Freitag, 16. August 2019

Transsexualität/Transidentität: Was ist weiblich, was männlich? Transsexuality / Transidentism: What is female, what is male? Transexualidad / Transidentismo: Qué es femenino, qué es masculino?

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Geschrieben und Bearbeitet von Nikita Noemi Rothenbächer 2019

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Transsexualität/Transidentität: Was ist weiblich, was männlich?

Sowohl der Krankheitsstatus als auch der Wunsch nach Geschlechtsumwandlung, eines der Hauptsymptome der Transsexualität, werden heute immer stärker hinterfragt.

Vom biologischen Geschlecht her ein Mann oder eine Frau sein und sich auch so fühlen – das ist für rund 2 000 bis 6 000 Menschen in Deutschland keine Selbstverständlichkeit. Denn diese Menschen haben das sichere und durch nichts zu beirrende Gefühl, im „falschen Körper gefangen“ zu sein. Dieses Gefühl ist oft schon in der Kindheit und im Jugendalter vorhanden und veranlasst die Betroffenen, sich geschlechtsuntypisch zu verhalten: Jungen ziehen Mädchenkleider an, schminken sich und wirken weich und weiblich. Mädchen tragen Kurzhaarschnitte und gebärden sich männlicher als so mancher Junge. Kindern lässt man solches Verhalten meist noch durchgehen, doch spätestens mit der Pubertät und mit der Ausprägung der sekundären Geschlechtsmerkmale fangen die Probleme an. 

Sehr hoher Leidensdruck
Die Betroffenen fühlen sich immer unwohler in ihrem Körper und können seine Veränderungen nicht akzeptieren. Bei dem Versuch, sich entsprechend ihres „gefühlten“ Geschlechts zu kleiden und zu geben, stoßen sie jedoch auf gesellschaftliche Grenzen, wobei Männer noch stärker betroffen sind als Frauen. Während heutzutage nämlich kaum Anstoß daran genommen wird, wenn Vertreterinnen des weiblichen Geschlechts sich durchsetzungsfähig-maskulin geben und Hosen statt Röcke tragen, wird es allgemein nicht akzeptiert, wenn Männer sich schminken und feminin kleiden. Ob Mann oder Frau – der Leidensdruck ist für viele „Transsexuelle“ beziehungsweise „transidente“ Menschen immens hoch.

Wenn Transsexuelle sich in früheren Zeiten hilfesuchend an Ärzte oder Psychiater wandten, erwartete sie eine Tortur: Das erklärte Ziel jeder Behandlung bestand darin, das „Krankhafte, das nicht sein darf“ auszutreiben und ins „Normale“ umzukehren. Dabei wurden mitunter brachiale Methoden angewandt, wie beispielsweise Gehirnoperationen, Elektroschocks und Kastrationen. Im Gegensatz dazu sind die Behandlungsmöglichkeiten heute diffiziler und vielfältiger. Sie reichen von Hormontherapien bis hin zur operativen Umbildung der Geschlechtsorgane. Den Status des Gestörten und Pathologischen hat die Transsexualität jedoch nach wie vor inne. In den „Standards der Behandlung und Begutachtung von Transsexuellen“, die drei Fachgesellschaften verabschiedet haben, wird „Transsexualität“ immer noch als eine Geschlechtsidentitätsstörung, also als eine Krankheit definiert, die mit dem Wunsch einhergeht, durch hormonelle und chirurgische Maßnahmen so weit als möglich die körperliche Erscheinungsform des Identitätsgeschlechts anzunehmen (vgl. auch ICD-10: F64.0 „Störungen der Geschlechtsidentität“ sowie DSM-IV „Sexuelle und Geschlechtsidentitätsstörungen“). Bis in die 80er-Jahre hinein hatte die Diagnose „Transsexualität“ zudem fast immer eine andere Diagnose – vor allem die Borderline-Persönlichkeitsstörung – nach sich gezogen.

