Montag, 8. Oktober 2018

Rumäniens Diversitätskämpfer feiern Scheitern von homophobem Referendum

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Geschrieben und Bearbeitet von Nikita Noemi Rothenbächer 2018
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Rumänien 
Referendum zur Homo-Ehe gescheitert
  • Die Rumänen sollten darüber abstimmen, ob das im Gesetz bestehende Verbot der gleichgeschlechtlichen Ehe in der Verfassung verankert wird.
  • Nur 20,41 Prozent der Wahlberechtigten gaben ihre Stimme ab; mindestens 30 Prozent wären nötig gewesen.
Das Referendum über eine Verschärfung des Verbots der Homo-Ehe in Rumänien ist wegen zu geringer Wahlbeteiligung gescheitert. Nur 20,41 Prozent der mehr als 18 Millionen Wahlberechtigten gaben am Samstag und Sonntag nach Angaben des Zentralen Wahlbüros ihre Stimmen ab. Für die Gültigkeit der Volksbefragung wäre eine Beteiligung von mindestens 30 Prozent notwendig gewesen.
Rumäniens wichtigste Interessenvertretung der Homosexuellen, Accept, begrüßte den Ausgang des Referendums. Die Rumänen ließen sich nicht von einer politischen Agenda hinters Licht führen, "die zu Hass und Zwietracht aufruft", erklärte Accept. Man habe gezeigt, "dass die meisten von uns nicht glauben, dass man über Menschenrechte in einem Referendum abstimmen sollte".

Der Fraktionschef der Sozialdemokraten im EU-Parlament, Udo Bullmann, sagte, er sei zufrieden, dass nunmehr der geplante "Rückschritt" im Bereich der Rechte Homosexueller ausgeblieben sei. Nun gelte es, ein geplantes Gesetz über zivile Partnerschaften voranzutreiben. Die religiös motivierte Bewegung "Koalition für die Familie", die das Referendum beantragt hatte, warf allen Parteien vor, mit einem "generalisierten Boykott" für eine schwache Beteiligung gesorgt zu haben.

Die Rumänen sollten darüber abstimmen, ob das bereits bestehende Verbot der gleichgeschlechtlichen Ehe in der Verfassung verankert wird. Bisher ist dies nur im Gesetz festgeschrieben. In der Verfassung wird die Ehe geschlechtsneutral als Bund zwischen "Ehegatten" bezeichnet. Die konservativen und kirchennahen Initiatoren der Volksbefragung wollten erreichen, dass der Begriff "Ehegatten" durch "Mann und Frau" ersetzt wird.

Die sogenannte "Koalition für die Familie" hatte 2015 drei Millionen Unterschriften gesammelt, um Rumäniens Politiker zu einer Verfassungsänderung aufzufordern. Diese wurde 2017 sowohl im Parlament als auch im Senat mit überwältigender Mehrheit beschlossen. Allerdings müssen Verfassungsänderungen in Rumänien durch eine Volksabstimmung gebilligt werden.

Rumänien ist eines der sozial konservativsten Länder in Europa. 2015 hielten in einem Eurobarometer über Diskriminierung nur 24 Prozent der befragten Rumänen eine Verbindung zwischen zwei Männern oder zwei Frauen für in Ordnung; nur 36 Prozent glaubten, dass Homo- und Bisexuelle die gleichen Rechte wie Heterosexuelle haben sollten.

„Gut gemacht, Leute!“ Rumäniens Diversitätskämpfer feiern Scheitern von homophobem Referendum

Mit nur 20,4 Prozent Wahlbeteiligung ist am Wochenende ein Referendum in Rumänien gescheitert, in dem das Volk über die  Unterbindung der Ehe für alle abstimmen sollte. Manche sehen darin ein Signal für mehr Diversität, andere ein Zeichen der Illegtimität der amtierenden Regierung
30 Prozent Wahlbeteiligung wären nötig gewesen, um dem Referendum zu Gültigkeit zu verhelfen. Dieser Wert wurde mit den 20,4 Prozent deutlich unterschritten. Ob die schwache Beteiligung auf eine generelle Gleichgültigkeit der Rumänen bezüglich einer Ehedefinition zurückgeht oder als Erfolg der engagierten Boykott-Aufrufe der Referendumsgegner zu werten ist (blu berichtete), kann nur gemutmaßt werden. Fakt ist vorerst nur, dass eine gesetzliche Umdefinierung der Ehe vom „Bund zweier Partner“ zum „Bund zwischen Mann und Frau“ vorerst vom Tisch ist. LGBTIQ*-Organisationen wie Asociatia Accept und MozaiQ feierten das Ergebnis als positives Signal.

Auch prominente Unterstützer der Boykott-Kampagnen wie der TV-Star Vladimir Draghia zeigten sich erfreut. Draghia rief seinen Fans bei Facebook zu: „Es gibt offenbar noch Hoffnung. Gut gemacht, Leute!“ Draghia, der u. a. für seine Teilnahme an der TV-Sendung „Exatlon Románia“ bekannt und nicht schwul ist, hatte die Boykott-Kampagne von MozaiQ unterstützt. Er war dafür laut eigenen Angaben bei Facebook als „gottlos“ und unrumänisch“ beschimpft worden. Er begegnete den Gegnern mit einem Posting, in dem er schrieb:  „Nur weil ich das Glück hatte, in einer Gesellschaft, die Homosexuelle verurteilt, ‚normal‘ geboren worden zu sein, heißt das nicht, dass ich mich auf diesem Privileg ausruhe. Schon morgen kann ich selbst als Angehöriger einer Minderheit aufwachen“. Danach zitierte Draghia das berühmte Martin-Niemöller-Gedicht „Als die Nazis die Kommunisten holten, habe ich geschwiegen...“
Rumäniens Opposition greift die sozialdemokratische Regierung von Premierministerin Viorica Dăncilă (blu berichtete) laut BBC nun dafür an, durch das sinnlose Referendum „40 Millionen Euro für ein Hirngespinst verplempert“ zu haben und fordert Neuwahlen. MozaiQ-Sprecher Vlad Viski forderte nach dem deutlichen Scheitern des Referendums ein zügiges Einführen gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften, dem sich die Regierung bislang entgegengestellt hat.



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