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Bearbeitet von Nikita Noemi
Rothenbächer 2012
Geschichte des Transsexualismus wie Intersexualität!
Bereits in den 1950er Jahren konnten Transsexuelle in den
USA eine Hormontherapie erhalten. Viele Transsexuelle wurden in dieser Zeit von
Harry Benjamin betreut, einem Pionier auf diesem jungen Forschungsgebiet, der
im Gegensatz zu den meisten seiner Kollegen Transsexuelle nicht als psychisch
Kranke ansah, sondern erkannt hatte, dass ihr körperliches Geschlecht wirklich
von ihrer Geschlechtsidentität abweicht.
1952 – zu einem Zeitpunkt, als die Operationsmethoden sich
noch im Experimentalstadium befanden – berichteten die Medien erstmals über
eine transsexuelle Amerikanerin, Christine Jorgensen, die eine operative
Geschlechtsangleichung (Mann-Frau) erhalten hatte. Da religiöse Gruppen solche
Operationen verteufelten und auf die Krankenhäuser Druck ausübten, mussten
Transsexuelle zur chirurgischen Geschlechtsanpassung zunächst ins Ausland
reisen, vor allem nach Casablanca und Mexiko. Im amerikanischen Inland wurden
Transsexuelle weiterhin als Psychotiker angesehen, zwangshospitalisiert und mit
Elektroschocks und Aversionstherapie „behandelt“.
Erst 1966 richtete das Johns Hopkins Medical Center in
Baltimore eine Gender Identity Clinic ein, in der seitdem auch
geschlechtsangleichende Maßnahmen durchgeführt wurden. Von 1969 an folgten
weitere Fachkliniken, in denen namhafte Forscher wie Stanley Biber arbeiteten.
Magnus Hirschfeld, Institut für Sexualwissenschaft (1919)
Die theoretische und praktische Arbeit am Institut für
Sexualwissenschaft ist von Hirschfelds Denken geprägt. Sein Ansatz knüpft an
die Theorie von der Natürlichkeit des dritten Geschlechts, vom Urning als Mann
mit weiblicher Seele an. Hirschfeld fertigt Gutachten über Personen an, bei
deren Geschlechtszuordnung es Probleme gibt. Für das Gutachten ist ausschlaggebend:
1. welchem Geschlecht die Person angehören will,
2. ob der männliche oder der weibliche Anteil in Körper und
Psyche überwiegt.
In die vierte Gruppe sexueller Zwischenstufen ordnet
Hirschfeld diejenigen Menschen ein, deren Geistes- und Sinnesart zum anderen
Geschlecht tendiert: z.B. Männer mit starker Neigung zum Putzen und Kochen, zu
Eitelkeit oder zu Klatschsucht, und Frauen, welche an Energie und
Großzügigkeit, Abstraktheit und Tiefe, ... an Tollkühnheit, Rauheit und Roheit
den Durchschnittsmann hoch überragen (Hirschfeld 1925).
Als markanteste dieser psychosexuellen Zwischenstufen
bezeichnet Hirschfeld den Transvestitismus. Der Begriff Transvestit ist eine
Wortschöpfung von Hirschfeld. Er definiert Transvestitismus:
"Es ist dies der Drang, in der äußeren Gewandung des
Geschlechtes aufzutreten, der eine Person nach ihren sichtbaren
Geschlechtsorganen nicht zugehört. Wir haben diesen Trieb als transvestitischen
bezeichnet, von trans entgegengesetzt und vestitus gekleidet, wobei wir gern
zugeben wollen, daß mit diesem Namen nur das Augenfälligste der Erscheinung
getroffen wird, weniger der innere rein psychologische Kern" (Hirschfeld
1918)
Transvestiten, denen stark daran liegt, ihren Vornamen der
angestrebten Geschlechtzugehörigkeit anzupassen, bezeichnet Hirschfeld als
Namenstransvestiten. Gemeinsam mit dem Rechtsanwalt Walther Niemann setzt er
sich für die Realisierung dieses Wunsches ein. Anfang der 20er Jahre dürfen
männliche und weibliche Transvestiten mit behördlicher Genehmigung ihre
Vornamen in geschlechtsneutrale umändern, z.B. in Alex, Toni oder Gert.
