Sonntag, 29. Juli 2012

Vom Transvestitismus zum Transsexualismus Geschichte welche jeder kennen sollte!


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Bearbeitet von Nikita Noemi Rothenbächer 2012

Vom Transvestitismus zum Transsexualismus,  Geschichte 
welche jeder kennen sollte!




Hirschfelds wissenschaftliches Interesse erweiterte sich nach 1910 wesentlich. Seine wichtigen Arbeiten gehen inhaltlich über Homosexualität hinaus. Zweifellos wurde Hirschfeld zu einem der intimsten Kenner der sexuellen Abweichler. Während des ersten Weltkrieges stellte er Militärtauglichkeitszeugnisse aus. Unter den Begutachteten fand er 60 Transvestiten, die in Frauenkleidern zur Musterung erschienen oder bereits eingezogen waren. Von den 60 wurden aufgrund von Hirschfelds Gutachten 25 als dauernd untauglich ausgemustert, ein Teil als »Arbeitsverwendungsfähig« oder »Berufsverwendungsfähig« in Küche oder Schreibstube versetzt, und schließlich ein Teil als felddiensttauglich gemustert.

Besonders in Berlin hatte sich in den 10er und 20er Jahren neben der Homosexuellen- eine Transvestitenszene herausgebildet. Es gab Treffpunkte, Transvestitenlokale und Transvestitenbälle, über Transvestitenprostitution wurde geklagt. »Damenimitatoren«, die allerorts auftraten, waren für Hirschfeld die Transvestiten schlechthin. Aber es gab auch Ansätze zur Selbstorganisation der Transvestiten. Mitte der 20er Jahre wurden thematische Vortragsabende für Transvestiten in der alten Jakobstraße veranstaltet und Ende der 20er Jahre der Transvestitenverein Club Deon gegründet, über den bislang kaum Informationen vorliegen. 1924 wird von Friedrich Radszuweit, dem Verleger und Vorsitzenden des Bundes für Menschenrecht, einer mitgliedsstarken homosexuellen Organisation, die mit Hirschfelds WHK sympatisierte, neben der Zeitschrift »Die Freundschaft« auch »Die Freundin« herausgegeben. »Die Freundin« erhielt einen Sonderteil »Der Transvestit«. Es ist nicht bekannt, wie lange dieser Sonderteil erschien, er enthielt neben Aufsätzen von Wissenschaftlern wie Hirschfeld und Karsch-Hack auch wichtige Selbstzeugnisse. Unter dem Titel »Aus dem Empfindungsleben eines Transvestiten!« schreibt Toni Fricke über sich:

»Ich beneide die Frauen nicht nur um ihre Kleidung, sondern auch um ihren Körper und ihre Gefühle. Diese ständige Eifersucht, ja Neid auf das Weib (in dem quälenden Bewusstsein meiner eigenen körperlichen Männlichkeit) wird mich wohl nie ganz zur Ruhe kommen lassen, und findet selbst keine restlose Befriedigung dadurch, dass ich nun seit einigen Jahren ganz als Frau lebe. Dieses Gefühl ist unersättlich, und erklärt sich nur aus dem dauernd lebendigen Protest gegen sein ›tatsächliches Geschlecht‹ … Mit dem Idealbegriff des ›Weibes‹ verbindet mich ein inniges (leider meist einseitiges bleibendes) Zusammengehörigkeitsgefühl, ein Gefühl der Gleichartigkeit und Wesensverwandtschaft. Was ich liebe, das schöne ästhetische und kluge Weib, begehre ich nicht zu besitzen, sondern ihm gleich zu sein! … alles Männliche, vor allem im äusseren und so weit es mich anbetrifft ist mir verhasst …«