Sowohl der Krankheitsstatus als auch der Wunsch nach Geschlechts-umwandlung als eines der Hauptsymptome der Transsexualität werden heute von Experten immer stärker hinterfragt. So hat beispielsweise Prof. Dr. Rauchfleisch, Klinischer Psychologe und Psychotherapeut an der Universität Basel, bei seiner Arbeit mit Transsexuellen die Erfahrung gesammelt, dass es unter transsexuellen Menschen sowohl psychisch völlig unauffällige als auch psychisch erkrankte gibt – wie in der Normalbevölkerung auch. Nach Rauchfleischs Beobachtungen besteht zwischen Transsexualität und psychischer Gesundheit beziehungsweise Krankheit keine kausale Beziehung. „Wir können Transsexualismus nicht als eine Störung der Geschlechtsidentität betrachten, sondern müssen ihn als Normvariante ansehen, die in sich, wie alle sexuellen Orientierungen, das ganze Spektrum von psychischer Gesundheit bis Krankheit enthält“, so Rauchfleisch. Darüber hinaus belegen verschiedene Studien, dass längst nicht alle Transsexuellen eine chirurgische Angleichung an das Gegengeschlecht suchen, sondern lediglich zwischen 43 und 50 Prozent. Tatsächlich besteht hinsichtlich der Entscheidung, ob sie eine Angleichung an das Gegengeschlecht anstreben, ob sie sich in einem Zwischenbereich dauerhaft einrichten oder ob sie den Wunsch nach Angleichung dauerhaft aufgeben, eine große Bandbreite. Selbst der Begriff „Transsexualität“ scheint nach heutigem Erkenntnisstand nicht mehr zutreffend. Denn bei diesem Phänomen stehen weniger die Sexualität und ihre Ausrichtung als vielmehr die Identität, das Selbstbild im Mittelpunkt. Daher wird heute zum Teil der Begriff „Transidentität“ verwendet. 

Oberbegriff „Transgender“ 
Manchmal wird auch der Begriff „Transgender“ benutzt. Dabei handelt es sich jedoch eher um einen Oberbegriff für alle diejenigen Menschen, die sich mit dem ihnen biologisch und/oder sozial zugewiesenen Geschlecht falsch oder unzureichend beschrieben fühlen. Dazu zählen neben den Transsexuellen auch Transvestiten, Cross-Dresser (Menschen, die die Kleidung des anderen Geschlechts zumindest zeitweise tragen), bewusst androgyne Menschen, Drag Kings (Frauen, die in der Männerrolle auftreten) und Drag Queens (Männer, die in der Frauenrolle auftreten).

Als psychodynamische Ursache für Transsexualität wurde der (oft unbewusste, aber teilweise direkt ausagierte) Wunsch der Eltern vermutet, ein Kind des anderen Geschlechts zu haben. Darüber hinaus wurde das Fehlen oder die stark negative Besetzung des gleichgeschlechtlichen Elternteils verdächtigt. Das Kind werde so zur Identifikation mit dem gegengeschlechtlichen Elternteil ge- drängt. Von somatischer Seite sind als Ursachen des Transsexualismus postuliert worden: eine hormonelle Beeinflussung des Fötus mit gegengeschlechtlichen Hormonen in der intrauterinen Entwicklung, eine Störung in nicht genauer identifizierbaren Arealen des Gehirns oder ein Zellmembranglykoprotein. Diese und andere Hypothesen konnten bis heute noch nicht schlüssig belegt werden, sodass die Ursachen des Transsexualismus mehr denn je im Dunkeln liegen.

Vorgehen bei angestrebter Geschlechtsumwandlung
Transsexuelle, die eine Geschlechts-umwandlung anstreben, müssen fünf Stufen durchlaufen:

- Diagnostik: Sie richtet sich auf die psychische Situation der transidenten Person. Es wird geprüft, ob die Diagnose „Transsexualität“ zu stellen ist oder ob Kontraindikationen vorliegen. Ferner gilt es zu beobachten, wie konstant das Bedürfnis nach dem Leben in der anderen Geschlechtsrolle ist, ob die Person ein anderes Therapieziel definiert hat, welche Veränderungen der Rollenwechsel mit sich bringen wird und welche Probleme eventuell daraus resultieren können. Neben der psychologisch-psychiatrischen Abklärung werden auch endokrinologische, internistische und gegebenenfalls somatische Untersuchungen durchgeführt, um zu prüfen, ob Risiken oder Kontraindikationen im Hinblick auf spätere hormonelle und chirurgische Maßnahmen bestehen.
- Alltagstest: Der Transidente soll bereits vor den hormonellen und chirurgischen Interventionen ein bis zwei Jahre lang täglich 24 Stunden in der angestrebten Geschlechtsrolle leben und auf diese Weise prüfen, ob und wie ihm der Wechsel der Geschlechtsrolle möglich ist. Gleichzeitig testet er auch, inwieweit seine Umgebung in der Lage ist, einen Rollenwechsel mit zu vollziehen und zu akzeptieren.
- Hormonbehandlung: Der Transidente wird nun mit gegengeschlechtlichen Hormonen behandelt, um somatische Veränderungen zu erzielen.
- Chirurgische Maßnahme: Sie erfolgt, wenn die transidente Person mit der hormonellen Medikation zurechtkommt, da sie nach der Operation lebenslang auf die Hormonapplikation angewiesen sein wird. Die chirurgische Angleichung an das Gegengeschlecht ist ein komplizierter, aufwendiger Eingriff, der Risiken birgt und Grenzen unterliegt.
- Nachbetreuung: Zu dieser Phase gehört eine körperliche Nachbetreuung. Auch eine psychotherapeutische Nachbetreuung hat sich als sinnvoll erwiesen. 