Ende der 20er Jahre berichtet sein Institutskollege Felix
Abraham über die ersten operativen Genitalumwandlungen, die unter der
Mitwirkung von Ludwig Levy-Lenz durchgeführt werden. In der Regel gibt es eine
Schrittfolge auf dem Weg zum anderen Geschlecht: Namensänderung,
Transvestitenschein, Operation. Eine Reihenfolge und Logik, die auch heute -
ein knappes Jahrhundert später - noch im Transsexuellengesetz wiederzufinden
ist.
Quelle u.a.: Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft e.V., Berlin
Hans Giese, Deutsche Gesellschaft für Sexualforschung (1950)
Die Deutsche Gesellschaft für Sexualforschung (DGfS) wurde
1950 auf Initiative von Hans Giese mit dem Ziel gegründet, die
Sexualwissenschaft in Forschung, Lehre und Praxis zu fördern. Sie ist nicht nur
die älteste, sondern auch die größte deutsche Fachgesellschaft für
Sexualwissenschaft.
Die interdisziplinäre Ausrichtung der DGfS zeigt sich auch
an den Fachrichtungen ihrer gegenwärtigen Mitglieder, die als ÄrztInnen,
PsychologInnen, PsychoanalytikeInnen, SoziologInnen, JuristInnen und
KulturwissenschaftlerInnen in unterschiedlichen universitären und
außeruniversitären Institutionen tätig sind.
Durch die von ihr vorgelegten Forschungsberichte, Gutachten
und öffentlichen Stellungnahmen hat die Gesellschaft in den vergangenen
Jahrzehnten immer wieder Entscheidungen des Gesetzgebers und der höchsten
Gerichte maßgeblich beeinflusst. Das gilt insbesondere für die Reformen des
Sexualstrafrechts und deren rechtliche Auslegung sowie für das so genannte
Transsexuellengesetz.
Die wichtigsten Aktivitäten der letzten Jahre waren
Krause, W. F. J., E. Schorsch, V. Sigusch, M. Walter und R.
Wille: Medizinisch-rechtliche Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Sexualforschung
zum Transsexualismus. Eingabe an den Bundesminister für Justiz der
Bundesrepublik Deutschland vom 18. Juni 1974
Sigusch, V. (für den Vorstand der Deutschen Gesellschaft für
Sexualforschung), R. Gindorf und H. Kentler (für den Vorstand der Gesellschaft
zur Förderung sozialwissenschaftlicher Sexualforschung): Gemeinsamer Appell der
deutschen sexualwissenschaftlichen Gesellschaften an den Deutschen Bundesrat
und die Ministerpräsidenten der Länder zugunsten eines Transsexuellen-Gesetzes
vom 28. Februar 1979.
Sophinette Becker, Verabschiedung von Standards zur
Behandlung und Begutachtung von Transsexuellen (gemeinsam mit der Akademie für
Sexualmedizin und der Gesellschaft für Sexualwissenschaft), 1997
Stellungnahme zur Anfrage des Bundesministeriums des Inneren
zur Revision des Transsexuellengesetzes, 2001
Quelle: Deutsche Gesellschaft für Sexualforschung
Harry Benjamin, The Transsexual Phenomenon (1966)
Harry Benjamin (* 12. Januar 1885 in Berlin; † 24. August
1986 in New York) war ein deutsch-amerikanischer Psychologe und Pionier auf dem
Forschungsgebiet der Transsexualität. Er nahm in den 20er Jahren an den
Veranstaltungen der Weltliga für Sexualreform und des Instituts für
Sexualwissenschaft teil, wo er Bekanntschaft mit dem deutschen Sexualforscher
Magnus Hirschfeld und seinem Mitarbeiter Arthur Kronfeld machte.
Dr. Benjamin war der erste Arzt und Wissenschaftler, der
zwischen abweichender Geschlechtsidentität und Homosexualität unterschied. Er
sah Transsexuelle nicht als psychisch kranke Männer wie die meisten Psychiater
seiner Zeit, sondern erkannte, dass körperliches Geschlecht und
Geschlechtsidentität von einander abweichen konnten. Um ihr Leiden zu lindern,
begann er Östrogene zu verschreiben. Er machte auch Nachuntersuchungen bei Operierten
und überwies Patientinnen mit ausgeprägter Transsexualität zu den besten
Chirurgen.
