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Geschrieben
und Bearbeitet von Nikita Noemi Rothenbächer 2018
Es wird immer
schwerer, Hass und Unwahrheiten wie Diskriminierung zu entgehen. In Zeiten von Fake News, Social
Bots und Hate-Speech glauben wir mehr denn je daran, dass Seiten wie
https://trans-weib.blogspot.com/eine wichtige Rolle spielen.
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diesen euren Verwandten, Freunde, Bekannten und Familie denn Information beugt
vor, einer Minderheit anzugehören!
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Transsexuelle dürfen ohne Gutachten nicht ihr
Geschlecht ändern
Das hat das Bundesverfassungsgericht entschieden. Die Gutachter dürften
Transsexualität aber nicht als Krankheit ansehen, die es zu therapieren gelte.
Ohne Gutachten dürfen transsexuelle
Menschen nicht ihr Geschlecht wechseln und ihren Namen ändern. Die im
Transsexuellengesetz enthaltene Vorschrift, dass zwei unabhängige Gutachter die
Voraussetzungen für den Geschlechtswechsel bestätigen müssen, verstoße nicht
gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht oder die Menschenwürde, entschied das
Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe in einem jetzt veröffentlichten Beschluss
(AZ: 1 BvR 747/17).
Damit scheiterte die
Verfassungsbeschwerde eines Transsexuellen aus Dortmund. Dieser wollte als Frau
rechtlich anerkannt werden und seinen männlichen Namen in "Nicole"
ändern lassen. Doch der Geschlechterwechsel wurde von den Behörden abgelehnt,
da sich der Beschwerdeführer weigerte, seine Transsexualität von unabhängigen
Gutachtern bestätigen zu lassen.
Mit dieser gesetzlichen Vorgabe
werde Transsexualität als Krankheit angesehen, die therapiert werden müsse,
rügte der Transsexuelle. Das stelle eine Verletzung seines allgemeinen
Persönlichkeitsrechts und seiner Menschenwürde dar.
Das Gericht betonte deshalb, dass
die Gutachter Transsexualität nicht als psychische Krankheit begreifen und
versuchen dürfen, Betroffene einer "Behandlung" zuzuführen. Das Bundesverfassungsgericht
hatte bereits 2011bestätigt, dass der Gesetzgeber eine Namensänderung an
unabhängige Sachverständigengutachten knüpfen darf. Die Gutachter müssten dabei
prüfen, ob die transsexuelle Person seit mindestens drei Jahren unter dem Zwang
steht, ihren Vorstellungen entsprechend zu leben. Auch müsse die "hohe
Wahrscheinlichkeit" bestehen, dass die Zugehörigkeit zum anderen
Geschlecht sich nicht mehr ändern wird.
Wie Ärzte zum "richtigen" Geschlecht verhelfen
Körperlich so sein, wie sie sich innerlich
fühlen – das lang ersehnte Ziel für transidente Menschen. Bei
Behandlungsstandards und Versorgungsqualität bei Geschlechtsangleichungen gibt
es Verbesserungsbedarf. Was motiviert Ärzte, ein Geschlecht bestmöglich zu
ändern?
"Manche
Patienten erfüllen sich in höherem Alter damit einen Traum", sagt Dr.
Bernhard Liedl auf dem Weg in den Op. Dort ist Dr. Martina Rieger gerade dabei,
einem solchen Traum eine anatomisch korrekte Form zu geben.
Das ist in
dem Fall die einer Neovagina. Die Urologin bildet sie aus dem, was bis eben ein
Penis war. Die 60-jährige Patientin lebt schon lang als Frau und möchte nun bis
in die intimen Details so aussehen. Wenn sie aufwacht, wird sie diesem Ziel um
einiges näher sein. Aber bis dahin hat das Ärzteteam noch viel zu tun.
In
fünf Stunden zur Neovagina
Etwa fünf
Stunden dauert der Eingriff. Urologin, Assistent und die beiden OP-Schwestern
arbeiten sich routiniert vor. "Alles entspannt", bestätigt die
Anästhesistin. Sie ist mit den Vitalwerten auf ihren Monitoren sehr zufrieden.
Etwa 300
Menschen lassen hier jedes Jahr ihr
Geschlecht angleichen. Damit ist die Chirurgische Klinik Bogenhausen
deutschlandweit eines der führenden Häuser in diesem Bereich. Aus der von Liedl
geleiteten Abteilung für Urologie entstand 2012 ein zusätzliches
Schwerpunkt-Zentrum für Urogenital-Chirurgie.
Zuletzt
wuchsen Ärzte- und Patientenzahl enorm. Der OP ist einer von vieren, die Liedls
Team regelmäßig belegt, bisweilen parallel. Ab Frühjahr kommt ein neuer an der
Urologischen Klinik Planegg dazu. Die gehört ebenfalls zur Fachkliniken München
AG.
