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Überarbeitet von Nikita Noemi Rothenbächer 2012
Neues Geschlecht, neuer Job
Monika Strub wurde biologisch als Mann geboren. Mit ihrer
Geschlechtsanpassung wechselte sie auch ihren Beruf. Doch als Frau suchte sie
lange nach einer neuen Arbeit.
Ein bisschen Horst steckt in Monika Strub immer noch. Das
merkt man schnell, wenn man sich mit der 36-Jährigen unterhält. Dann erzählt
die junge Frau aus dem Badischen mit tiefer Stimme und aus freien
Stücken, warum sie es seit Jahren so schwer hat im Berufsleben: weil sie heute ein anderes Geschlecht hat. Monika Strub wurde als Mann geboren.
Stücken, warum sie es seit Jahren so schwer hat im Berufsleben: weil sie heute ein anderes Geschlecht hat. Monika Strub wurde als Mann geboren.
Äußerlich ist
ihr das nicht mehr anzusehen. Strub hat verschiedene Eingriffe einer
Geschlechtsangleichung hinter sich. Nur ihre tiefe Stimme klingt noch männlich.
Sie hat sich die Stimmbänder bislang nicht operieren lassen. "Ich dachte,
ich versuche es erst einmal mit Singen zu Hause", sagt sie. Eine höhere
Stimmlage lasse sich nämlich auch erlernen, aber das dauere seine Zeit.
Trotzdem hat Strub es schwer, einen Job zu finden. Zuletzt
war sie in einem Vorstellungsgespräch bei einer Zeitarbeitsfirma gescheitert.
"Glauben Sie nicht, dass es Probleme gibt?", hatte der Arbeitgeber
sie gefragt. Es war nicht die fachliche Qualifikation, an der er zweifelte.
Monika Strub glaubt, sie habe den Job nicht bekommen, weil ihr Gegenüber kein
Verständnis für ihre geschlechtliche Identität hatte. "Viele Arbeitgeber
sind damit überfordert", sagt sie.
Transgeschlechtliche Menschen werden in Deutschland sehr häufig
diskriminiert, insbesondere im Berufsleben. Das stellt auch eine Studie im Auftrag der Antidiskriminierungsstelle (ADS) des
Bundes fest.
Wer
nicht in seinem biologischen Geschlecht leben möchte oder ohne eindeutiges
biologisches Geschlecht geboren wurde, hat es schwer.
So vielfältig
wie die geschlechtliche Identität, so vielfältig sind auch die Begriffe. Um die
Vielfältigkeit widerzuspiegeln, spricht die ADS-Studie von Trans*Personen.
Sie teilen das Schicksal anderer gesellschaftlicher
Minderheiten – mit einem großen Unterschied: Schwule und Lesben etwa haben
durch jahrelange Aufklärungsarbeit ein hohes Maß an Akzeptanz erreicht.
In
manchen Branchen können sie mittlerweile sogar Karriere machen und angesehene
Politiker werden oder Fernsehmoderatorin zur Primetime. Transen, wie es oft
falsch und abfällig über transgeschlechtliche Menschen heißt, erwarten die
Leute allenfalls beim Christopher Street Day oder in freizügigen Berliner
Techno-Clubs – aber nicht nebenan im Büro.
"Die Aufklärung über
Trans-Menschen in der Gesellschaft hinkt völlig hinterher", sagt Jannik
Franzen.
Franzen hat mit seinem Forscherkollege Arn Sauer die Studie
im Auftrag der Antidiskriminierungsstelle des Bundes erstellt.
Sie stützt sich
auf Daten aus diversen internationalen Untersuchungen: Danach sind bis zu 54
Prozent der Trans-Personen arbeitslos. Und wer einen Job hat, kommt über ein
prekäres Beschäftigungsverhältnis meist nicht hinaus. Viele Trans-Menschen sind
für ihre Tätigkeit überqualifiziert, Karriere machen die wenigsten. Stattdessen
gibt es große Berührungsängste seitens Vorgesetzter und Kollegen, Mobbing und
gar Gewalt sind keine Seltenheit. Der Fall des Microsoft-Managers Michael
Wallent, der nach einer Geschlechtsumwandlung zur weiblichen Megan Wallent den Top-Posten im Konzern noch festigte,
gehört zu den Ausnahmen.
Monika Strub begann 2007 mit ihrer Geschlechtsangleichung.
Damals machte sie eine Ausbildung zum Gesundheits- und Krankenpfleger. Als
Horst Strub hatte sie in der metallverarbeitenden Industrie gearbeitet.
