Montag, 3. Juni 2019

Fußtritt für Würde der Menschen /// Das Geschlecht bleibt fremdbestimmt Die Reform des Transsexuellengesetz verbessert nichts - beim Geschlechtseintrag werden Menschen auch künftig fremdbestimmt und pathologisiert.

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Geschrieben und Bearbeitet von Nikita Noemi Rothenbächer 2018

Es wird immer schwerer, Hass und Unwahrheiten wie Diskriminierung  zu entgehen

 In Zeiten von Fake News, Social Bots und Hate-Speech glauben wir mehr denn je daran, dass Seiten wie https://trans-weib.blogspot.com/eine wichtige Rolle spielen.



„Fußtritt für Würde der Menschen“


Verbände stoppen neues Transsexuellengesetz

Düsseldorf Wenn sich der Kopf einem anderen Geschlecht zugehörig fühlt, als es der Körper vorsieht: Mit einer Reform des Transsexuellengesetzes sollen Menschen einfacher ihren Namen und Personenstand ändern können. Doch massive Kritik bremst das Vorhaben aus.
Keine Einigung: Die Besprechung des Referentenentwurfs von Bundesjustiz- und Bundesinnenministerium zur Reform des Transsexuellengesetzes wurde verschoben. „Der Entwurf hat es nicht ins Kabinett geschafft, weil es noch viele Punkte gibt, die besprochen werden müssen“, sagte ein Sprecher des Justizministeriums. Eigentlich sollte der Gesetzentwurf bereits an diesem Mittwoch ins Bundeskabinett eingebracht werden.

Mit dem Referentenentwurf will die Bundesregierung das 1981 in Kraft getretene Gesetz zur „Änderung der Vornamen und die Feststellung der Geschlechtszugehörigkeit in besonderen Fällen“ reformieren. Diesen Entwurf aus den Ressorts von Justizministerin Katharina Barley (SPD) und Innenminister Horst Seehofer (CSU) lehnen allerdings nahezu alle Verbände und Aktivisten entschieden ab. So warf die Deutsche Gesellschaft für Transidentität und Intersexualität den Politikern „Augenwischerei“ vor: „Der Gesetzesentwurf ist als respektlos anzusehen und bedeutet einen Fußtritt für die Würde der Menschen“, heißt es in ihrer Stellungnahme. Der Entwurf stelle keinerlei Verbesserung dar. Von einer Selbstbestimmung der Trans- und Intersexuellen könne nicht die Rede sein, die Hoheit liege weiter bei Ärzten und Beratern.
Bei der als Transsexuellengesetz (TSG) bekannten Norm geht es um Menschen, die zwar ein biologisch eindeutiges Geschlecht haben, sich aber dem anderen Geschlecht zugehörig fühlen. Das Gesetz regelt, unter welchen Voraussetzungen diese Personen ihre Vornamen und ihren Geschlechtseintrag im Personenstandregister ändern lassen können.

In verschiedenen Entscheidungen hatte das Bundesverfassungsgericht Teile des TSG für verfassungswidrig erklärt. Der neue Referentenentwurf will den Entwicklungen in der Medizin und in der Gesellschaft zur Beurteilung von Transgeschlechtlichkeit Rechnung tragen.
Dabei soll das neue Gesetz sowohl für trans- als auch für intersexuelle Personen gelten. Von Intergeschlechtlichkeit spricht man bei Menschen mit einer angeborenen Variation der körperlichen Geschlechtsmerkmale. Sie können laut Gesetzentwurf gegenüber einem Standesamt erklären, dass die Angabe zu ihrem Geschlecht geändert (in weiblich, männlich oder divers) oder gestrichen wird. Dafür müssen sie eine ärztliche Bescheinigung vorlegen, die die angeborene Variation der Geschlechtsmerkmale nachweist. In besonderen Fällen kann auch eine eidesstattliche Erklärung ausreichen.

Bei transsexuellen Personen müsste auch mit der Gesetzreform ein Gericht anordnen, dass die Angabe zu ihrem Geschlecht geändert oder gestrichen wird. Ein Großteil der Kritik richtet sich an eine der Voraussetzungen für eine solche gerichtliche Anordnung: Transsexuelle Personen müssen sich einer sogenannten Geschlechtsidentitätsberatung unterziehen und eine entsprechende Bescheinigung darüber vorlegen.