Deutlich wird, dass es Personen wie Toni Fricke gab, die den Wunsch hatten, ihr körperliches Geschlecht zu ändern. Deutlich wird aber auch, dass sich diese Personen selbst als Transvestiten beschrieben, Toni Fricke würde man heute wahrscheinlich als Transsexuellen klassifizieren und er sich möglicherweise auch. Aus den umfangreichen Fällen, die Hirschfeld im zweiten Band seiner Sexualpathologie beschreibt, geht hervor, dass sich bei Transvestiten der »Feminismus nicht in der andersgeschlechtlichen Umkleidung erschöpft«. Die männlichen Transvestiten wollten als Bürgersfrauen oder Dienstmädchen leben, die weiblichen als Soldaten oder Briefträger. Mit diesem Wechsel der sozialen Geschlechterrolle war oft der Wunsch nach körperlicher Geschlechtsumwandlung verbunden. Offenbar durch seine umfangreichen Erfahrungen als Sexualarzt und als Kenner der Homosexuellen und Transvestitenszene veranlasst, änderte Hirschfeld seine Auffassungen über das Phänomen der Geschlechtsumwandlung. Die streng pathologisierende Definition lockerte sich. 1923 benutzte er erstmals das Wort »Transsexualismus«, in Verbindung mit Transvestismus, ohne es näher zu definieren. In seinen ca. 2000 Seiten umfassenden sexualwissenschaftlichen Resümee der »Geschlechtskunde«, sieht er im Wunsch nach Geschlechtsumwandlung eine Form des extremen Transvestismus. Hirschfeld schreibt:

»Die stärksten Formen des totalen Transvestismus finden wir bei denen, die nicht nur ihr künstliches, sondern auch ihr natürliches Kleid, ihre Körperoberfläche andersgeschlechtlich umgestalten möchte. Den höchsten Grad dieser körpertransvestitischen Zwangszustände beobachten wir bei denen, die eine mehr oder weniger vollständige Umwandlung ihrer Genitalien anstreben, vor allem also ihre Geschlechtsteile nach ihrer Seele formen wollen. Voran steht bei transvestitischen Frauen die Beseitigung der Menstruation durch Entfernung der Eierstöcke, bei transvestitischen Männern die Kastration. Diese Fälle sind viel häufiger als man früher auch nur im entferntesten ahnte.«

Mit seinem Verständnis für die Probleme der Menschen mit dem Wunsch nach Geschlechtsumwandlung steht Hirschfeld einzigartig da. Kein anderer Zeitgenosse hat sich wie Hirschfeld in den letzten Jahren dafür eingesetzt, bei der Lösung ihrer Probleme zu helfen, der sozialen wie der medizinischen. Hirschfeld versuchte in den folgenden Jahren, Erleichterungen für den Alltag der Transvestiten zu erreichen, damit auch sie gemäß ihrer Natur leben konnten.

Eine Erleichterung war die behördliche Ausstellung des Transvestitenscheins. Aufgrund ärztlicher Gutachten wurden Transvestiten behördlich – mit Bescheinigung – das Tragen der Kleidung des anderen Geschlechts genehmigt. Mit diese Schein waren die Transvestiten vor der Festnahme bzw. Anklage wegen Erregung öffentlichen Ärgernissen bzw. groben Unfugs geschützt.

1920 berichtete der mit Hirschfelds Instituts zusammenarbeitende Rechtsanwalt Niemann von der Möglichkeit der Namensänderung. Transvestiten, die oft den Wunsch nach Änderung ihres Vornamens vorbrachten, war es nun mehr möglich, wiederum auf Antrag, ihren Namen in einen geschlechtsneutralen zu ändern, Alexander oder Alexandra wurde zu Alex, Anton oder Antonia wurde zu Toni.

4. Erste therapeutische Versuche

Um 1900 entdeckte man die Wirkung der Geschlechtshormone (chemisch isoliert und beschrieben wurden sie erst 1930 durch Gutenant), damit begann ein neues Kapitel in der Sexualmedizin. Das, was vorher vergeblich psychotherapiert worden war, sollte nun mit Hormonkuren oder Keimdrüsentransplantationen ins Lot gebracht werden: sei es die Fruchtbarkeit, die Potenz oder die sexuelle Triebrichtung. Zur Zeit der Gründung des Instituts für Sexualwissenschaft 1919 machte der Wiener Hormonspezialist auf sich aufmerksam: Er experimentierte an Meerschweinchen und Ratten, das Überpflanzen von Hoden in weibliche und von Ovarien in männliche Tiere brachte allerlei »sexuelle Zwischenstufen« hervor. Hirschfeld und sein Freund Karl Giese besuchten Steinach in Wien. Steinachs Hormontherapie der Geschlechtlichkeit wurde in den frühen 20er Jahren zum zentralen Bezugspunkt und alleinigem kausalen Erklärungszusammenhang der »Hirschfeldschen Zwischenstufentheorie«. Steinachs Versuche waren derart populär, dass ein Arzt über einen seiner Patienten mit dem Wunsch nach Geschlechtsumwandlung berichtete:

