Freitag, 17. August 2012

Geschichte des Transsexualismus wie Intersexualität


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Bearbeitet von Nikita Noemi Rothenbächer 2012

Geschichte des Transsexualismus wie Intersexualität!

Bereits in den 1950er Jahren konnten Transsexuelle in den USA eine Hormontherapie erhalten. Viele Transsexuelle wurden in dieser Zeit von Harry Benjamin betreut, einem Pionier auf diesem jungen Forschungsgebiet, der im Gegensatz zu den meisten seiner Kollegen Transsexuelle nicht als psychisch Kranke ansah, sondern erkannt hatte, dass ihr körperliches Geschlecht wirklich von ihrer Geschlechtsidentität abweicht.

1952 – zu einem Zeitpunkt, als die Operationsmethoden sich noch im Experimentalstadium befanden – berichteten die Medien erstmals über eine transsexuelle Amerikanerin, Christine Jorgensen, die eine operative Geschlechtsangleichung (Mann-Frau) erhalten hatte. Da religiöse Gruppen solche Operationen verteufelten und auf die Krankenhäuser Druck ausübten, mussten Transsexuelle zur chirurgischen Geschlechtsanpassung zunächst ins Ausland reisen, vor allem nach Casablanca und Mexiko. Im amerikanischen Inland wurden Transsexuelle weiterhin als Psychotiker angesehen, zwangshospitalisiert und mit Elektroschocks und Aversionstherapie „behandelt“.

Erst 1966 richtete das Johns Hopkins Medical Center in Baltimore eine Gender Identity Clinic ein, in der seitdem auch geschlechtsangleichende Maßnahmen durchgeführt wurden. Von 1969 an folgten weitere Fachkliniken, in denen namhafte Forscher wie Stanley Biber arbeiteten.
Magnus Hirschfeld, Institut für Sexualwissenschaft (1919)

Die theoretische und praktische Arbeit am Institut für Sexualwissenschaft ist von Hirschfelds Denken geprägt. Sein Ansatz knüpft an die Theorie von der Natürlichkeit des dritten Geschlechts, vom Urning als Mann mit weiblicher Seele an. Hirschfeld fertigt Gutachten über Personen an, bei deren Geschlechtszuordnung es Probleme gibt. Für das Gutachten ist ausschlaggebend:

1. welchem Geschlecht die Person angehören will,
2. ob der männliche oder der weibliche Anteil in Körper und Psyche überwiegt.

In die vierte Gruppe sexueller Zwischenstufen ordnet Hirschfeld diejenigen Menschen ein, deren Geistes- und Sinnesart zum anderen Geschlecht tendiert: z.B. Männer mit starker Neigung zum Putzen und Kochen, zu Eitelkeit oder zu Klatschsucht, und Frauen, welche an Energie und Großzügigkeit, Abstraktheit und Tiefe, ... an Tollkühnheit, Rauheit und Roheit den Durchschnittsmann hoch überragen (Hirschfeld 1925).

Als markanteste dieser psychosexuellen Zwischenstufen bezeichnet Hirschfeld den Transvestitismus. Der Begriff Transvestit ist eine Wortschöpfung von Hirschfeld. Er definiert Transvestitismus:
"Es ist dies der Drang, in der äußeren Gewandung des Geschlechtes aufzutreten, der eine Person nach ihren sichtbaren Geschlechtsorganen nicht zugehört. Wir haben diesen Trieb als transvestitischen bezeichnet, von trans entgegengesetzt und vestitus gekleidet, wobei wir gern zugeben wollen, daß mit diesem Namen nur das Augenfälligste der Erscheinung getroffen wird, weniger der innere rein psychologische Kern" (Hirschfeld 1918)
Transvestiten, denen stark daran liegt, ihren Vornamen der angestrebten Geschlechtzugehörigkeit anzupassen, bezeichnet Hirschfeld als Namenstransvestiten. Gemeinsam mit dem Rechtsanwalt Walther Niemann setzt er sich für die Realisierung dieses Wunsches ein. Anfang der 20er Jahre dürfen männliche und weibliche Transvestiten mit behördlicher Genehmigung ihre Vornamen in geschlechtsneutrale umändern, z.B. in Alex, Toni oder Gert.

