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Überarbeitet von Nikita Noemi Rothenbächer 2012
Transgender-Nachrichten
aus der Welt und von hier und da!
Geschlechtsumwandlung bei 16-Jährigem vorgenommen!
In Spanien ist die erste Geschlechtsumwandlung bei einem
Minderjährigen vorgenommen worden. Ein Sechzehnjähriger in Barcelona erhielt
dafür die nötige Zustimmung seiner Eltern, Ärzte und eines Richters. Ohne diese Erlaubnis gestattet das
Gesetz einen solchen Eingriff erst bei Volljährigkeit mit achtzehn Jahren. Der
Junge hatte sich schon seit zwei Jahren einer Hormonbehandlung mit begleitender
psychiatrischer Betreuung unterzogen. Die Operation wurde von den Eltern
bezahlt.
Der operierende Arzt sagte im Anschluss, sein Patient sei
nun „sehr glücklich“. Er fügte hinzu, dass wenn eine Sechzehnjährige nach dem
neuen spanischen Abtreibungsgesetz fortan ohne Zustimmung und Information ihrer
Eltern eine Schwangerschaft unterbrechen dürfe, man dann in diesem Alter nach
seiner Ansicht auch „reif genug“ für die Entscheidung über eine
Geschlechtsumwandlung sei.
Erstes Zwillingspaar
aus China will Geschlechtsumwandlung!
Erstmals in der Geschichte des Landes strebt ein
Zwillingspaar aus China einem Medienbericht zufolge gemeinsam eine
Geschlechtsumwandlung an. Die beiden 25 Jahre alten Frauen befänden sich in
einem Militärkrankenhaus in der östlichen Millionenmetropole Shanghai in
Behandlung, berichtete die staatliche chinesische Tageszeitung "Shanghai
Daily" am Mittwoch. Dort unterzogen sie sich demnach bereits ersten
Operationen.
Gericht erkennt
Geschlechtsumwandlung eines Familienvaters nicht an!
Ein Franzose, der trotz einer Geschlechtsumwandlung zur Frau
verheiratet bleiben will, muss auf dem Papier ein Mann bleiben.
Ein Franzose, der trotz einer Geschlechtsumwandlung zur Frau
verheiratet bleiben will, muss auf dem Papier ein Mann bleiben. Ein Gericht im
bretonischen Brest lehnte es am Donnerstag ab, die Geschlechtsumwandlung von
Wilfrid A. anzuerkennen, wie dessen Anwalt Emmanuel Ludot erläuterte. Grund
dafür sei der Wunsch des 41-Jährigen, der nach einer Hormonbehandlung und einer
Operation nun äußerlich eine Frau ist, weiterhin mit der Mutter seiner drei
Kinder verheiratet zu bleiben.
Transsexualität Wenn Eltern das Geschlecht wechseln!
Männer, die gerne Frauen wären - Frauen, die sich nichts
sehnlicher wünschen als einen Männerkörper. Transsexuelle, das sind Menschen,
die in einem Körper leben, den sie ablehnen. Derzeit sind in Deutschland etwa
6.000 Transsexuelle für eine körperliche Geschlechtsangleichung in
medizinischer Behandlung. Die
meisten Transsexuellen erkennen ihre Besonderheit schon im Kindesalter, doch
leben sie oft viele Jahre weiter im falschen Körper und versuchen ein
"normales" Familienleben zu führen. Nicht wenige bekommen Kinder,
fügen sich in eine Rolle, mit der sie überfordert sind. Doch was passiert mit
den Kindern, wenn sich Vater oder Mutter doch dazu entschließen, ihr Geschlecht
zu ändern? stern TV Reportage begleitet zwei Familien durch
ihren Alltag, bei denen Papa zu Mama wurde beziehungsweise die Mutter nun ein
Vater ist.
"Ich wollte schon immer Mutter sein"
Familie K. aus Gießen ist eine ungewöhnliche Familie. Die
54-jährige Ria und die 38-jährige Karin sind seit drei Jahren verheiratet.
Zusammen haben sie die dreijährige Janis. Ria ist transsexuell. Noch vor vier
Jahren war sie ein Mann. Sie ist Janis leiblicher Vater.
Nach der Geburt der gemeinsamen Tochter Janis war für Ria
klar, dass sie eine Frau werden wollte. "Ich wollte schon immer Mutter
sein." Seitdem hat Janis zwei Mamas. Für das Mädchen ist das ganz normal.
