibehalten einer potemkinschen
Scheinwirklichkeit auf Kosten der betroffenen Menschen kann dem
Geschlechtsumwandlungs-Phänomen auch nicht gedient sein. Ansonsten entstehen
Verhältnisse, wie sie leider immer noch beim diffusen Dopingproblem im Sport
üblich sind:
Ausklammern und Ausblenden jeglicher gesundheitlicher Konsequenzen
und zu erwartender Spätfolgen, nur der Resultate wegen — das alte Schema
patriarchalisch-künstlicher Verdrängungskultur im Sinne der „illusio
virilis". Dieses Buch will einen Beitrag zum so dringend erforderlichen Prozess
des Umdenkens in der transsexuellen Problematik liefern, die Koordinaten wieder
geraderücken und vor allem die Kriterien neu setzen. In diesem Sinne hat sich
die Autorin die Mühe gemacht, vor allem die biologischen Fakten und die
kulturellen Surrogate (speziell die gesellschaftlichen Scheinwirklichkeiten)
akribisch zu untersuchen. Herausgekommen ist wieder ein Netzwerk und vor allem
eine Fundgrube homosexueller und transsexueller Gegebenheiten. Eine gute Sache!
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