Ende der 20er Jahre berichtet sein Institutskollege Felix Abraham über die ersten operativen Genitalumwandlungen, die unter der Mitwirkung von Ludwig Levy-Lenz durchgeführt werden. In der Regel gibt es eine Schrittfolge auf dem Weg zum anderen Geschlecht: Namensänderung, Transvestitenschein, Operation. Eine Reihenfolge und Logik, die auch heute - ein knappes Jahrhundert später - noch im Transsexuellengesetz wiederzufinden ist.

Quelle u.a.: Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft e.V., Berlin


Hans Giese, Deutsche Gesellschaft für Sexualforschung (1950)

Die Deutsche Gesellschaft für Sexualforschung (DGfS) wurde 1950 auf Initiative von Hans Giese mit dem Ziel gegründet, die Sexualwissenschaft in Forschung, Lehre und Praxis zu fördern. Sie ist nicht nur die älteste, sondern auch die größte deutsche Fachgesellschaft für Sexualwissenschaft.

Die interdisziplinäre Ausrichtung der DGfS zeigt sich auch an den Fachrichtungen ihrer gegenwärtigen Mitglieder, die als ÄrztInnen, PsychologInnen, PsychoanalytikeInnen, SoziologInnen, JuristInnen und KulturwissenschaftlerInnen in unterschiedlichen universitären und außeruniversitären Institutionen tätig sind.

Durch die von ihr vorgelegten Forschungsberichte, Gutachten und öffentlichen Stellungnahmen hat die Gesellschaft in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder Entscheidungen des Gesetzgebers und der höchsten Gerichte maßgeblich beeinflusst. Das gilt insbesondere für die Reformen des Sexualstrafrechts und deren rechtliche Auslegung sowie für das so genannte Transsexuellengesetz.

Die wichtigsten Aktivitäten der letzten Jahre waren


Krause, W. F. J., E. Schorsch, V. Sigusch, M. Walter und R. Wille: Medizinisch-rechtliche Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Sexualforschung zum Transsexualismus. Eingabe an den Bundesminister für Justiz der Bundesrepublik Deutschland vom 18. Juni 1974
Sigusch, V. (für den Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Sexualforschung), R. Gindorf und H. Kentler (für den Vorstand der Gesellschaft zur Förderung sozialwissenschaftlicher Sexualforschung): Gemeinsamer Appell der deutschen sexualwissenschaftlichen Gesellschaften an den Deutschen Bundesrat und die Ministerpräsidenten der Länder zugunsten eines Transsexuellen-Gesetzes vom 28. Februar 1979.
Sophinette Becker, Verabschiedung von Standards zur Behandlung und Begutachtung von Transsexuellen (gemeinsam mit der Akademie für Sexualmedizin und der Gesellschaft für Sexualwissenschaft), 1997
Stellungnahme zur Anfrage des Bundesministeriums des Inneren zur Revision des Transsexuellengesetzes, 2001
Quelle: Deutsche Gesellschaft für Sexualforschung



Harry Benjamin, The Transsexual Phenomenon (1966)


Harry Benjamin (* 12. Januar 1885 in Berlin; † 24. August 1986 in New York) war ein deutsch-amerikanischer Psychologe und Pionier auf dem Forschungsgebiet der Transsexualität. Er nahm in den 20er Jahren an den Veranstaltungen der Weltliga für Sexualreform und des Instituts für Sexualwissenschaft teil, wo er Bekanntschaft mit dem deutschen Sexualforscher Magnus Hirschfeld und seinem Mitarbeiter Arthur Kronfeld machte.

Dr. Benjamin war der erste Arzt und Wissenschaftler, der zwischen abweichender Geschlechtsidentität und Homosexualität unterschied. Er sah Transsexuelle nicht als psychisch kranke Männer wie die meisten Psychiater seiner Zeit, sondern erkannte, dass körperliches Geschlecht und Geschlechtsidentität von einander abweichen konnten. Um ihr Leiden zu lindern, begann er Östrogene zu verschreiben. Er machte auch Nachuntersuchungen bei Operierten und überwies Patientinnen mit ausgeprägter Transsexualität zu den besten Chirurgen.