Die beratende Person muss aufgrund ihrer ärztlichen oder psychologischen Berufsqualifikation mit dem Thema Transsexualität ausreichend vertraut sein. In seiner Bescheinigung muss der Berater erklären, ob sich die betroffene Person „ernsthaft und dauerhaft einem anderen oder keinem Geschlecht als zugehörig empfindet“ und mit „hoher Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, dass sich ihr Zugehörigkeitsempfinden“ nicht mehr ändern wird. Das kritisieren die Aktivisten und Verbände. Es gebe mit dieser Reform auch künftig kein Recht auf echte Selbstbestimmung.
Mehr als 25 Stellungnahmen befassen sich mit dem Entwurf, die überwältigende Mehrheit fällt vernichtend aus. SPD-Queer, die Vereinigung der LGBTI-Sozialdemokraten, kritisierte den Entwurf als „missraten“, „Augenwischerei“ und „schlechten Kuhhandel“. Mehr als 34.000 Personen haben sich bisher mit zwei Petitionen auf change.org und openpetition.de gegen den Entwurf ausgesprochen. In diesem Video erklärt beispielsweise Aktivist Linus Giese die Kritik an der geplanten Reform:

Auch die Bundesvereinigung Trans (BVT) lehnt den Gesetzesentwurf wegen „schwerwiegender Lücken, Mängel und Probleme“ ab. Die BVT verweist darauf, dass zahlreiche europäische Reformen der letzten Jahre Begutachtungen, Diagnosen und Fremdbestimmungen abgeschafft hätten: „Wenn Deutschland an der Fremdbestimmung festhält, widersetzt es sich den europäischen Menschenrechtsgarantien sowie EU-Vorgaben zur Geschlechtergleichstellung und fällt noch weiter hinter seine europäischen Nachbarn zurück.“




Das Geschlecht bleibt fremdbestimmt


Die Reform des Transsexuellengesetz verbessert nichts - beim 

Geschlechtseintrag werden Menschen auch künftig 

fremdbestimmt und pathologisiert.


"Augenwischerei", "missraten" und "schlechter Kuhhandel" – so hart urteilte der Bundesvorstand der Arbeitsgemeinschaft der SPD für Akzeptanz und Gleichstellung (SPDqueer) über die Reform des Transsexuellengesetzes. 

Was ist genau passiert? In Deutschland gilt seit dem 1. Januar 1981 das sogenannte Transsexuellengesetz. Mithilfe des Transsexuellengesetzes soll die Änderung von Vornamen und die Feststellung der Geschlechtszugehörigkeit in besonderen Fällen geregelt werden. Seit der Einführung 1981 wurden vom Bundesverfassungsgericht vereinzelt Vorschriften für verfassungswidrig erklärt: zu Beginn durfte der Vorname und der Personenstand zum Beispiel erst nach operativen Eingriffen geändert werden. Damals gab es auch eine Altersgrenze: trans Menschen mussten 25 Jahre alt sein, um einen Antrag stellen zu dürfen. Lange Zeit galt außerdem, dass die Vornamensänderung unwirksam wird, sobald es zu einer Hochzeit kommt – und dass sich verheiratete trans Menschen vor der Änderung scheiden lassen müssen.
Erstmal klingt der Entwurf gut - oder?
Am vergangenen Mittwoch legte das Bundesinnenministerium gemeinsam mit dem Bundesjustizministerium dann völlig überraschend einen Gesetzesentwurf für eine Reform vor. Fachverbänden wurden lediglich 48 Stunden eingeräumt, um auf die Vorschläge zu reagieren. Auf einunddreißig Seiten wird dargelegt, was sich ändern soll – Hintergrund der Reform sei, dass „sich die Beurteilung von Transgeschlechtlichkeit, […] sowohl in der Medizin als auch in der Gesellschaft fortentwickelt“. Weiterhin heißt es: „Da viele Betroffene den bisherigen Regelungsstandort im TSG –einem Sondergesetz – als diskriminierend empfanden werden die Regelungen für die Änderung eines Geschlechtseintrags […] in das Bürgerliche Gesetzbuch überführt. Das TSG kann dann aufgehoben werden.“