Während Karin als Biologin arbeitet, kümmert sich Ria um Haushalt und Kind.
In Gießen gilt die transsexuelle Ria als Exotin. Ihr größter
Wunsch ist es, als vollwertige Frau akzeptiert zu werden. Durch ein Hormongel
sind ihr mittlerweile Brüste gewachsen und durch Stimmübungen wird ihre Stimme
allmählich höher. Doch aus biologischer und rechtlicher Sicht ist Ria noch ein
Mann, und das will sie ändern
Zwischen Lebensfreude und Hänseleien
Lukas S. aus Marburg war bis vor vier Jahren Nadine. Der
32-jährige ist Vater der zehnjährigen Lisa. Er zieht sie alleine groß. Schon
als Kind fühlte Nadine, dass sie im falschen Körper geboren wurde. Gegen ihre
Gefühle ließ sich Nadine auf eine Beziehung mit einem Mann ein und bekam eine
Tochter.
Doch kurz nach der Geburt trennte sie sich von Lisas Vater.
Als Frau wurde sie immer unglücklicher. Sie vernachlässigte ihr Kind. Mit 28
Jahren entschloss sie sich, als Mann zu leben. Sie ließ sich die Brüste und die
Gebärmutter entfernen. Als Mann hat Lukas S. endlich seine Lebensfreude
wiedergefunden, und er ist wieder für seine Tochter da. Seit dem es ihrem Papa
besser geht, ist auch Lisa glücklicher. Doch in der Schule wird sie immer
wieder wegen ihres transsexuellen Vaters gehänselt.
Lukas S. wünscht sich eine ganz normale Familie. Dazu fehlt
ihm nur noch eine neue Lebenspartnerin. Doch Lukas hat Angst auf eine Frau
zuzugehen, weil er noch keinen Penis hat. Und er hat Angst vor der OP. Denn die
ist nicht ohne Risiken. Wird er sich für eine Operation entscheiden?
Transsexualität Ein
Mann nimmt Abschied!
James ist ein glücklich verheirateter Familienvater, als er
beschließt, eine Frau zu werden. Er beginnt vorsichtig, sein Aussehen zu
verändern - lässt sich die Haare wachsen, trägt durchsichtigen Nagellack. Dann
fliegt er zur Operation nach Bangkok. Der
Abschiedsbrief des Vaters hat vier Seiten. Ein Word-Dokument, schwarz auf weiß,
ohne Tippfehler, auf den 7. März 2005 datiert. So offiziell der Brief wirkt, so
persönlich ist er. So eindeutig die Botschaft ist, so schwer ist sie dem
Adressaten beizubringen.
Lieber Steve, ich habe Dir nie einen Brief geschrieben,
um das alles zu erklären. Ich bin mir bewusst, dass Du nie verstehen kannst,
was ich durchmache, außer, Du würdest in meine Lage geraten. Ich bete, dass das
niemals geschieht! Bitte glaub mir, dass es mir sehr leid tut.
Sein Vatersein will er nicht aufgeben
James war damals 45, er betrieb mit seiner Frau Linda einen
Computerladen, hatte neben dem 17 Jahre alten Steve noch eine 14 Jahre alte
Tochter und einen erwachsenen Adoptivsohn. Mit dem Brief hat James sich als
Mann verabschiedet, ohne sein Vatersein aufgeben zu wollen. Dreieinhalb Jahre
später ist aus James Jakkie geworden. Sie sitzt im Wartezimmer der MTF-Klinik
in Bangkok. Vor zwei Wochen hat sie sich einer operativen Geschlechtsumwandlung
unterzogen, zweimal am Tag muss sie nun zur Nachbehandlung. Sie ist groß und
breit, blaue Augen, kräftiger Händedruck. Sie wirkt schüchtern, hat den Kopf
leicht nach vorne gebeugt, ihre langen braunen Haare fallen über die muskulösen
Schultern. Die Operation hat sechs Stunden gedauert, lächerlich wenig,
vergleicht man sie mit den fast 50 Jahren, die Jakkie darauf gewartet hat, die
längste Zeit unbewusst.