Sein 1966 erschienenes Buch The Transsexual Phenomenon machte dieses Thema einer breiten Öffentlichkeit bekannt. In diesem schrieb er u.a.: „Der dominierende Status der Genitalien für die Geschlechtsbestimmung ist mindestens in der Welt der Wissenschaft in Frage gestellt worden.“. Daß es sich bei transsexuellen Frauen wirklich um gebürtige Frauen gehandelt hat, war für ihn nicht nur bloße Spekulation, sondern Kern der Überlegungen zum Thema Transsexualität.

„Wir verwenden in der Sprache immer noch den Begriff des "Mannes", wenn ein Hoden und ein Penis existiert, und einer "Frau" wenn wir Eierstöcke und eine Scheide vorfinden. Die Genetiker haben uns aber zu Kenntnissen über das "chromosomales Geschlecht" verholfen, welches nicht immer gleich wie das anatomische sein muss. Wie viel Unbekanntes wir noch entdecken werden, kann niemand sagen. Sogar der Begriff "Transsexualismus" kann sich als unpassend erweisen, wenn es sich jemals zeigen sollte, dass ein anatomisch normaler männlicher Transsexueller eine genetische Frau, oder wenigstens nicht ein wirklich genetisch normaler Mann sein kann. In solchem Fall würden wir uns mit einem Transgenital-Wunsch statt einer Transsexualität befassen.“

Obwohl er der Psychoanalyse skeptisch gegenüber stand, insbesondere der Theorie, die Transsexualität als rein psychisches Problem betrachten wollte, enstand 1979 in San Diego eine ständige Kommission, die sich - nach seinem Namen - Harry Benjamin International Gender Dysphoria Association, Inc. nannte (mittlerweile The World Professional Association for Transgender Health). Diese Organisation etablierte - insbesondere in der Zeit des Vorsitzes durch den deutschen Psychoanalytiker Friedemann Pfäfflin - den Begriff "Geschlechtsidentitätsstörung", ganz im Gegensatz zu Benjamins ursprünglichen Überlegungen, dass es sich bei Transsexualität eigentlich um eine besondere Form der Intersexualität handele:
„Die Naturgesetze kennen jedoch kein Tabu, und Tatsachen bleiben Tatsachen. Intersexualität besteht im Körper als auch im Geiste.“



John Money, Man & Woman, Boy & Girl (1972)


John William Money, Ph.D. (* 8. Juli 1921; † 7. Juli 2006) war ein Psychologe und ein Sexologe, der durch seine Forschungen im Bereich der sexuellen Identität und in der Biologie der Geschlechter bekannt wurde. Money stellte einige einige Theorien über Geschlechtidentität und Geschlechterrollen auf, die insbesondere von Psychanalytikern und Gendertheoretikern übernommen wurden, wie z.B. die These, dass Geschlechtsidentität nicht angeboren sei. Diese Logik findet sich in den meisten Gesetzgebungen (u.a. auch im 2007 noch gültigen Transsexuellengesetz in Deutschland) und den medizinischen Standards zur Behandlung transsexueller Menschen wieder.

Seine Theorien veröffentlichte er im Jahr 1972 mit dem Buch Man & Woman, Boy & Girl: Gender Identity from Conception to Maturity. In diesem erwähnte er auch David Reimer, durch dessen Fall er später zweifelhafte Bekanntheit erlangte.

David Reimer war ein Zwillingsjunge, der auf Beratung John Moneys als Mädchen aufgezogen wurde, nachdem sein (durch ein medizinischen Unfall nicht mehr zu rettender) Penis bei der Geburt in eine Vagina umoperiert wurde. Dieser Junge entwickelte entgegen der Gendertheorien Moneys alledings nie eine weibliche Geschlechtsidentität und nahm sich 2004 im Alter von 38 Jahren das Leben. Money hingegen erhielt zwei Jahre vorher im Jahr 2002 noch die Magnus-Hirschfeld-Medallie durch die Deutsche Gesellschaft für Sozialwissenschaftliche Sexualforschung (DGSS). Diese Medallie wird für besondere Verdienste um Sexualwissenschaft und Sexualreform verliehen.

Bis zuletzt leugnete Money seine Fehler und behauptete, der Selbstmord Reimers wäre auf Grund der Einflüsse einer "antifeministischen Bewegung" zu Stande gekommen.