Sein 1966 erschienenes Buch The Transsexual Phenomenon
machte dieses Thema einer breiten Öffentlichkeit bekannt. In diesem schrieb er
u.a.: „Der dominierende Status der Genitalien für die Geschlechtsbestimmung ist
mindestens in der Welt der Wissenschaft in Frage gestellt worden.“. Daß es sich
bei transsexuellen Frauen wirklich um gebürtige Frauen gehandelt hat, war für
ihn nicht nur bloße Spekulation, sondern Kern der Überlegungen zum Thema
Transsexualität.
„Wir verwenden in der Sprache immer noch den Begriff des
"Mannes", wenn ein Hoden und ein Penis existiert, und einer
"Frau" wenn wir Eierstöcke und eine Scheide vorfinden. Die Genetiker
haben uns aber zu Kenntnissen über das "chromosomales Geschlecht"
verholfen, welches nicht immer gleich wie das anatomische sein muss. Wie viel
Unbekanntes wir noch entdecken werden, kann niemand sagen. Sogar der Begriff
"Transsexualismus" kann sich als unpassend erweisen, wenn es sich
jemals zeigen sollte, dass ein anatomisch normaler männlicher Transsexueller
eine genetische Frau, oder wenigstens nicht ein wirklich genetisch normaler
Mann sein kann. In solchem Fall würden wir uns mit einem Transgenital-Wunsch
statt einer Transsexualität befassen.“
Obwohl er der Psychoanalyse skeptisch gegenüber stand,
insbesondere der Theorie, die Transsexualität als rein psychisches Problem
betrachten wollte, enstand 1979 in San Diego eine ständige Kommission, die sich
- nach seinem Namen - Harry Benjamin International Gender Dysphoria
Association, Inc. nannte (mittlerweile The World Professional Association for
Transgender Health). Diese Organisation etablierte - insbesondere in der Zeit
des Vorsitzes durch den deutschen Psychoanalytiker Friedemann Pfäfflin - den
Begriff "Geschlechtsidentitätsstörung", ganz im Gegensatz zu
Benjamins ursprünglichen Überlegungen, dass es sich bei Transsexualität
eigentlich um eine besondere Form der Intersexualität handele:
„Die Naturgesetze kennen jedoch kein Tabu, und Tatsachen
bleiben Tatsachen. Intersexualität besteht im Körper als auch im Geiste.“
John Money, Man & Woman, Boy & Girl (1972)
John
William Money, Ph.D. (* 8. Juli 1921; † 7. Juli 2006) war ein Psychologe
und ein Sexologe, der durch seine Forschungen im Bereich der sexuellen
Identität und in der Biologie der Geschlechter bekannt wurde. Money stellte
einige einige Theorien über Geschlechtidentität und Geschlechterrollen auf, die
insbesondere von Psychanalytikern und Gendertheoretikern übernommen wurden, wie
z.B. die These, dass Geschlechtsidentität nicht angeboren sei. Diese Logik
findet sich in den meisten Gesetzgebungen (u.a. auch im 2007 noch gültigen
Transsexuellengesetz in Deutschland) und den medizinischen Standards zur
Behandlung transsexueller Menschen wieder.
Seine Theorien veröffentlichte er im Jahr 1972 mit dem Buch
Man & Woman, Boy & Girl: Gender Identity from Conception to Maturity.
In diesem erwähnte er auch David Reimer, durch dessen Fall er später
zweifelhafte Bekanntheit erlangte.
David Reimer war ein Zwillingsjunge, der auf Beratung John
Moneys als Mädchen aufgezogen wurde, nachdem sein (durch ein medizinischen
Unfall nicht mehr zu rettender) Penis bei der Geburt in eine Vagina umoperiert
wurde. Dieser Junge entwickelte entgegen der Gendertheorien Moneys alledings
nie eine weibliche Geschlechtsidentität und nahm sich 2004 im Alter von 38
Jahren das Leben. Money hingegen erhielt zwei Jahre vorher im Jahr 2002 noch
die Magnus-Hirschfeld-Medallie durch die Deutsche Gesellschaft für Sozialwissenschaftliche
Sexualforschung (DGSS). Diese Medallie wird für besondere Verdienste um
Sexualwissenschaft und Sexualreform verliehen.