»Er wollte durch Entfernung der Hoden und Einpflanzung von Eierstöcken Vollweib werden. Er würde sicherlich einen ›Glanzfall‹ für Steinach abgeben und alle Zeitungen würden von ihm schreiben!«

Frauen und Männer formulierten den Wunsch nach körperlicher Geschlechtsumwandlung in Verbindung mit dem Versuchen der Genitalchirurgie und Keimdrüsentransplantation. Die von Hirschfeld in seiner »Sexualpathologie« 1918 beschriebenen Versuche mittels Einspritzung von Hoden, bzw. Eierstockextrakten stellen den ersten therapeutischen Versuch dar, Transvestiten dem gewünschten Geschlecht anzunähern. Sie sind gleichzeitig eine frühe Form der hormonellen Behandlung. Bereits zu dieser Zeit meint Hirschfeld:

»Auch an operative Transplantationen von männlichen Keimdrüsengewebe bei transvestitischen Männern und Ovarialgewebe bei transvestitischen Frauen könnte man denken. Jedoch zeigt die praktische Erfahrung, dass das Verlangen der Transvestiten gerade nach der entgegengesetzten Seite geht. Die Männer wollen Eierstockgewebe, die Frauen Hodengewebe injiziert oder implantiert haben. Sie empfinden eben ihren Körper, nicht ihren Geist als ihnen nicht adäquat.«

In den 20er Jahren wurden erste operative Geschlechtsumwandlungen durchgeführt. Geübt in derartigen Eingriffen waren die Chirurgen bereits durch Genitaloperationen an Verletzten des Ersten Weltkrieges. Auch die gescheiterten Umpolungsversuche von Homosexuellen in Heterosexuelle durch Einpflanzung »heterosexueller Hoden« waren bereits zum Experimentierfeld geworden. Offenbar spielt das Institut für Sexualwissenschaft bei den ersten Geschlechtsumwandlungen eine maßgebliche Rolle und zwar sowohl bei der Begutachtung als auch der Ausführung der Operation. Bei den meisten Patienten wurden mehrere Operationen nacheinander durchgeführt . Von verschiedenen transvestitischen Patienten, Frauen und Männern, wurde an die Mitarbeiter des Instituts für Sexualwissenschaft zunächst der Wunsch nach Beseitigung der sie störenden Hoden bzw. Eierstöcke herangetragen. Anfangs der 20er Jahre wurden die in Hirschfelds Terminologie als extreme Transvestiten bezeichneten Personen daher zunächst auf eigenen Wunsch und unter Belehrung über die Folgen einseitig oder zweiseitig kastriert.

1926 berichtet Mühsam, die Kapazität auf dem Gebiet der Genitalchirurgie über einen von Hirschfeld an ihn überwiesenen Patienten an den ein erster Versuch einer plastischen Operation durchgeführt wurde. Und zwar wurde der Transvestit 1920 von Mühsam auf eigenen Drängen hin kastriert. »Im März 1921 wurde ihm von anderer Stelle eine Ovarium eingepflanzt.« Leider gibt es keinerlei Angaben zu der Eierstocktransplantation, weder über die Ziele noch über die Technik der Operation. (So ist der Wunsch eines Patienten überliefert, der nach der Geschlechtsumwandlung Kinder bekommen zu wollen. Auch die Vorstellung, zu einem richtigen Weib gehören Eierstöcke, könnte Anlass für die Eierstocktransplantation gewesen sein, ebenso wie der Versuch, durch die ovarielle Hormonproduktion die körperliche Angleichung zu unterstützen.) Im gleichen Jahr bat der Patient um Amputation des Penis. Mühsam konnte sich dazu nicht entschließen und vernähte den Penis unter die Haut des Dammes. Außerdem beschreibt Mühsam die Fälle zweier weiblicher Transvestiten, wobei zu vermerken ist, dass der ersten bereits 1912 Brüste und Gebärmutter auf eigenen Wunsch entfernt wurde:

»… da sie diese Organe als nicht zu ihr gehörig empfand. Sie hielt sich für einen verkappten Mann und wollte auch äußerlich wie ein Mann aussehen. Als sie mich aufsuchte, war sie eine nicht unbegabte Malerin, trug Männerkleider und klagte über Kreuzschmerzen und das Gefühl, Fremdkörper im Leib zu haben. All diese Fremdkörper sah sie die Eierstöcke an, um deren Entfernung sie dringend bat … Im Jahre 1921 entfernte ich ihr die Ovarien, deren mikroskopische Untersuchung keine Veränderungen zeigte. Nach der Operation fühlte sie sich, wie sie sich ausdrückte, freier und betrieb die Umschreibung ihres Personalstandes … bis zu ihrem Tode aber hat sie versichert, dass die Entfernung der Eierstöcke wohltuend auf ihren seelischen Zustand gewirkt habe … Nicht alle derartigen Kranken fühlen so. Ein zweiter 26-jähriger weiblicher Transvestit (Zahnarzt), welcher ebenfalls mit Erlaubnis der Behörde in Männerkleidern einherging, eine ungewöhnlich große Klitoris besaß und ein Liebesverhältnis mit einem jungen Mädchen unterhielt, ließ sich, um die sie störenden Kennzeichen der Weiblichkeit zu verlieren, Brüste und Eierstöcke entfernen. Anfangs fühlte sie sich in ihrer neuen Erscheinung, der man in bekleideten Zustand die Frau nicht mehr äußerlich anmerken konnte ganz wohl ein halbes Jahr später, aber endete sie aus Verzweiflung über ihr verfehltes und unbefriedigtes Leben durch Selbstmord.«

5. Erste komplette Geschlechtsumwandlung

Über die erste komplette Genitalumwandlung berichtete Felix Abraham, seit 1928 Abteilungsleiter am Institut für Sexualwissenschaft, 1931 in dem Beitrag »Geschlechtsumwandlung an zwei männlichen Transvestiten«. Abraham war für die Transvestitenberatung zuständig. Ganz im hirschfeldlichen Verständnis sah er diese Fälle als Sonderform des Transvestismus an. Eine Indikation gab es nicht. Die Geschlechtsumwandlung wurde von Abraham ganz pragmatisch als Notlage begründet:

»Auch wir haben uns nicht leicht zu den geschilderten Eingriffen entschlossen, aber die Patienten waren nicht nur unabweisbar, sondern sie befanden sich auch in einer Gemütsverfassung, die eine Selbstverstümmelung und damit lebensgefährliche Komplikationen wahrscheinlich erscheinen ließen. Aus anderen Fällen haben wir gelernt, dass sich Transvestiten tatsächlich die schwersten Verletzungen beibringen, falls der Arzt ihrem Wunsch nicht willfährt. Die Vornahme der Operation war daher in diesen Fällen eine Art Notoperation, notwendig um die Patienten vor schlimmeren eigenmächtigen Eingriffen zu bewahren.«

Beschrieben wurden von Felix Abraham Operationen, die wiederum schrittweise in den 20er Jahren und frühen 30er Jahren ausgeführt wurden. »Kastration und Penisamputation wurden in dem Institut für Sexualwissenschaft durch Dr. Levi Lenz zu Berlin ausgeführt«. Die plastische Operation, die Ausformung der Scheide nahm Felix Abraham vor. Weitere operative Eingriffe (welche sind unbekannt, R. H.) wurden von Professor Kohrband, dem Direktor der chirurgischen Klinik des Urban-Krankenhauses in Berlin durchgeführt. Einer der Patienten, über die Felix Abraham berichtete, ist Rudolf, der später Dorsche hieß und am Institut als Hausangestellte arbeitete.