Volkmar Sigusch, International Academy for Sex Research (1973)


Volkmar Sigusch (* 11. Juni 1940 in Bad Freienwalde (Oder)), ist ein Sexualforscher, Arzt und Soziologe. Er war Direktor des Instituts für Sexualwissenschaft am Klinikum der Goethe-Universität Frankfurt am Main.

Sigusch hat Medizin, Psychologie und Philosophie (bei Horkheimer und Adorno) in Frankfurt am Main, Berlin und Hamburg studiert. An der Universität Hamburg habilitierte er sich 1972 nach einer psychiatrischen Ausbildung für das damals erstmalig von einer Universität als selbstständig anerkannte Fach „Sexualwissenschaft“.

Sigusch gründete zusammen mit William Masters, John Money, Gunter Schmidt u.a. 1973 die International Academy for Sex Research, beeinflusste in den End-70ern maßgeblich die Formulierungen des Transsexuellengesetzes, und ist heute einer der international einflussreichsten Sexualwissenschaftler. Sigusch war mehrfach Erster Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Sexualforschung, der ältesten und größten Fachgesellschaft in Deutschland. In einem seiner Aufsätze heisst es:

In meinem Kommentar zum Transsexuellengesetz, an dessen Formulierung ich nicht ganz unbeteiligt war, heißt es apodiktisch: »Der Transsexualimus ist eine seelische Krankheit und gehört daher mit seelischen Mitteln behandelt« (Sigusch, 1980a, S. 2745).(aus: Transsexueller Wunsch und zissexuelle Abwehr, Ein Artikel aus der Fachzeitschrift Psyche des Jahres 1994.)

Quelle u.a.: Wikipedia



HBIGDA (1979)

Im Jahr 1979 gründete sich in San Diego die Harry Benjamin International Gender Dysphoria Association, Inc. (heute: The World Professional Association for Transgender Health, Inc.), eine Organisation, die grossen Einfluss auf die juristische und medizinische Behandlung von transsexuellen Menschen weltweit hat. Die ehemalige HBIGDA ist bekannt für die Herausgabe der sogenannten Standards of Care, der Leitlinien zur Behandlung von Menschen, basierend auf der Theorie der "Geschlechtsidentitätsstörung" und der psychoanalytischen These, Geschlecht sei nicht angeboren. Die Deutschen Standards of Care wurden von Sophinette Becker, einer Kollegin Volkmar Siguschs, in den 90er Jahren (1996-1998) erarbeitet, kurze Zeit nachdem der Begriff "Transsexualität" im Diagnostischen Manual der Psychischen Störungen (DSM IV) durch das Wort "Geschlechtsidentitätsstörung" ersetzt wurde.

Das offizielle Internet-Journal der HBIGDA nennt sich "International Journal of Transgenderism", das u.a. von Friedemann Pfäfflin, einem deutschen Psychoanalytiker herausgegeben wird, der für die Änderung des DSM in den 90er-Jahren mitverantwortlich war.



Judith Butler, Gender Trouble (1989) 

Judith Butler (* 24. Februar 1956 in Cleveland, Ohio) ist eine amerikanische Professorin für Rhetorik und vergleichende Literaturwissenschaft an der European Graduate School und an der University of California, Berkeley in Berkeley.

Einer von Judith Butlers wichtigsten Beiträgen ist ein performatives Modell von Geschlecht, in welchem die Kategorien "männlich" und "weiblich" als Wiederholung von Handlungen verstanden werden, und nicht als natürliche oder unausweichliche Materialisierungen. Bei Judith Butler zeigt sich die Performanz als Akt der Verkörperung, mit der die Identität z.B. des Geschlechts konstruiert wird. Durch Zeichen und Sprechakte wird diese Identität markiert als weiblich oder männlich.
"Der Ausruf der Hebamme „Ein Mädchen!“ ist demnach nicht nur als konstative Feststellung zu verstehen, sondern auch als direktiver Sprechakt: „Werde ein Mädchen!“ Die Performativität der Geschlechter resultiert also aus dem Zusammenspiel von politischen performatives und theatralen performances."
Judith Butler bedient sich in ihrer Analyse verschiedenster Theorien und Forschungsansätze, unter anderem derer des Psychoanalytikers Sigmund Freud.