Vor knapp
zehn Jahren, als Liedl Chefarzt der Urologischen Abteilung in Bogenhausen
wurde, arbeitete er allein. Heute zählt sein Team neun Ober-, Fach- und
Assistenzärzte. Rieger war die dritte Fachärztin, die er ausbildete. Wie die
dienstälteren Kollegen Dr. Oliver Markovsky und Dr. Leopold Durner blieb sie.
Motivation
des Arztes: Das kann man besser machen
Doch was
bewegt einen Arzt, Geschlechtsangleichung zu einem Schwerpunkt zu machen? Liedl
begründet das so: "Ich fing an, mich mit diesem Gebiet zu befassen, weil
ich in den 1980ern Verläufe sah, die fürchterlich waren."
Das könne
man besser machen, so sein Fazit. Seine Anfänge machte er am
Universitätsklinikum der LMU am Standort Großhadern.
In seiner
heutigen Abteilung wird zudem viel anderes operiert, darunter urogenitale
Tumoren,Inkontinenz und Impotenz.
Er denkt darüber nach, die Tumorbehandlung zu einem weiteren Schwerpunkt zu
machen. Für alle Bereiche gilt: die Qualität muss stimmen.
Eine
Patientin berichtet
Wie wichtig
das ist, davon wissen auch die Patienten zu berichten. Kira zum Beispiel.
Anatomisch miserable Ergebnisse, zahlreiche Komplikationen und massive
seelische Folgen.
Die bald
40-jährige aus Hamburg hat viel darüber gehört, was alles schiefgehen kann.
Einer der Extremfälle war eine Transfrau, die 26 Operationen ertrug. Üblich
sind zwei, bei Transmännern vier.
Kira nahm
sich vier Jahre Zeit, um sich gut zu informieren. Das empfiehlt sie jedem, der
einen solchen Eingriff erwägt. Vor einigen Tagen überstand sie ihre erste
Mann-zu-Frau-Operation.
So richtig
sitzen kann sie im Stationsbett noch nicht. Aber sie ist schmerzfrei, das freut
sie besonders. In einem halben Jahr folgt ein kleinerer Eingriff. Anatomisches
Feintuning, sozusagen. Es sind die letzten Schritte auf einem langen Weg, wie
bei vielen.
Das
Unbehagen über die angeborene Anatomie jedenfalls kannte Kira schon immer.
"Ich konnte mit meinem Körper nichts anfangen. Er war für mich im Grunde
nicht existent."
Zusammenbruch
mit Mitte 30
Dennoch
verlief ihr Leben unauffällig. Ausbildung, Job, Heirat, Haus, sie passte sich
an. Mit 35 der Zusammenbruch. In einer Psychotherapie betrieb sie
"Ursachenforschung", bald folgte ihr Outing. Einfach war die Zeit
danach nicht. "Kaum outet man sich, ist die Welt ganz anders", stellt
sie fest.
Die
Scheidung, eine bis heute enttäuschte Ex-Frau, eine anfangs völlig
verständnislose Mutter. Von ihrer Firma, einem großen
Medizinproduktehersteller, wo sie über elf Jahre in der Kundenbetreuung
arbeitete, wurde sie "rausgeekelt".
Mit der
Krankenkasse rang sie um Finanzierung der angestrebten Operationen, ohne Erfolg.
Nach einem Wechsel der Kasse ging alles relativ unkompliziert.
Im letzten
Jahr ließ sie eine Kehlkopfanpassung machen, vor
kurzem eine Brustaugmentation. Die Stimmbänder blieben unberührt. Um
feminin zu sprechen, reichte logopädisches Training. Außerdem bekommt sie
weibliche Hormone.
Jetzt also
der Intimbereich. Den Begriff "geschlechtsangleichende Operation"
findet Kira passend. Denn sie war, wie sie sagt, immer eine Frau. "Ich
definiere mich über mein Gehirn, nicht über meinen Körper." Der werde dem
Kopf im wahrsten Sinn des Wortes angeglichen.
Zimmernachbarin
Heike teilt diese Ansicht. Sie hat gerade die zweite und letzte Operation
hinter sich. Auch sie lebte lang angepasst. In den 30 Jahren Ehe mit drei
Töchtern konnte sie sich als Frau verhalten. Im Beruf, als
Versandlager-Exportleiter, gab sie betont den Mann. "Nach außen habe ich
den großen Macker markiert".
Mobbing
und Burn-Out
Die
Diskrepanz belastete sie, mit 48 outete sie sich. Es gab Probleme in der Firma,
Mobbing, einen Burn-Out, die Frau ließ sich scheiden. Die Familie möchte keinen
Kontakt mehr. Ihre Herkunftsfamilie akzeptiert sie, mit Ausnahme der Mutter,
bis heute nicht. Arbeit hat Heike, wie Kira, derzeit keine.