Das klingt erst einmal ganz gut, oder nicht? Ein diskriminierendes Gesetz soll aufgehoben werden. Zudem erweckt das Wort Reform den Anschein, es komme zu einer Erneuerung – oder gar Verbesserung. Doch dem ist leider nicht so. Schauen wir uns die Veränderungen mal genauer an:

Die Identität und der Körper von trans Menschen wird weiter bewertet
Bisher mussten trans Menschen zwei Gutachten anfertigen lassen, dafür die Kosten tragen und in einem Gerichtsverfahren die Änderung von Vornamen und Personenstand beantragen. An diesem Verfahren soll sich nun Folgendes verändern: statt zweier Gutachten, soll es zwar jetzt nur noch eine Beratung geben, doch ein gerichtliches Verfahren bleibt immer noch notwendig. Zudem findet diese sogenannte Beratung bei denselben Psycholog*innen und Ärzt*innen statt, die auch die Gutachten erstellt haben. Auch wenn der Prozess nun Beratung statt Begutachtung genannt werden soll, bleibt der Inhalt der gleiche. Am Ende der Beratung soll kein Gutachten erstellt werden, sondern eine „begründete Bescheinigung“ darüber, „ob sich die betroffene Person ernsthaft und dauerhaft einem anderen oder keinem Geschlecht als zugehörig empfindet".


Was heißt das genau? Im Grunde bedeutet das, dass Psycholog*innen und Ärzt*innen das Leben, die Identität und den Körper von trans Menschen bewerten und begutachten. Mit welchen Kriterien möchte man eine Geschlechtszugehörigkeit beurteilen? Wer möchte Menschen eine Geschlechtszugehörigkeit absprechen? Auf welcher Basis? Mit welchem Ziel? Was daran ist selbstbestimmt und zeitgemäß?

Muss ich mich ausziehen, um mein Körperbild begutachten zu lassen?
Kritik gibt es auch an der neuen Definition, durch die festgelegt werden soll, wer trans ist: Laut dieser ist ein Mensch trans, der eine Geschlechtsidentität aufweist, die vom "eindeutig weiblichen oder männlichen Körperbild“ abweicht – doch was ist eigentlich mit dem schwammigen Begriff Körperbild gemeint und wer möchte das bestimmen? Muss ich mich bei einer solchen Beratung ausziehen, um mein Körperbild begutachten zu lassen? Oder geht es um meine Frisur und meine Kleidung? Habe ich trotz meiner Bartbehaarung eigentlich noch ein eindeutig weibliches Körperbild? Oder nicht?

Kommen wir zu einer weiteren Änderung, die den Prozess für trans Menschen verschlimmert und nicht verbessert. Während des Gerichtsverfahrens zur Vornamens- und Personenstandänderung sollen nun auch Ehepartner*innen gehört werden, auch wenn völlig unklar bleibt, was diese zum Verfahren beizutragen haben.

Stell dir vor, du bist trans. Stell dir vor, du möchtest gerne deinen Namen und deinen Personenstand ändern lassen. Stell dir vor, dass du deshalb eine Zwangsberatung über dich ergehen lassen musst. Eigentlich möchtest du nur deinen Namen und deinen Personenstand ändern lassen, aber dafür muss vor Gericht erst einmal dein*e Ehepartner*in darüber aussagen, ob das, was du dir wünscht, auch seine Richtigkeit hat. Ich finde das absurd und problematisch.

Jahre mit falschen Papieren leben
Und wenn der Antrag auf Namens- und Personenstandsänderung abgelehnt wird, darf erst nach drei Jahren ein neuer Antrag gestellt werden. Drei Jahre. Drei Jahre, in denen trans Menschen mit falschen Papieren leben, wohnen, arbeiten müssen. Drei Jahre, in denen trans Menschen die Entscheidung abgenommen wird, ob sie sich outen möchten oder nicht – sie können nicht einmal ein Paket abholen, das ihnen an ihren richtigen Namen geschickt wird.


