Für Transgender-Frauen (TGF), deren Geschlechtsidentität nicht mit ihrem männlichen Geburtsgeschlecht übereinstimmt, gibt es zu Risikofaktoren, Screening, Diagnose und Management des Prostatakarzinoms (PCA) keine evidenzbasierten Empfehlungen. In einer Studie wurde nun ausgewertet, was bislang bekannt ist [BJU Int. 2021; https://doi.org/gk5wb7].
Kohortenstudien haben gezeigt, dass die Inzidenz von PCA bei TGF niedriger ist als bei Cis-Männern. Die niedrigere Erkrankungsrate hängt offenbar auch davon ab, ob die TGF unter geschlechtsangleichender Hormontherapie stehen respektive eine entsprechende Operation haben vornehmen lassen: Sofern dies nicht der Fall ist, unterscheidet sich das PCA-Risiko nicht von jenem der Cis-Männer. Wird auf eine Androgendeprivation zurückgegriffen, um eine stärkere Feminisierung zu erreichen, liegt das Risiko niedriger. Nach Gonadektomie wird die antiandrogene Therapie abgesetzt. TGF sollten deshalb zunächst darauf aufmerksam gemacht werden, dass sie eine Prostata besitzen und deshalb Gefahr laufen, an benignen Veränderungen des Organs und auch an PCA zu erkranken, betonen die Studienautorinnen und -autoren.
Im Zuge geschlechtsangleichender Hormontherapie wird es schwieriger, PSA-Werte zu interpretieren. Die Möglichkeit einer Selbstmedikation ist in Betracht zu ziehen. Zu erwarten ist, dass der hypoandrogene Status den PSA-Spiegel fallen lässt, daher ist in der Diagnostik Vorsicht geboten. Nach geschlechtsangleichender Operation wiederum kann es erschwert sein, die Prostata zu tasten. Die vaginale Palpation gelang in einer Studie nur bei 48 % von 320 TGF. Transvaginaler Ultraschall erbrachte bessere Resultate, in 94 % der Fälle gelang es, die Prostata zu visualisieren - wichtig vor allem, falls eine Biopsie nötig werden sollte. Transperinealer Ultraschall ist eine Alternative, die Möglichkeit der transperinealen Biopsie kann aber durch die im Zuge der Vaginalplastik zur Anlage einer Neovagina sich ergebenden anatomischen Verformungen beeinträchtigt sein.
Die Autorinnen und Autoren der Studie schlagen bei PCA-Verdacht bei TGF vor, zunächst den PSA-Wert zu bestimmen. Bei Werten unter 1 ng/dl sollte leitliniengerecht weiterverfahren werden. Liegt der Wert darüber, sollte die TGF einer multiparametrischen Magnetresonanztomografie unterzogen werden. Bei einem PI-RADS-Score < 3 ist ein PCA unwahrscheinlich, bei PI-RADS ≥ 3 ist eine Biopsie angezeigt. Vorschläge zur Therapie sollten berücksichtigen, ob ein geschlechtsangleichender Eingriff stattgefunden hat oder nicht. Für TGF ohne angleichende Operation sind zunächst einmal die gleichen Optionen verfügbar wie für Cis-Patienten. Dabei ist aber zu bedenken, welche Folgen das jeweilige Vorgehen für künftige angleichende Eingriffe nach sich ziehen würde.
USA: 2022 auf dem Weg
zum politisch LGBTI+
feindlichsten Jahr zu werden
Schon das letzte Jahr war auf traurige Weise beachtlich: Nicht weniger als 26 Gesetze wurden in den einzelnen US-Bundesstaaten eingeführt, welche sich direkt gegen die Rechte queerer Menschen richteten. Obwohl die Regierung Biden versucht hat auf nationaler Ebene gegenzusteuern, so waren es die Republikaner in den Bundesstaaten, welche mit immer neuen Gesetzesentwürfen Stimmung gegen marginalisierte Gruppen gemacht und einen wahren Kulturkampf heraufbeschworen haben.
Dieses Jahr könnte es diesbezüglich sogar noch düsterer werden. Durch die im November anstehenden Midterm-Wahlen haben viele christlich-konservative Republikaner Anti-LGBTI+ Themen besetzt um mit ihrer feindlichen Haltung gegenüber queeren Menschen ihrer Wählerbasis an die Urne zu locken. Dabei reichen die Vorstösse vom Verbot von Büchern mit LGBTI+ Thematik in den Schulbibliotheken über das Verbot von geschlechtsangleichenden Behandlungen für trans und nicht-binäre Jugendliche bis hin zum Don‘t Say Gay-Entwurf in Florida.
Grenzen scheint es dabei kaum welche zu geben, und so hat beispielsweise der Gouverneur von Texas, Greg Abbott, gar eine Verordnung erlassen, mit welcher gegen jene Eltern eine Untersuchung wegen Kindsmissbrauch eingeleitet wird, welche ihren trans Kindern eine medizinische, geschlechtsangleichende Behandlung, etwa mit Pupertätsblockern oder Hormonen ermöglichen. Aktuell haben sich allerdings die Gerichte mit der Rechtmässigkeit dieser Verordnung zu befassen.
Schon jetzt liegen 2022 bereits mindestens 160 Gesetzesentwürfe in den Bundesstaaten zur Debatte bereit, welche sich explizit gegen die Rechte von queeren Menschen richten. Mehr als die Hälfte davon hat es dabei direkt auf die Rechte der gefährdesten Gruppe, der trans Jugendlichen, abgesehen.
Ein Lichtblick sind derzeit einige Gouverneure, welche sich gegen ihre Partei stellen und die geplanten Gesetze mit ihrem Veto blockieren. So etwa der republikanische Gouverneur Spencer Cox aus dem US-Bundesstaat Utah: Er hat angekündigt, dass er ein Gesetz, welches trans Menschen aus den Sportsteams, welche ihrem Geschlecht entsprechen, verbannen soll, mit seinem Veto belegen und nicht unterzeichnen werde.
Auch der Druck aus der Wirtschaft gegenüber solchen Gesetzen scheint zuzunehmen: Über 150 Firmen und Konzerne von Apple bis Google, Meta und Amazon, stellen sich bereits öffentlich auf die Seite der LGBTI+ Community und verurteilen die geplanten Gesetze der Republikaner. Sie haben dazu eine gemeinsame Erklärung unterzeichnet und machen deutlich, wie sich auch ihr wirtschaftliches Umfeld mit solchen Gesetzen verschlechtert.
Wie die Prognosen für die Zukunft sein werden, ist schwierig vorherzusagen. Sollte Donald Trump 2024 tatsächlich wieder kandidieren, dürfte die Spaltung bei den Republikanern weitergehen und damit auch das Umwerben der zwar nicht allzu grossen, dafür umso lauteren und mächtigeren Wählergruppe der Christlich-Konservativen und der Evangelikalen. Dies würde wohl dann auch kein Ende für die immer krasseren und einschneidenderen Anti-LGBTI+ Gesetze bedeuten, mit welchen sich die Republikaner derzeit in den einzelnen Bundesstaaten zu überbieten versuchen.
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