Jakkie trägt Lidschatten, an jeder Hand drei Ringe, lila
Fingernägel, eine Damenuhr, und erzählt von ihrem früheren Leben im falschen
Körper. In der Ecke hinter ihr steht eine Bronzefigur: eine schlanke Frau,
deren rechter Arm in eine Schwinge übergeht. Die Frau versucht abzuheben, aber
links hat sie nur einen Arm statt eines Flügels. Im Kindergarten wollte der kleine
James Schmuck tragen, erzählt Jakkie. „No, no, Jimmy“, hieß es dann. „Ich habe
in einem Drehbuch gelebt und meine Rolle ganz gut gespielt. Aber ich war eine
Fehlbesetzung.“ Sport, Biertrinken, Sex mit Mädchen: Auf alles, was die
Pubertät seine Mitschüler tun ließ, hatte er keine Lust. Wenn er es
ausprobierte, machte es ihm keinen Spaß. Für die wenigsten seiner
Schulkameraden war die Pubertät leicht. „Für mich war es die Hölle.“
„Ich bin Gender Dysphoric“
Jetzt zu den Fakten. Mein Zustand nennt sich „Gender
Dysphoria“ und beschreibt ein Unbehagen mit dem eigenen Geschlecht, unter dem
etwa einer von 12.000 Männern und eine von 37.000 Frauen in Nordamerika leiden.
Das sind die Zahlen der belegten Fälle, es wird vermutet, dass es tatsächlich
doppelt so viele sind. Der Zustand ist so etwas wie ein Geburtsfehler, und über
seine Ursache gibt es noch keine gesicherten Theorien. In derber Alltagssprache
wird die Störung Transsexualität genannt. Ich bin Gender Dysphoric (GD). Wegen
der perversen Bilder, die man damit verbindet, hasse ich das Wort
„transsexuell“. Ich sehe es ein wenig anders als die Medizinwelt. Ich fühle
mich, als sei ich als Frau geboren, mit einer verkorksten Anatomie.
Nach der Schule machte James eine Lehre als Mechaniker und
heiratete überstürzt eine Jugendliebe. Auf der Arbeit lernte er die Freundin
eines Kollegen kennen. Sie ließ ihn ihr Auto reparieren, er verliebte sich in
sie. Linda war drei Jahre älter als er. Sein „unmännliches, sensibles Gemüt“,
wie es Jakkie nennt, machte ihr nichts aus, im Gegenteil. Sie hatte schon
mehrere gescheiterte Beziehungen hinter sich, aus einer hatte sie einen kleinen
Sohn. Vier Monate nach seiner Scheidung, 1985, heirateten die beiden, bekamen
erst einen Jungen, Steve, dann ein Mädchen, Jessica, und führten eine
harmonische Ehe. Der Sex aber blieb leidenschaftslos. Irgendwann, nach ein paar
Jahren, gaben sie ihn einfach auf.
Fetischist? Transvestit? Homosexueller?
Wenn im Dorf gefeiert wurde, feierten Männer und Frauen
getrennt. James begriff diese Feste als anstrengendes Beweisen von
Männlichkeit. Dieses Gebaren war ihm schon als Jugendlicher ein Graus.
Rockmusik oder Autos waren die einzigen Themen, bei denen er mitreden wollte.
Nur in der Garage fühlte er sich so wohl wie zu Hause bei den Kindern oder im Computerladen.
Linda und er verbrachten fast jeden Tag, fast jede Nacht zusammen. Die ersten
Jahre arbeiteten sie gemeinsam von zu Hause aus, später im eigenen Laden. Er
kümmerte sich um die Technik, sie um die Buchhaltung. Mit Linda konnte er über
alles sprechen – nur nicht über seine Eigenart, die er selbst nicht einzuordnen
wusste. Fetischist? Transvestit? Homosexueller? An einem normalen Arbeitstag im
Januar 2000 saß James in seinem Geschäft und surfte im Internet. Er suchte nach
einer Software, die ein Kunde auf den Computer installiert haben wollte.
Ich stolperte über den Artikel einer Frau, Melanie
Phillips, einer Schriftstellerin, Filmproduzentin und Journalistin, die
beschrieb, wie sie als Junge aufwuchs und noch als Erwachsene ein Mann war. Es
hätte mein Leben sein können.