Mich macht der Reformvorschlag ängstlich und hilflos, gleichzeitig bin ich auch enttäuscht und wütend. Am Freitagnachmittag habe ich auf Change.org eine Petition ins Leben gerufen, um mich gegen diese Reform zu wehren, aber auch um nicht mehr das Gefühl zu haben, alleine zu sein.

Fast 20.000 Menschen haben in den vergangenen zwei Tagen unterschrieben und ich wünsche mir, dass der Protest – von trans und cis Menschen auch in den kommenden Tagen weiterhin laut und sichtbar sein wird: der Gesetzesentwurf ist pathologisierend, diskriminierend und nicht zeitgemäß. Während man in anderen europäischen Ländern selbstbestimmt über den eigenen Geschlechtseintrag entscheiden darf, soll es in Deutschland 2019 ein Geschlechtsidentitätsberatungsgesetz geben. Das darf nicht sein!


 3. Juni 2019

Sehr geehrte Menschen im Bundesjustizministerium,

als Input zu ihrem Gespräch mit Betroffenenorganisationen am Dienstag, den 4. Juni 2019 in Berlin möchten Sie nochmals daran erinnern, was wir seit dem ersten UN-Bericht zu CEDAW (Internationales Frauenrechtsabkommen) in Bezug auf das Personenstandsrecht fordern:
  • Jeder Mensch braucht das Recht seinen Geschlechtseintrag ändern/korrigieren lassen zu können. Diese Möglichkeit der Änderung der Geschlechtseinträge, muss allen Menschen offen stehen.
  • Die Änderung der Geschlechtseinträge ist aus unserer Sicht nur dann menschenrechtskonform, wenn vorab KEINE geschlechtlichen (oder diagnostischen) Vorsortierungen vorgenommen werden.
  • Jede vorherige geschlechtliche Kategorisierung, beispielsweise als "Mann, der sich als Frau fühlt", "Frau, die ein Mann sein will", "Intergeschlechtlicher Mensch", "Transgeschlechtlicher Mensch" etc. - sei es durch Diagnosen oder durch andere Machtmittel - würde die Idee, Menschen das Recht zu geben, sich zu ihrem Geschlecht zu äussern, ad absurdum führen (Bereits in den Recommendations zu unserem ersten Menschenrechtsbericht bei CEDAW 2009 haben die Vereinten Nationen dazu aufgerufen, dieses Paradoxon zu beenden).
  • Die Verknüpfung von Medizin und Recht muss beendet werden. Ein Gesetz, welches die geschlechtliche Anerkennung von Menschen gewährleisten soll, darf NICHT mit medizinischer Behandlung (einer "Gender Dysphorie", "Gender Inkongruenz", aber auch einer "Trans*beratung" oder einer "Trans*Gesundheitsbehandlung" u.ä.) vermischt werden.
  • Auch Kinder sind Menschen und sind in Punkt 1-4 als "jeder Mensch" mitgemeint.
  • Die Änderungen der Geschlechtseinträge haben kostengünstig und zeitnah zu erfolgen. Sie dürfen im Vergleich zu anderen Bürgeranliegen nicht überteuert oder absichtlich verzögert werden.
  • Wir gehen davon aus, dass Menschen ihr Geschlecht besser kennen, als alle Aussenstehenden (auch besser als Ärzte, Psychologen, etc.). Alle Gesetze, Regelungen und Verordnungen sind an diese Tatsache anzupassen.

Teilen Sie uns doch bitte mit, was das Ergebnis des Gesprächs im Bundesjustizministerium ist, sobald dazu ein Protokoll vorliegt.

Herzlichen Dank und mit freundlichen Grüssen,


Quelltext: https://rp-online.de/politik/deutschland/transsexuellengesetz-reform-tsg-keine-einigung-verbaende-kritisieren-fremdbestimmung_aid-39121361?utm_source=facebook&utm_medium=referral&utm_campaign=share&fbclid=IwAR0qeeAkQsFaDDPZrhuRicNmF1WJ9H8UWxebpTJ9CfhaBfWcNzulsy31sDw


https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/queerspiegel/neues-transsexuellengesetz-das-geschlecht-bleibt-fremdbestimmt/24335498.html?fbclid=IwAR0xHT4gXZXWZMNB6iRYrg8CwvRorC3YBQfMLspUZNARmynz7M9yY9G44Rk

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