Bis zuletzt leugnete Money seine Fehler und behauptete, der
Selbstmord Reimers wäre auf Grund der Einflüsse einer "antifeministischen
Bewegung" zu Stande gekommen.
Volkmar Sigusch, International Academy for Sex Research (1973)
Volkmar Sigusch (* 11. Juni 1940 in Bad Freienwalde (Oder)),
ist ein Sexualforscher, Arzt und Soziologe. Er war Direktor des Instituts für Sexualwissenschaft
am Klinikum der Goethe-Universität Frankfurt am Main.
Sigusch hat Medizin, Psychologie und Philosophie (bei
Horkheimer und Adorno) in Frankfurt am Main, Berlin und Hamburg studiert. An
der Universität Hamburg habilitierte er sich 1972 nach einer psychiatrischen
Ausbildung für das damals erstmalig von einer Universität als selbstständig
anerkannte Fach „Sexualwissenschaft“.
Sigusch gründete zusammen mit William Masters, John Money,
Gunter Schmidt u.a. 1973 die International Academy for Sex Research,
beeinflusste in den End-70ern maßgeblich die Formulierungen des
Transsexuellengesetzes, und ist heute einer der international einflussreichsten
Sexualwissenschaftler. Sigusch war mehrfach Erster Vorsitzender der Deutschen
Gesellschaft für Sexualforschung, der ältesten und größten Fachgesellschaft in
Deutschland. In einem seiner Aufsätze heisst es:
In meinem Kommentar zum Transsexuellengesetz, an dessen
Formulierung ich nicht ganz unbeteiligt war, heißt es apodiktisch: »Der
Transsexualimus ist eine seelische Krankheit und gehört daher mit seelischen
Mitteln behandelt« (Sigusch, 1980a, S. 2745).(aus: Transsexueller Wunsch und
zissexuelle Abwehr, Ein Artikel aus der Fachzeitschrift Psyche des Jahres
1994.)
Quelle u.a.: Wikipedia
HBIGDA (1979)
Im Jahr 1979 gründete sich in San Diego die Harry Benjamin
International Gender Dysphoria Association, Inc. (heute: The World Professional
Association for Transgender Health, Inc.), eine Organisation, die grossen
Einfluss auf die juristische und medizinische Behandlung von transsexuellen
Menschen weltweit hat. Die ehemalige HBIGDA ist bekannt für die Herausgabe der
sogenannten Standards of Care, der Leitlinien zur Behandlung von Menschen,
basierend auf der Theorie der "Geschlechtsidentitätsstörung" und der psychoanalytischen
These, Geschlecht sei nicht angeboren. Die Deutschen Standards of Care wurden
von Sophinette Becker, einer Kollegin Volkmar Siguschs, in den 90er Jahren
(1996-1998) erarbeitet, kurze Zeit nachdem der Begriff
"Transsexualität" im Diagnostischen Manual der Psychischen Störungen
(DSM IV) durch das Wort "Geschlechtsidentitätsstörung" ersetzt wurde.
Das offizielle Internet-Journal der HBIGDA nennt sich
"International Journal of Transgenderism", das u.a. von Friedemann
Pfäfflin, einem deutschen Psychoanalytiker herausgegeben wird, der für die
Änderung des DSM in den 90er-Jahren mitverantwortlich war.
Judith Butler, Gender Trouble (1989)
Judith
Butler (* 24. Februar 1956 in Cleveland, Ohio) ist eine amerikanische
Professorin für Rhetorik und vergleichende Literaturwissenschaft an der
European Graduate School und an der University of California, Berkeley in
Berkeley.
Einer von Judith Butlers wichtigsten Beiträgen ist ein
performatives Modell von Geschlecht, in welchem die Kategorien "männlich"
und "weiblich" als Wiederholung von Handlungen verstanden werden, und
nicht als natürliche oder unausweichliche Materialisierungen. Bei Judith Butler
zeigt sich die Performanz als Akt der Verkörperung, mit der die Identität z.B.
des Geschlechts konstruiert wird. Durch Zeichen und Sprechakte wird diese
Identität markiert als weiblich oder männlich.
