Montag, 27. März 2023

Ein schwarzes Jahr für die LGBTI-Community in Honduras


Ein schwarzes Jahr für die LGBTI-Community in Honduras


Tegucigalpa. Die honduranische LGBTI-Community beklagt 46 gewaltsame Todesfälle im Jahr 2022. Die Statistiken der Nichtregierungsorganisation Cattrachas verzeichnen 43, das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte sprach im November 2022 von 41 getöteten Lesben, Schwulen und Transgender. Zudem wurden zwei Fälle von gewaltsamem Verschwindenlassen bekannt.

Die Zahlen gehören zu den höchsten seit dem Staatsstreich von 2009. Die Hoffnungen der Community auf einen Wandel unter der neuen, progressiven Präsidentin Xiomara Castro haben sich bisher nicht erfüllt.

Am 5. Januar kam die trans Frau Brigith Rodriguez in Choluteca gewaltsam zu Tode. Donny Reyes, langjähriges Führungsmitglied der Asociación LGTB Arcoíris de Honduras, betonte gegenüber amerika21, dass einerseits die alten, mit dem organisierten Verbrechen verflochtenen Strukturen weiterhin in allen staatlichen Instanzen präsent und mächtig seien und jeglichen Fortschritt blockierten. Andererseits gebe es auch in der Regierung selbst Mitglieder des Opus Dei und dort, wie auch im Kongress, zahlreiche Konservative, die sich einer Durchsetzung der Rechte von Frauen, Lesben, Schwulen und Transgender konsequent entgegenstellen. Ein politischer Wille für Veränderungen sei nicht erkennbar. "Das versetzt uns in die Situation, die wir nun erleben: Sehr viel Gewalt, Diskriminierung, immer mehr Angriffe. Und die Straflosigkeit für Hassverbrechen nimmt wieder zu", so Reyes. Diese betrug in den letzten Jahren über 90 Prozent, in den meisten Fällen wird nicht einmal ermittelt.

Der Ausnahmezustand, der Ende November zunächst in 192 als "besonders gefährlich" eingestuften Vierteln der Hauptstadt Tegucigalpa, ihrer Nachbarstadt Comayagüela und der Industriemetropole San Pedro verhängt wurde, verschärft die Situation zusätzlich. Dieser führe zu noch mehr Stigmatisierung der ohnehin verletzbarsten Personengruppen und erhöhe die Risiken für sie, berichten Mitglieder von Asociación Arcoíris de Honduras. Das gelte besonders für Sex-Arbeiter:innen und Personen, die als divers wahrgenommen werden.

LGBT-Organisationen berichten von willkürlichen Festnahmen auch außerhalb der Zonen, in denen der Ausnahmezustand gilt, sowie von unmenschlicher und grausamer Behandlung durch militärische Sondereinsatzkommandos und im Polizeigewahrsam. Auch die Zahl der in Männergefängnissen inhaftierten trans Frauen soll sich sprunghaft erhöht haben. Landesweite Zahlen liegen nicht vor. Allein im Männergefängnis des Hauptstadtdistriktes sitzen laut Asociación Arcoíris inzwischen aktuell bis zu 40 trans Frauen ein. Sie werden wie bisher dem berüchtigten Trakt für psychisch Kranke "La Isla" zugewiesen.

Der honduranische Staat ist aufgrund des Urteils des Interamerikanischen Gerichtshofs für Menschenrechte (IACHR) im Fall der honduranischen trans Frau Vicky Hernández vom März 2021 verpflichtet, die Genderidentität von trans Personen anzuerkennen und entsprechende Maßnahmen einzuleiten.

Präsidentin Castro hatte im Mai 2022 von Staats wegen um Verzeihung für die über 400 Tötungsdelikte an Mitgliedern der LGBT-Community seit 2009 gebeten und Verbesserungen versprochen. Die Anerkennung der Identität von trans Personen ist zudem Teil ihres Regierungsprogramms. Entsprechende Gesetzgebungsprozesse und Verordnungen kamen 2022 jedoch nicht voran. Ein Entwurf der Community für ein Transgender-Gesetz wurde nicht diskutiert, die für September 2022 angekündigte Möglichkeit der Änderung von Namen und Geschlechtseintrag bei dem Meldeämtern nicht umgesetzt.

Mitte Dezember demonstrierten trans Gruppen aus allen Teilen des Landes vor dem Präsidialamt. Ihre Kundgebung fand keinerlei Echo, ein Kommuniqué, das sie überreichen wollten, wurde nicht angenommen. Sie fordern, dass neben der Namensänderung auch weitere Verpflichtungen des Staates aus dem Urteil des IACHR umgesetzt werden, so etwa ein Stipendienprogramm für trans Personen und garantierte Plätze in Berufsbildungsmaßnahmen.

 Weitere Forderungen sind die Inklusion der zahlreichen von extremer Armut betroffenen trans Frauen in das von der neuen Regierung angestoßenen Sozial- und Wohnungsprogramm, Aufnahme in die Sozialversicherung und eine breite öffentliche Sensibilisierungskampagne für LGBT-Belange.

2022 wurde ein kurzer Spot in einem staatlichen Radioprogramm sofort wieder abgesetzt. Der zuständige Mitarbeiter wurde entlassen. Pressemeldungen zufolge versprach der Berater und Ehemann der Präsidentin, Manuel Zelaya, so ein Spot werde "nie wieder vorkommen".

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