Die Auswirkungen einer Operation werden etwas pathetisch in einem weiteren Fall beschrieben. Die wohl spektakulärste operative Geschlechtsumwandlung von Mann-zu-Frau in dieser Zeit ist der Dänin Lili Elbe. Spektakulär auch deshalb, weil 1930/1931 ihre Biographie unter dem Titel »Ein Mensch wechselt sein Geschlecht – eine Lebensbeichte« in Dänemark und Deutschland erschien. Begutachtet wurde er vor der Operation vermutlich von Hirschfeld, nach der Operation wird ihre Biographie beschrieben. Darin taucht Hirschfeld als »Dr. Hadenfeld« und sein Institut als »Institut für Seelenkunde« auf. Abgeschlossen wurde ihre Operation in der Frauenklinik Dresden, weshalb sie sich auch Lili Elbe nannte. Die juristische Regelung für diese Operationen beschrieb Einar Wegener, so hiess Lili Elbe vor der Namensänderung, darin, dass er lediglich eine Erklärung unterschreiben musste. Darin war festgehalten, dass die Operation auf eigenen Wunsch und auf eigene Gefahr durchgeführt wurde und er die Operateure bei einem eventuellen ungünstigen Ausfall von jeglicher Verantwortung entbinde. Erst nach der Operation wurde der Name geändert. Wie bei den Namenstransvestiten waren dazu ärztliche Gutachten und behördliche Genehmigungen erforderlich. Bei Lili Elbe musste der behandelnde Arzt mit einem Gutachten die dänische Gesandtschaft in Berlin bitten, die Namensänderung zu genehmigen.

Ein weiterer Fall einer angestrebten Genitalumwandlung ist überliefert. Aus verschiedenen Schreiben des Instituts für Sexualwissenschaft, an das sich die Patientin 1928 wandte, geht hervor, dass die Mitarbeiter des Instituts von der technischen Ausführbarkeit der Operation ausgingen. Wahrscheinlich meinten die Mitarbeiter mit Frau-zu-Mann-Genitalumwandlung die Entfernung der Eierstöcke, der Gebärmutter und der Brüste bei weiblichen Transvestiten. Bei dem Fall handelt es sich um eine Arbeiterin aus Berlin, da sie nicht über das nötige Geld für die Operation verfügte, ersuchte sie zunächst Magnus Hirschfeld um ein Gutachten, der dafür 50 Reichsmark verlangte. Das war für eine einfache Arbeiterin eine erhebliche Summe. Mit diesem Gutachten beantragte sie beim Polizeipräsidenten die amtliche Erlaubnis zum Tragen von Männerkleidern, den sogenannten Transvestitenschein. Als zweiten Schritt wollte sie ihren Namen ändern lassen. Da sie minderwertig war, waren die dazu erforderlichen Unterlagen und Behördengänge sehr umfangreich. Ihr Name wurde geändert in Gerd. Ob und wann die operative Geschlechtsumwandlung durchgeführt wurde, ist nicht bekannt.

»Geschlechtsumwandlung« gibt es nicht!

Bei aller Akzeptanz können Wünsche offen bleiben. Der Fernsehabend im seidigen Negligé, oder der Karneval einmal im Jahr reicht vielleicht irgendwann nicht mehr aus, und der Wunsch regt sich, im vollen weiblichen Erscheinungsbild an die Öffentlichkeit zu gehen oder vielleicht mal einen ganzen Urlaub in Frauenkleidung zu verbringen. Schnell kommt da bei der Partnerin die Sorge auf: »Er will immer mehr, wo soll das noch enden?« und »Wird er am Ende noch eine Geschlechtsumwandlung wollen?«

Die Sorge ist verständlich und noch nicht einmal ganz unberechtigt, denn einige Transvestiten halten den Druck, der in Berufs- und Privatleben auf sie ausgeübt wird, nicht mehr aus und wählen die einzige Fluchtmöglichkeit, die ihnen scheinbar noch bleibt: die »Geschlechtsumwandlung«. Schon manche Familie ist so sinnlos zerstört worden und der angebliche Transsexuelle musste sich allein durchschlagen, ohne Stellung, ohne Familie, ohne wirkliche Kenntnis der nun einmal gewählten Geschlechtsrolle. Dafür, dass seine Geschlechtsorgane nach einer Operation äußerlich weiblich sind und seine Papiere auf einen weiblichen Namen lauten, wird er noch keine gesellschaftliche Anerkennung und noch lang keinen neuen Job bekommen. Und eine Frau ist er auch noch lange nicht.