"Der Ausruf der Hebamme „Ein Mädchen!“ ist demnach
nicht nur als konstative Feststellung zu verstehen, sondern auch als direktiver
Sprechakt: „Werde ein Mädchen!“ Die Performativität der Geschlechter resultiert
also aus dem Zusammenspiel von politischen performatives und theatralen
performances."
Judith Butler bedient sich in ihrer Analyse verschiedenster
Theorien und Forschungsansätze, unter anderem derer des Psychoanalytikers
Sigmund Freud.
Butler vertritt die Auffassung, dass Geschlecht
ausschließlich eine soziale Kategorie darstellt, die dem Körper ein
biologisches Geschlecht einschreibt und stellt die biologische, binäre
Konstruktion der Zweigeschlechtlichkeit radikal in Frage. Butler kehrt von der
feministischen Idee einer Spaltung von Subjekten in soziales Geschlecht
(gender) und biologisches Geschlecht (sex) ab und bricht mit der Annahme, dass
Geschlecht eine natürliche Eigenschaft von Körpern ist, welche die Grundlage
für eine natürliche Geschlechtsordnung bildet. Damit nimmt sie die Position
ein, die bereits John Money vertreten hat, und wiederholt die These der
nicht-angeborenen Geschlechtsidentität eines Menschen - eine These, nach der
echte Transsexualität (im Sinne hirnorganischer Intersexualität) nicht
existieren könnte.
Friedemann Pfäfflin, Vorschläge zum DSM IV (1993)
Friedemann Pfäfflin ist Leiter der im August 1995 neu
eingerichteten Sektion Forensische Psychotherapie der Universität Ulm, nachdem
er an der Psychiatrischen Klinik des Universitäts-Krankenhauses Eppendorf (dem
Sitz der Deutschen Gesellschaft für Sexualforschung) in Hamburg tätig war, und
nach Selbsteinschätzung über 600 transsexuelle Patienten begutachtete. Er war
von 1995 bis 1997 Direktor der Harry Benjamin Association (heute WPATH), und
ist für die Streichung des Begriffs "Transsexualität" im DSM-IV
mitverantwortlich.
Pfäfflin streitet ab, dass es eine angeborene
Geschlechtsidentität gibt und vertritt eine ähnliche Sichtweise wie sie Money,
Sigusch aber auch Butler äussern - die der ausschließlichen sozialen
Konstruktion von Geschlecht. Obwohl es bereits Untersuchungen aus der
Neurobiologie gibt (u.a. von Dick Swaab, Amsterdam), unterstütze er im Jahr
2006 einen Aufruf der englischen Organisation Gender Identity Research and
Education Society, kurz GIRES nicht (in der sich auch Milton Diamond
engagiert), der die Angeborenheit von Transsexualität unterstreichen wollte.
Zu seinen Gründen der Nicht-Unterstützung zählten:
1. Die Phänomenologie der Geschlechtsidentitätsstörungen
beschreibt eine riesige Bandbreite, daß sie nicht anhand eines einzigen Faktors
erklärt werden kann
2. Die Rolle des Bed Nucleus des Hypothalamus wird
überbewertet
3. Menschen, die ihre Geschlechtsumwandlungsoperation
bereuen, widersprächen biologischen Erklärungen
4. Biologische Erklärungsmodelle können sowohl für, aber
auch gegen die Patienten verwendet werden
5. Die gesetzliche und soziale Anerkennung von
Transgender-Personen braucht die Biologie als Argument nicht
Pfäfflin spricht auf einer Tagung der HBIGDA im Jahr 1995 in
Ulm bei transsexuellen Menschen von "Männern, die sich als Frauen erleben
und Frauen, die sich als Männer erleben". (Einer Tagung auf der bereits
die Untersuchungen des Neurobiologen Dick Swaab zur Sprache kamen). Ebenfalls
aus seinem Wortschatz stammen Begriffe wie "transsexuelle Neigung"
oder "transsexuelle Abwehr", die Pfäfflins Glaube an eine psychische
Störung deutlich machen. In seinem Buch "Transsexualität. Beiträge zur
Psychopathologie, Psychodynamik und zum Verlauf" aus dem Jahr 1993 stellt
er seine Argumente zur DSM-Überarbeitung vor, die danach so ähnlich auch
eingetreten sind. Neben der Änderung der Bezeichungen von Transsexualität zu
dem Über-Begriff "Geschlechtsidentitätsstörung" (der zum ersten mal
1980 durch die APA im DSM III eingeführt wurde) ging es darum, die Diagnostik
derart zu ändern, daß Hormonbehandlung und chirugrische Eingriffe bei Menschen
mit einer "Geschlechtsidentitätsstörung" nicht unbedingt mehr zur
Behandlung gehören sollten (Siehe auch: Sophinette Becker, Transsexualität
-Geschlechtsidentitätsstörung, Götz Kockott/Eva-Maria Fahrner (Hrsg) :
Sexualstörungen. Thieme Verlag, 2004).