Beide leben
aber seit einigen Jahren in Beziehungen, mit Frauen. Die operativen
Veränderungen erlebt Heike positiv. "Ich hab das ganze Zeug lang genug mit
mir herumgetragen, das reicht", scherzt sie.
Kira und
Heike sind sich einig: Bei
der Toleranz müsste sich noch einiges tun. Es geht schon los in der
Psychotherapie. Beide Transfrauen erlebten dort außer Hilfe auch
Diskriminierung, wechselten daher ihre Therapeuten.
Möglicherweise
haben es die Jüngeren etwas leichter. Das Thema ist heute bekannter, die
gesellschaftliche Toleranz größer. Der 26-jährige Felix jedenfalls berichtet
vor allem Positives. Testosteronbedingt kann er das mit maskuliner Stimme tun.
Zuerst
lavierte auch er sich durch, als Mädchen. Das Schwerste? "Wirklich
anzufangen", sagt er. Den Mut zu fassen, sich zu erklären. Später
Entscheidungen zu finden, und Psychotherapeuten. Davon gibt es auf dem Dorf
nicht viele. In Köln und Aachen klappte es.
Diagnose:
"schwerer Leidensdruck"
Die
Therapeuten erstellten zudem Gutachten. Zwei sind gesetzliche Pflicht, erst
dann konnte Felix seinen Personenstand ändern. Für eine Operation braucht es
mehr. Sie gründet auf der ICD-Diagnose "Transsexualismus",
einschließlich eines schweren Leidensdrucks.
Die
Indikation kann nur ein spezialisierter, erfahrener Facharzt stellen, etwa ein
Psychiater oder Neurologe. Zudem werden eineinhalb Jahre Psychotherapie
erwartet, samt "Alltagstest", also Leben nach dem gefühlten
Geschlecht. Schließlich Hormontherapie über
ein halbes Jahr, mit Östrogen oder, wie in Felix‘ Fall, Testosteron.
Das alles
soll helfen – und verhindern, dass leichtfertig operiert wird. Darauf legt auch
Liedl großen Wert. "Ein chirurgischer Eingriff ist nur mit dem
persönlichen Einverständnis des Patienten und nach gründlicher Beratung sinnvoll."
Schließlich
wählt längst nicht jeder letztlich eine Operation. Eltern können das so wenig
entscheiden wie Jugendliche, so der Arzt. Das angeratene Mindestalter von 18
Jahren hält er für völlig berechtigt.
"Ich
selbst habe auch nicht geglaubt, dass ich das wirklich mache."
Als Felix so
alt war, war er unsicher. "Ich selbst habe auch nicht geglaubt, dass ich
das wirklich mache." Mit 23 wurde es konkret. Familie und Freunde, zuerst
irritiert, akzeptierten ihn bald als Jungen.
Es klappte
im Beruf ebenfalls. Felix ist Heilerziehungspfleger an einer Einrichtung für
schwerst mehrfach Behinderte. Seine Chefin sagt, er sei jetzt viel
aufgeschlossener, das mache seine Fehlzeiten wett.
Davon wird
es noch einige geben. Brüste und innere Geschlechtsorgane ist Felix bereits
losgeworden, am Florence-Nightingale-Krankenhaus in Düsseldorf. Jetzt lässt er
sich in Bogenhausen mit dem ausstatten, wovon sich Kira und Heike unbedingt
befreien wollten. Vor drei Wochen war die zweite Operation, morgen darf er nach
Hause.
Immerhin ist
nun mit der Phalloplastik der schwerste Eingriff vorbei. Er hat Schmerzen, kann
den bandagierten Unterarm kaum bewegen. Dessen Haut ist wesentliches
"Material" für die männlichen Geschlechtsorgane, abgesehen von
Implantaten. In einem Jahr, hofft Felix, ist die Zeit der Klinikaufenthalte
vorbei.
Zwei Drittel
der Transgender-Patienten in Bogenhausen sind Transmänner. Ihre Operation ist
besonders kompliziert, es gibt sie an sechs deutschen Kliniken. Auf Liedls
Phalloplastik-Warteliste stehen 100 Patienten. Mann-zu-Frau-Operationen gibt es
an fast doppelt so vielen Häusern. Insgesamt lassen sich Transfrauen öfter
operieren.
Die Kosten
übernehmen, seit einem Urteil des Bundessozialgerichts von 1987, die Kassen.
Erste Behandlungsleitlinien gibt es. Die für Erwachsene von 1997 werden gerade
überarbeitet. Beteiligt sind unter anderem Ärzte eines interdisziplinären
Münchner Qualitätszirkels.
Liedl schaut
sich Langzeitverläufe genauer an, erste Auswertungen soll es dieses Jahr geben.
Die aktuellen Diagnosebegriffe Transsexualismus (ICD-11) beziehungsweiseGeschlechtsdysphorie
(DSM-V) indes findet mancher Betroffene nicht passend. Kira und Heike
jedenfalls votieren für "Transidentität" oder
"Transgender".
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