Eine gelbe Bluse mit großen Rosen
Durch die Fenster der Klinik sieht man die Autos und die
Tuk-Tuks durch die Pfützen fahren, aber hier drinnen ist alles ruhig und
sauber. In Bangkok herrschen 30 Grad. Jakkie trägt eine gelbe Bluse mit großen
Rosen darauf, eine kurze Hose und Ledersandalen. Sie hat oft von ihrem
„unehrlichen Leben“ erzählen müssen. Immer war es ein Lagebericht, nie, wie
jetzt, eine Rückschau. Jakkie zittert vor Aufregung. Ihre Stimme ist zu hell
für einen Mann, zu dunkel für eine Frau. Der plötzlichen Erleichterung,
„endlich die Antwort auf eine Frage zu bekommen, die ich nie zu stellen
vermochte“, folgte damals die Angst: „Was bedeutete das alles für uns?“ Einen
Monat nach seiner Entdeckung sprach er mit Linda. Sie war schockiert, fühlte
sich betrogen, wollte sich scheiden lassen. Ihrer beider größte Sorge waren die
Kinder. „Sie und ich waren Wracks“, sagt Jakkie. Aber Linda akzeptierte es
schließlich. Lieber wollte sie mit Jakkie leben, als ohne den Menschen, den sie
liebte.
Ich habe Mom viele meiner Gefühle geschildert: von der
Angst, alles zu verlieren, von der Scham, davon, dass ich anders war, dass
irgendetwas nicht passte. Im April 2003 machte ich einen großen Schritt, um
mein Problem zu lösen. Mit Ausnahme der Liebe und des Trosts deiner Mutter,
meines besten Freunds, gehe ich diesen Weg alleine. Vor etwa eineinhalb Jahren
habe ich eine hormonelle Therapie zur Geschlechtsumwandlung begonnen. Das
heißt, ich nehme rezeptpflichtige Medikamente, welche die männlichen Hormone
(Androgene) auf einen für Frauen normalen Wert reduzieren und welche die
weiblichen Hormone (Östrogene) in einen Bereich steigen lassen, der leicht über
dem weiblichen Normalwert liegt. Die veränderten Hormone werden mein Körperfett
umverteilen (meine „Kanten“ zu „Kurven“ machen), ich werde Brüste bekommen,
meine Haut wird weicher und so weiter. Ich werde auch meinen Namen ändern und
Jakkie Lynn heißen, Du kannst mich nennen, wie Du möchtest. („Dad“ ist meine
erste Wahl, weil ich das bin und immer sein werde.)
Gedemütigt, verleugnet, verstoßen
Linda sprach mit James’ Eltern. Er war als vier Jahre alter
Junge adoptiert worden und behütet in einer strenggläubigen
griechisch-orthodoxen Familie aufgewachsen. Wenn er als Frau glücklich werde,
solle er machen, was immer nötig sei, sagten sie. Wie viel Glück sie doch habe,
sagt Jakkie, verwischt die Tränen mit der Schminke und erzählt von den
Gesprächen mit ihren Mitpatienten, deren Familien sie demütigten, verleugneten
und verstießen.
Die drohende Einsamkeit war auch James’ größte Furcht. Doch
die Freunde blieben, bis auf einen, James’ Trauzeugen. „Das hier ist falsch“,
sagte er nur. In der Familie war Lindas Sohn, den James adoptiert hatte, der
Einzige, der sich distanzierte. Er sprach nicht mehr mit James, auch einen
Brief seines Vaters wollte er nicht lesen. „Er denkt, ich bin ein Psycho“, sagt
Jakkie. Weil sein Adoptivsohn eine gute Freundin namens Jamie hatte, wählte
James einen anderen neuen Namen. Er nannte sich Jakkie.
Sie will etwas Besonderes sein
Jakkie, nicht Jackie, etwas Besonderes sollte es sein.
Jakkie wohnt in New York. Nicht in der weltoffenen Metropole, sondern in einem
kleinen Dorf in Upstate New York. Der Ort hat etwa 1500 Einwohner, Jahr für
Jahr werden es weniger. Acht Kirchen stehen im Dorf. Einmal stürmte eine Frau
in den Laden und zitierte die Heilige Schrift. Was James mache, verstoße gegen
Gottes Wort, rief sie.
Wie Du weißt, begleiten mich viele Ängste auf diesem Weg,
etwa, dass wir unser Einkommen verlieren und dass ich meine Familie nicht mehr
versorgen könnte, weil die Kunden den Laden meiden könnten. Aber das Geschäft
läuft besser als je zuvor. Die Psychologin riet mir wegzuziehen, aber ich
weigere mich.