Milton Diamond, Fall Reimer (1997)
Milton Diamond (* 6. März 1934 in New York) ist Professor
für Anatomie und reproduktive Biologie an der Universität Hawaii. Er ist
langjähriger Experte im Bereich der menschlichen Sexualität und
Geschlechterforschung.
Bekannt wurde er dadurch, dass er den Fall Reimer an die
Öffentlichkeit brachte, die Geschichte des Jungen, der als Mädchen aufgezogen
wurde. Zusammen mit Dr. H. Keith Sigmundson kam Diamond zum Ergebnis, dass die
Geschlechtsumwandlung Reimers mißlungen war. Dieser Fall wurde der meist
umstrittene Fall der psychologischen Literatur der letzten Jahre, da er die
Aussagen verdeutlichte, die transsexuelle Menschen seit Jahrhunderten äussern,
den Satz "Ich bin im falschen Körper geboren" in welchem das Wissen
um die gegengeschlechtliche Körperlichkeit - durch Vorhandensein dem Geburtsgeschlecht
entgegenstehender Fortpflanzungsorgane - enthalten ist. Diese Anerkennung
dieses Wissens ist die Anerkennung transsexueller Menschen, die heute noch von
den meisten Gesetzgebungen weltweit verhindert wird - unter Berufung auf
psychoanalytische Thesen der Nichtangeborenheit von Transsexualität nach Money
und Butler.
Das Gehirn - Das wichtigste Sexual-Organ
a) Untersuchungen von G. Stalla
Dass das Geschlecht eines Menschen vom Einfluss der Hormone
in den ersten Wochen nach der Zeugung abhängt, vermutet Günther Stalla.
Der Neuroendokrinologe Günter Karl Stalla und seine
Mitarbeiter vom Max-Planck-Institut für Psychiatrie in München überprüften die
Hypothese, dass Hormonstörungen für Transsexualität mitverantwortlich sind.
Dazu bestimmten sie bei mehr als 100 transsexuellen Menschen das Verhältnis der
Länge von Zeige- zu Ringfinger. Die Differenz ist umso größer, je weniger
männliche Geschlechtshormone in der 7. Schwangerschaftswoche auf das Embryo
einwirken.
Bei transsexuellen Frauen fanden die Forscher eine andere
Relation der Fingerlänge als bei Männern. Die Fingergröße der transsexuellen
Frauen entsprach in etwa der von nicht-transsexuellen Frauen. Das zeigt, dass
transsexuelle Frauen im Mutterleib geringeren Mengen Androgen ausgesetzt waren
als der Durchschnittsmann, meinet Herr Stalla.
Doch dass Hormone die einzigen Einflussfaktoren bei der
Entwicklungen eines geschlechtlichen Gehirns sind, wird inzwischen von
Wissenschaftlern angezweifelt.
b) Vincent
Harley und Eric Vilain
Es gibt neue Anzeichen dafür, dass das menschliche Gehirn
sich viel früher in eine männliche und weibliche Richtung entwickelt, als
bisher angenommen --- nämlich schon bevor Sexualhormone zum Tragen kommen.
Biologen beginnen jetzt langsam zu verstehen, dass Hormone nicht als die
einzige bestimmende Größe im Zusammenhang mit der Geschlechtsidentität des
Gehirns gesehen werden können. Vielmehr ist es wahrscheinlich, dass männliche
und weibliche Gehirne bereits schon vor dem größeren Einfluss von
Geschlechtshormonen beginnen dürften sich in männlich und weiblich zu trennen.