Vor den Behandlungen müssen sich transidente Menschen einer mindestens einjährigen, vorbereitenden Psychotherapie unterziehen. In der Regel wird die Psychotherapie von den Betroffenen nicht als „aufgezwungen“, sondern als sinnvoll erlebt. Die Psychotherapie verfolgt das Ziel, die Selbstreflexion der Transidenten zu stärken und ihnen Unterstützung auf ihrem Weg in die neue Rolle zu bieten. Es wird jedoch nicht angestrebt, der betreffenden Person ihre Überzeugungen auszureden. Zu den Fragen und Problemen, die es aufzuarbeiten und zu begleiten gilt, zählen beispielsweise die Situation im Beziehungs- und Berufsbereich, der Coming-out-Prozess, der Umgang mit Diskriminierung, Belästigungen und Beschimpfungen sowie die Klärung familiärer Beziehungen. Hierunter fallen Fragen nach der Fortführung der bestehenden Partnerschaft, nach der Aufklärung der Kinder oder nach der Entlastung der Eltern Transsexueller, die die Schuld für die Transsexualität ihres Kindes oft bei sich suchen. Darüber hinaus sollte in der begleitenden Psychotherapie die Auseinandersetzung mit der neuen Rolle und mit den Zukunftserwartungen thematisiert werden. Eine Frage, die sich im Therapieprozess immer wieder stellt, ist zum Beispiel: Was ist eigentlich weiblich, was männlich? Hier gilt es, kulturelle, soziale und biologische Geschlechtsmerkmale zu diskutieren und zu hinterfragen. Ein Problem, das in diesem Zusammenhang ebenfalls erörtert werden muss, sind mögliche Enttäuschungen darüber, dass nach der Operation das biologische Geschlecht immer noch „durchscheint“. Vor allem Männer sind nach der Geschlechtsumwandlung gelegentlich noch als solche zu erkennen. Hier sollte die Selbstakzeptanz gestärkt und das Streben nach einem möglichst perfekten „passing“ relativiert werden.

Aus dem Zeitpunkt der Manifestation ergeben sich unterschiedliche Schwerpunkte der begleitenden Psychotherapie. Bei einer frühen Manifestation der Transsexualität sind vor allem die Unterstützung und Klärung in der Auseinandersetzung mit der Familie und im beruflichen Bereich vordringlich. Bei einem späten Beginn steht hingegen die Hilfe bei der Lösung innerseelischer Konflikte, bei der Akzeptanz der Transsexualität und beim Aufbau eines sozialen Netzwerks im Vordergrund. 

Positiveres Selbstverständnis und Solidarität
Transidente Menschen haben oft viele Schwierigkeiten in ihrem Leben zu meistern. Sie erleben Diskriminierung, Gewalt und Ausgrenzung, werden missverstanden und stehen immer im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Mit diesen Problemen werden sie jedoch im Vergleich zu früher nicht mehr allein gelassen. Viele Transsexuelle besitzen heute ein positiveres Selbstverständnis und zeigen offen ihre Solidarität. Diese findet unter anderem Ausdruck in der Gründung von Vereinigungen, Selbsthilfe- und Emanzipationsgruppen, die Informationen liefern, Erfahrungsaustausch und Begegnungsmöglichkeiten eröffnen und Beratung anbieten. Sie tragen außerdem dazu bei, einen positiven, stabilisierenden Einfluss auf die Identitätsbildung auszuüben. Darüber hinaus bringen Transsexuelle eigene Zeitschriften heraus, betreiben Internetforen und halten Tagungen ab. Auch die soziale, psychosoziale und rechtliche Situation Transsexueller hat sich verändert. Transsexuelle sind heute in der Öffentlichkeit als Gruppe und vom Staat als solche anerkannt. Ihnen steht zudem eine Vielzahl an Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung, die sie in inländischen, angesehenen Kliniken durchführen lassen können. Nicht zuletzt erleben transidente Menschen durchaus auch positive Reaktionen: Sie werden als exotisch und aufregend erlebt, es kann eine echte Akzeptanz ihrer Identität und Lebensform bestehen, oder sie werden als konstruktive Herausforderung empfunden. Letzteres kann dazu beitragen, traditionelle Geschlechterrollen zu hinterfragen, sich „abweichenden“ Lebensformen gegenüber öffnen zu können und den eigenen Horizont zu erweitern.

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