Im Kleid auf die Straße
Jakkie wollte nicht flüchten. Stattdessen begann sie
vorsichtig, ihr Aussehen zu verändern, ließ sich die Haare wachsen und trug
durchsichtigen Nagellack. Einmal zog sie sich ein Kleid an und ging auf die
Straße. Nach ein paar Minuten lief sie wieder zurück. Linda konnte ihren James
anfangs nicht in Frauenkleidern sehen, doch sie gewöhnte sich daran. Und Jakkie
wurde mutiger. Sie ging mit den Kleidern unter die Leute. Bald war ihr
Auftreten in aller Munde. Und bald stellte sie sich auch Fremden als Jakkie
vor. Sie korrigierte die Kunden, die sie mit „Sir“ ansprachen, anfangs zaghaft,
später entschlossener.
Jakkie suchte im Internet nach Erfahrungsberichten
operierter GDs und fand immer wieder Verweise auf Thailand. Das Land ist
bekannt für seine Toleranz und berüchtigt für seine Billigoperationen. Jakkies
Behandlung hätte in Amerika etwa 42.000 Dollar gekostet, in Bangkok nur etwa
15.000. Für die meisten Gesundheitstouristen lohnt sich die Reise, für manche
wird sie zum Albtraum. Die schrecklichen Fotos, die neben den Klagen der falsch
behandelten Patienten im Internet stehen, haben Jakkie nicht von ihrem
Entschluss abbringen können. Sie hatte keine Wahl.
In Thailand ist alles ganz einfach
Die Voraussetzungen für eine operative Geschlechtsumwandlung
in Thailand sind leicht zu erfüllen. Ein Jahr lang müssen die Patienten Hormone
genommen haben (die sie vor der Operation absetzen). Sie müssen körperlich fit
sein für den Eingriff und ein Empfehlungsschreiben eines Arztes oder
Psychologen vorzeigen.
Ich bin wieder zu meiner Psychologin gegangen (nachdem
ich drei Jahre nicht bei ihr gewesen war), und sie hat entschieden, dass ich
meine neue Geschlechterrolle angenommen habe und bereit bin für weitere
Schritte.
„Meine Familie hatte genug gelitten“
Doch woher sollte Jakkie das Geld nehmen? Aus der
College-Kasse der Kinder? Das Haus mit Hypotheken belasten? Jobs annehmen, die
sie vom Arbeiten im eigenen Laden abhalten würden? „Meine Familie hatte genug
gelitten.“ So kaufte sie Autos, reparierte sie nach Feierabend und verkaufte
sie wieder. Es dauerte Jahre, bis Jakkie das Geld zusammengespart hatte. Das
letzte Gutachten schrieb die Psychologin am 13. Mai 2008: „Ich glaube, dass sie
die Verantwortung für die physischen, emotionalen und sozialen Veränderungen
und für die Kontraindikationen, die mit einer operativen Geschlechtsumwandlung
einhergehen, versteht und akzeptiert.“ Mit dem Gutachten in der Tasche flog
Jakkie nach Bangkok und ging zum ersten Mal in ihrem Leben in ein Krankenhaus.
Die operative Geschlechtsumwandlung wird meine männlichen
Genitalien zu weiblichen machen. Nach dieser Operation werde ich für den Rest
meines Lebens eine Frau sein. Meine Werte und meine Einstellungen werden sich
nicht ändern.
Billigt Gott, was ich tue?
Im Wartezimmer der Praxis von Dr. Kamol Pansritum sitzen
fast nur Ausländer: junge Mädchen, die zur Nachbehandlung kommen; stämmige
Männer in Frauenkleidern und mit Bartansatz. An der Wand hängt das Poster einer
früheren Patientin, Gewinnerin einer Miss-Tiffany-Wahl, des thailändischen
Schönheitswettbewerbs für GDs. 15 Millionen Fernsehzuschauer bewunderten damals
die Siegerin.
Ich weiß, dass Du nicht an Gott glaubst, aber ich tue es,
also muss ich fragen. Billigt Gott, was ich tue? Ändere ich nicht etwas, was
Gott falsch gemacht hat? Alles, was ich dazu sagen kann: Würdest Du einem Kind,
das mit einem heilbaren Geburtsfehler auf die Welt kommt, die Heilung versagen?