"Es gibt zwar viele Anzeichen dafür, dass Hormone für
die Geschlechtsidentität menschlicher Gehirne verantwortlich sind, aber das ist
bei weitem nicht alles", sagt Eric Vilain, Genetiker der University of
California.
Die neuen Erkenntnisse über genetische und andere Faktoren
im Zusammenhang mit der Geschlechtsentwicklung von Gehirnen könnten Erklärungen
für Transsexualität liefern. Und vielleicht könnten solch neue Erkenntnisse zu
medizinischen Tests führen, die es erlauben würden festzustellen, ob ein
neugeborenes Kind sich später als Mann oder Frau versteht.
Vincent Harley und Eric Vilain hoffen herauszufinden, ob es
eine genetische Grundlage für Transsexualität gibt. Studien über die
Verhältnisse in Familien haben zu Untersuchungen geführt, die der Frage
nachgehen, in wie weit genetische Faktoren eine Rolle spielen können.
"Einige der Gene, die zwischen Männern und Frauen im
Gehirn unterschiedlich sind, könnten bei Transsexuellen vertauscht sein".
vermutet Vilain.
Erste Untersuchungen beschäftigen sich nun mit drei Genen,
die auf den Geschlechtschromosomen zu finden sind. Von diesen drei Genen weiß
man, dass sie zuständig dafür sind, die für die Aktivität von anderen Genen
zuständigen Eiweis-Ketten zu entschlüsseln.
"Da gibt es dieses Stigma, dass Transsexualität eine
Wahl des Lebensstils ist. Es könnte sehr befreiend für sie sein, falls wir
zeigen können, dass es für Transsexualität eine genetische oder biologische
Grundlage gibt."
Vilain hofft, dass diese Untersuchungen zu Tests führen
könnten, die vor allem im Zusammenhang mit Intersexualität herausfindbar
machen, ob nun ein Neugeborenes später sich mehr als Mann oder als Frau sehen
wird.
"Geschlecht ist nicht einfach nut das X und Y
Chromosom", sagt er.
Viele unterschiedliche Gene sind dafür verantwortlich und
falls Gen-Abweichungen dafür zuständig sind, ob sich ein Mensch männlich oder
weiblich fühlt, dann kann es irgendwann sogar möglich sein durch eine
Blutabnahme bei einem Menschen mit Intersexuellem Syndrom herauszufinden welche
DNA-Abschnitte er den nun hat.
c) Radiologen der Uni Essen
Radiologen der Uni Essen haben festgestellt: Das Gehirn
transsexueller Frauen, reagiert typisch weiblich auf visuelle erotische
Stimuli. In einer Studie mit funktioneller Magnetresonanztomographie zeigt sich
eher ein weibliches Aktivierungsmuster der verschiedenen Gehirnareale. Diese
Beobachtung haben Radiologen der Uni Essen gemacht.
Untersucht wurden je zwölf nicht-transsexuelle Männer und
Frauen sowie zwölf transsexuelle Frauen. Die Radiologen der Uni Essen haben den
Versuchspersonen während einer Magnetresonanztomographie des Gehirns
Filmsequenzen mit erotischem Inhalt vorgespielt.
Wie Dr. Elke Gizewski beim Röntgenkongress in Berlin
betonte, ist bereits aus Voruntersuchungen anderer Gruppen bekannt, dass sich
bei Männern und Frauen in der Magnetresonanztomographie Unterschiede zeigen,
wenn erotische Stimuli präsentiert werden.
So wird bei Männern durch erotische Stimuli das limbische
System stärker aktiviert, als bei Frauen. Was stärker aktiviert wird, sind vor
allem Regionen im Hypothalamus, in den Mandelkernen und im Inselkortex.
Bei den transsexuellen Frauen gab es diese spezifisch
männliche Aktivierung des limbischen Systems nicht. Die Gehirne der transsexuellen
Frauen reagierten also auf erotische Stimuli, genau wie die Hirne von
nicht-transsexuellen Frauen.
Die Radiologen können also das, was die transsexuellen
Frauen angeben - dass sie sich nämlich "wie im falschen Körper"
empfinden - anhand der Aktivierung des Gehirns auf erotische Stimuli
bestätigen. Trotz des männlichen Körpers, trotz männlicher Hormone, reagieren
die Gehirne transsexueller Frauen wie ganz normale Frauengehirne.
d) Zhou, Hofman, Gooren and Swaab
Dass dies nicht weiter verwundert, da transsexuelle Frauen,
im Gegensatz zu ihrem männlichen Körperbau, nämlich anatomisch weibliche
Gehirne haben, konnten die Wissenschaftler Zhou, Hofman, Gooren and Swaab
zeigen.