"Ich habe mich dann aber neu orientiert, wollte etwas mit Menschen
machen", sagt die 36-Jährige. Doch die Suche nach Arbeit sei ein
"Spießrutenlauf" gewesen. Wegen ihrer Transidentität bekam sie auf
Bewerbungen Absagen, lange Zeit war Strub arbeitslos. Im Frühjahr versuchte sie
es sogar als Politikerin und bewarb sich für die Linken um ein Mandat im
baden-württembergischen Landtag. Die Partei blieb aber unter der
Fünf-Prozent-Hürde. "Ich habe mich dann zwischenzeitlich selbständig gemacht
und Brötchen ausgefahren", erzählt sie.
Aufklärungskampagnen und ein dickes Fell
Das noch relativ junge Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz
(AGG) von 2006 schreibt eigentlich vor, dass Menschen nicht wegen ihres
Geschlechts oder ihrer sexuellen Identität benachteiligt werden dürfen. Wer
sich medizinisch-operativ angleichen lässt, kann seine gelebte Identität dann
im Personenstandsregister festschreiben lassen. Viele Trans-Menschen aber
wollen oder können sich gar nicht einem der beiden Geschlechter zuordnen.
Im Beruf werden solche Identitätskompromisse schwierig: Dort
zwingen Arbeitgeber Trans-Menschen nicht selten, entweder als Frau oder als
Mann aufzutreten. Da kann schon die Frage, welche Toilette der
Trans-Mitarbeiter benutzt, zur Eskalation führen. Dabei sind für viele
Betroffene schon Formulierungen wie "früher ein Mann" oder
"heute eine Frau" eine Diskriminierung, da diese Formulierung ihre
neue Identität nicht respektiert. Es gibt eben nicht nur schwarz und weiß,
männlich oder weiblich. Doch in der Medizin werde eine Geschlechtsidentität,
die nicht dem bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht entspricht beziehungsweise
sich nicht als Frau oder Mann einordnen lässt, immer noch als "psychische
Störung" angesehen, kritisiert Studienautor Franzen.
Wie viele Trans-Menschen in Deutschland leben, ist schwer zu
sagen. Laut der erwähnten Studie gehen Schätzungen von 7.000 bis 100.000 Personen
aus. Es könnte jedoch sein, dass die Zahl viel höher liegt.
Denn unklar sind
die Abgrenzungen zwischen Menschen, die ohne eindeutiges Geschlecht geboren
wurden, Menschen, die sich im falschen Geschlecht fühlen und Menschen, die sich
in ihrem biologischen Geschlecht zwar generell wohl fühlen, aber dennoch hin
und wieder entlang von Geschlechtergrenzen wandeln.
Hinzu kommen Unterschiede
bei der sexuellen Orientierung. Schließlich ist nicht jede transgeschlechtliche
Person automatisch gleich lesbisch oder schwul. Auch muss jemand, der sein
Geschlecht ändert, nicht automatisch die sexuelle Orientierung ändern.
Microsoft-Managerin Megan Wallent beispielsweise ist nach wie vor glücklich mit
ihrer Ehefrau verheiratet.
Aufklärungsprogramme werden jedoch vor allem von queer
lebenden Menschen vorangetrieben.
So bietet der Verein TransInterQueer in Berlin-Kreuzberg
Workshops an, die Arbeitgeber für das Thema Trans-und Intersexualität
sensibilisieren sollen.
Einige Vertreter von Behörden, sozialen Einrichtungen
und Unternehmen waren schon da. Auch eine bundesweite Tagung beschäftigte sich
mit dem Berufsalltag transgeschlechtlicher Menschen.
Im Ergebnisprotokoll des
Workshops werden die Probleme aufgelistet: Falsche Anreden oder die Weigerung
von Vorgesetzten, das richtige Pronomen zu verwenden. Kein firmeninterner
Ansprechpartner für Fragen der Gleichstellung. Pathologisierung. Und
schließlich offenes Lästern und Mobbing.
"Man entwickelt mit der Zeit ein dickes Fell",
erzählt auch Monika Strub aus ihrem Alltag. Die Leute seien eben noch immer zu
"altmodisch", um so etwas wie Transsexualität zu verstehen. Um das zu
ändern, engagiert sich die 36-Jährige weiter außerparlamentarisch: auf
Infoständen ihrer Partei in der Fußgängerzone oder auf CSD-Paraden.
Und neulich
klappte es dann plötzlich auch mit einem Job. Seit kurzem
arbeitet Monika Strub in einem Altenpflegeheim in Freiburg im Breisgau – das Vorstellungsgespräch sei überraschend gut gelaufen, sagt sie. Der Arbeitgeber habe sich überhaupt nicht für ihre sexuelle Identität interessiert.
arbeitet Monika Strub in einem Altenpflegeheim in Freiburg im Breisgau – das Vorstellungsgespräch sei überraschend gut gelaufen, sagt sie. Der Arbeitgeber habe sich überhaupt nicht für ihre sexuelle Identität interessiert.
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