Die Träume vom schönen Leben als Frau, vom verwöhnten Luxusweibchen, gehören in die »2. Pubertät« des Transvestiten und sollten mit zunehmender Reife von einer realistischeren Sicht von Frau-Sein ersetzt werden. Auch Frauen müssen arbeiten, meist sehr viel härter als Männer, und sie ernten dafür weit weniger Geld und Anerkennung. Die Partnerin sollte sich diese Träume auf keinen Fall bieten lassen, sondern ihren Partner immer wieder auf die Realität hinweisen, um Schlimmeres zu verhüten.

Hier möchte ich einen kleinen Exkurs über den Begriff »Geschlechtsumwandlung« einflechten. So etwas wie »Geschlechtsumwandlung« gibt es nämlich eigentlich gar nicht. Das komplizierte System der weiblichen Geschlechtsorgane hat kein noch so geschickter Chirurg je überzeugend nachbilden können. (Dasselbe gilt übrigens auch für die männlichen Geschlechtsorgane bei Frau-zu-Mann-Transsexualität. Auch männliche Geschlechtsorgane sind zu kompliziert, um sie einfach so nachzuahmen. Menschliche Organe sind nun einmal keine beliebig austauschbaren Ersatzteile, auch wenn das viele gern so sehen würden!) Bei der berühmten »Operation« wird eine künstliche Vulva und eine künstliche Vagina aus den äußeren männlichen Geschlechtsorganen geformt, sie ist also nur eine kosmetisch-chirurgische Maßnahme.

Eine solche »künstliche Frau« hat weder Gebärmutter noch Eierstöcke, keinen weiblichen Zyklus, keine weibliche Gehirnstruktur, und der weibliche Hormonspiegel kann nur mittels Pillen oder Spritzen von außen aufgebaut werden. Und mit diesen Maßnahmen ist die transsexuelle Frau noch lange nicht fertig. Mit einer elektrischen Nadel muss Härchen für Härchen der Bart aus dem Gesicht entfernt werden, eine äußerst schmerzhafte, langwierige und teure Behandlung. Und die Stimme muss in anstrengenden Übungsstunden auf eine weibliche Stimmlage umtrainiert werden. Dann muss meistens noch eine Umschulung drangehängt werden, weil die »neue« Frau in ihrem bisherigen (männlichen) Beruf nicht mehr anerkannt wird, und ob sie dann mit ihrer »transsexuellen Vergangenheit« noch eine Anstellung findet, ist nicht sicher.

Wer eine solche Prozedur auf sich nimmt, sollte sehr genau wissen, was er tut. Auch die Folgen für die Partnerschaft und Familie müssen erwogen werden. Das deutsche Transsexuellengesetz fordert z.B. von Transsexuellen die Ehescheidung, wenn sie im Ursprungsgeschlecht geheiratet haben, eine äußerst familienfeindliche Entscheidung, die sehr viel Leid über alle Betroffenen bringen kann.

Auf eine wichtige Übergangsform zwischen Transvestismus und Transsexualität möchte ich noch eingehen: Manche Transvestiten verweiblichen zusehends in ihrem Erscheinungsbild und ihrem Verhalten mit dem Ziel, einmal ganz als Frau zu leben, ohne sich allerdings unbedingt operieren lassen zu wollen. Diese Entwicklung wird in Deutschland mit Einschränkungen als transsexuell angesehen, in manchen anderen Ländern nicht.

Paare, die diese Entwicklung gemeinsam machten, berichten über die Vertiefung ihrer Beziehung und ein viel harmonischeres Zusammenleben. Nur die Angst, nun als »Lesbe« zu gelten, hält viele Frauen davon ab, sich auf dieses Abenteuer einzulassen.

Daraus folgt für die Partnerschaft: Niemand kann wissen, ob ein Transvestit später einmal transsexuell wird. Davor Angst zu haben, hilft niemandem. Doch eine gute, vertrauensvolle Partnerschaft kann falsche Entscheidungen verhindern helfen.

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