Aus dem Hodensack die Schamlippen
Jakkie ist zur Nachbehandlung in der Klinik, aber Dr. Kamol
ist an diesem Tag unsichtbar. Er operiert und darf nicht gestört werden. Alle
schwärmen von dem Phantom. Er sei ein Künstler, ein Verwandler. Pro Jahr kommen
mehr als 100 Patienten zu ihm. Dr. Kamol feilt ihnen Adamsäpfel ab, spritzt
Pobacken auf, richtet Wangenknochen, kastriert, befreit die Frauen von ihrem
falschen Körper. Die Operation an Jakkie war ein Routineeingriff. Dr. Kamol
löste einen Teil von Jakkies Eichel mitsamt den Blutgefäßen und den Nerven aus
dem Penis. Er entfernte Hoden und Schwellkörper, löste die Harnröhre und
verkürzte sie. Dann setzte er die Blutgefäße und die Nerven der Eichel wieder
ein, formte sie zu einer Klitoris, stülpte die Penishaut um und machte den
Hohlraum zu einer Vagina. Die Prostata blieb erhalten, sie befeuchtet die
Vagina. Schließlich formte er aus dem Hodensack die Schamlippen.
Auch formte er eine neue Nase und operierte Jakkies
Oberlippe. Auf Silikonbrüste verzichtet Jakkie, durch die Hormone ist ihr Busen
auf Körbchengröße C gewachsen. Für Dr. Kamol stand die Funktion im Vordergrund,
nicht die Ästhetik. Jakkie war damit nicht einverstanden. Sie wollte einen
Frauenkörper, selbst wenn sie ihn nicht spüren könnte. Die Nerven ihrer
Klitoris funktionieren prächtig. „Ich würde nun vielleicht mit einem Mann
schlafen“, sagt Jakkie, „wenn ich damit nicht Linda betrügen würde.“
Linda hatte bereits die Laken gewechselt
Was werde ich unseren Enkeln erzählen? Ich weiß es nicht;
die Wahrheit, denke ich. Wahrscheinlich wird es ihnen egal sein, weil sie mich
nicht anders kennengelernt haben. Wenn sie mich vorher mochten, werden sie mich
(so hoffe ich) auch danach mögen, so wie alle anderen auch.
Drei Wochen nach der Operation verlässt Jakkie Thailand. Sie
hat Angst, vor allem vor dem Wiedersehen mit ihrer Frau. Linda erwartet sie am
Flughafen in Syracuse. Zwei Stunden dauert die Heimfahrt, die beiden sprechen
kaum miteinander. „Zu Hause sagte mir Linda, dass wir von nun an in
unterschiedlichen Zimmern schlafen“, schreibt Jakkie in einer E-Mail. Linda
hatte bereits die Laken gewechselt und die Matratze umgedreht.
War James damals zu naiv, als er diese Zeilen schrieb?
Jakkie weint die ganze Nacht, bevor sie am Morgen den Laden
auf Vordermann bringt. Das Geschäft läuft bestens. Ihr gehe es körperlich
blendend, schreibt sie. Die Zeiten, in denen sie in der Dusche die Augen nicht
zu öffnen wagte, seien vorbei. Gerade versucht sie, das „M“ für „Männlich“ in
ihrer Geburtsurkunde streichen zu lassen. Wie diese Änderung den offiziellen
Status ihrer Ehe mit Linda berühren könnte, weiß Jakkie nicht, das sei eine
rechtliche Grauzone. Größere Sorgen bereitet ihr Lindas Distanziertheit: die
Ehe droht zu zerbrechen, unabhängig von den Dokumenten.
Du wirst mich vielleicht glücklicher, netter und
emotionaler erleben. Sicher werde ich ein ehrlicheres Leben führen, wenn das
Innere und das Äußere endlich zusammenpassen.
War James damals zu naiv, als er diese Zeilen schrieb?
Jakkies Leben ist nicht weniger von Widersprüchen bestimmt als das von James.
Seit ihrer Ankunft nimmt sie wieder Hormone, sie spürt nun die Nebenwirkungen.
So wohl sie sich in ihrem Körper auch fühlt, sie ist deprimiert, ratlos, wegen
Linda. Was ein Anfang werden sollte, droht ein Ende zu werden.
Eines Tages aber, es ist bitter kalt, sind die beiden auf
dem Weg in ihre Betten, als Linda fragt, ob sie nicht doch in Jakkies Zimmer
übernachten könne, dort sei es wärmer. Seit dieser Nacht schlafen die beiden
wieder im selben Bett. Alles ist wieder wie früher. Und nichts ist, wie es
einmal war.
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