Die Wissenschaftler Zhou, Hofman, Gooren and Swaab kamen
1997 auf Grund von Tierexperimenten zu der Hypothese, dass die geschlechtliche
Differenzierung des Gehirns von Transsexuellen nicht der Linie der
Geschlechtsdifferenzierung des Körpers als Ganzem folgt.
So kommt es anscheinend bei einer transsexuellen Frau zur
Bildung eines weiblichen Gehirns in einem männlichen Körper. Zhou, Hofman,
Gooren und Swaab untersuchten 1997 Gehirne von transsexuellen Frauen und
entdeckten dabei folgendes:
„... zeigen wir, dass die Größe der zentralen Unterteilung
des bed nucleus der stria terminalis (BSTc), ein Bereich des Gehirns, der
essenziell für das geschlechtliche Verhalten ist, bei Männern größer ist als
bei Frauen. In transsexuellen Frauen wurde ein BSTc der Größe wie bei
nicht-transsexuellen Frauen gefunden. ... Unsere Studie ist die erste, die eine
weibliche Gehirnstruktur in genetisch männlichen Transsexuellen zeigt."
Oder einfach ausgedrückt: Die untersuchten transsexuellen
Frauen hatten alle anatomisch weibliche Gehirne.
Transsexuelle Frauen, also Frauen mit Penis und Hoden, haben
ein anatomisch weibliches Gehirn, ihre Gehirne zeigen in einer
Magnetresonanztomographie typisch weibliche Reaktionen. Transsexuelle Frauen
sind also Frauen, weil sie ein weibliches Gehirn haben, Frauen, bei denen das
Geschlecht des Gehirns vom Körper abweicht. Transsexuelle Frauen, sind Frauen,
die mit den falschen Fortpflanzungsorganen geboren werden.
e) Heute - Deutschland
Zurzeit wird in Deutschland immer noch nicht anerkannt, dass
Transsexualität eine körperliche Störung ist, dass Transsexuelle Frauen, Frauen
sind, die dummerweise mit Penis und Hoden geboren wurden. Obwohl das
Bundesverfassungsgericht sich bereits 1978 äußerte, dass das Gehirn, bzw. die
Psyche (und damit das Gehirn) eines Menschen als geschlechtsspezifischer
anzusehen ist, als der Körper.
"Es müsse aber heute als gesicherte medizinische
Erkenntnis angesehen werden, daß die Geschlechtlichkeit eines Menschen nicht
allein durch die Beschaffenheit der Geschlechtsorgane und -merkmale bestimmt
werde, sondern auch durch die Psyche."
Es wäre so einfach, wissenschaftliche Erkenntnisse an zu
erkennen, aber leider verhindert es der Widerstand der psychoanalytischen
Gesellschaft, die sich Deutsche Gesellschaft für Sexualforschung nennt. Für sie
sind bis heute transsexuelle Frauen keine Frauen, sondern Männer, die sich
wünschen Frauen zu sein. Für sie ist also der Körper geschlechtsbestimmender
(deshalb das Wort „Männer"), als die Psyche. Transsexuelle Frauen, sind
FRAUEN, weil das Gehirn, die Psyche, unser Ich, unser Selbst, unser Geschlecht bestimmt
und nicht irgendwelche „Fleischwülste" zwischen den Beinen.
Transsexuelle Menschen müssen die Möglichkeit haben, ohne
sich als verrückt erklären zu müssen (also ohne ein Gutachterverfahren), ihren
Vornamen und ihren Geschleichtseintrag (Personenstand) ändern zu lassen. Was
ist daran so kompliziert?
Selbst wenn wir dies erreichten, wären wir doch erst so
weit, wie die Transsexuellen bei Magnus Hirschfeld vor 100 Jahren, am Anfang
unserer Geschichte. - so weit hat uns eine geld- und machtgierige psychoanalytische
Gesellschaft für Sexualforschung zurück geworfen...
Doch nicht mit Uns!
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