Butler vertritt die Auffassung, dass Geschlecht ausschließlich eine soziale Kategorie darstellt, die dem Körper ein biologisches Geschlecht einschreibt und stellt die biologische, binäre Konstruktion der Zweigeschlechtlichkeit radikal in Frage. Butler kehrt von der feministischen Idee einer Spaltung von Subjekten in soziales Geschlecht (gender) und biologisches Geschlecht (sex) ab und bricht mit der Annahme, dass Geschlecht eine natürliche Eigenschaft von Körpern ist, welche die Grundlage für eine natürliche Geschlechtsordnung bildet. Damit nimmt sie die Position ein, die bereits John Money vertreten hat, und wiederholt die These der nicht-angeborenen Geschlechtsidentität eines Menschen - eine These, nach der echte Transsexualität (im Sinne hirnorganischer Intersexualität) nicht existieren könnte.



Friedemann Pfäfflin, Vorschläge zum DSM IV (1993)


Friedemann Pfäfflin ist Leiter der im August 1995 neu eingerichteten Sektion Forensische Psychotherapie der Universität Ulm, nachdem er an der Psychiatrischen Klinik des Universitäts-Krankenhauses Eppendorf (dem Sitz der Deutschen Gesellschaft für Sexualforschung) in Hamburg tätig war, und nach Selbsteinschätzung über 600 transsexuelle Patienten begutachtete. Er war von 1995 bis 1997 Direktor der Harry Benjamin Association (heute WPATH), und ist für die Streichung des Begriffs "Transsexualität" im DSM-IV mitverantwortlich.

Pfäfflin streitet ab, dass es eine angeborene Geschlechtsidentität gibt und vertritt eine ähnliche Sichtweise wie sie Money, Sigusch aber auch Butler äussern - die der ausschließlichen sozialen Konstruktion von Geschlecht. Obwohl es bereits Untersuchungen aus der Neurobiologie gibt (u.a. von Dick Swaab, Amsterdam), unterstütze er im Jahr 2006 einen Aufruf der englischen Organisation Gender Identity Research and Education Society, kurz GIRES nicht (in der sich auch Milton Diamond engagiert), der die Angeborenheit von Transsexualität unterstreichen wollte.

Zu seinen Gründen der Nicht-Unterstützung zählten:
1. Die Phänomenologie der Geschlechtsidentitätsstörungen beschreibt eine riesige Bandbreite, daß sie nicht anhand eines einzigen Faktors erklärt werden kann
2. Die Rolle des Bed Nucleus des Hypothalamus wird überbewertet
3. Menschen, die ihre Geschlechtsumwandlungsoperation bereuen, widersprächen biologischen Erklärungen
4. Biologische Erklärungsmodelle können sowohl für, aber auch gegen die Patienten verwendet werden
5. Die gesetzliche und soziale Anerkennung von Transgender-Personen braucht die Biologie als Argument nicht
Pfäfflin spricht auf einer Tagung der HBIGDA im Jahr 1995 in Ulm bei transsexuellen Menschen von "Männern, die sich als Frauen erleben und Frauen, die sich als Männer erleben". (Einer Tagung auf der bereits die Untersuchungen des Neurobiologen Dick Swaab zur Sprache kamen). Ebenfalls aus seinem Wortschatz stammen Begriffe wie "transsexuelle Neigung" oder "transsexuelle Abwehr", die Pfäfflins Glaube an eine psychische Störung deutlich machen. In seinem Buch "Transsexualität. Beiträge zur Psychopathologie, Psychodynamik und zum Verlauf" aus dem Jahr 1993 stellt er seine Argumente zur DSM-Überarbeitung vor, die danach so ähnlich auch eingetreten sind. Neben der Änderung der Bezeichungen von Transsexualität zu dem Über-Begriff "Geschlechtsidentitätsstörung" (der zum ersten mal 1980 durch die APA im DSM III eingeführt wurde) ging es darum, die Diagnostik derart zu ändern, daß Hormonbehandlung und chirugrische Eingriffe bei Menschen mit einer "Geschlechtsidentitätsstörung" nicht unbedingt mehr zur Behandlung gehören sollten (Siehe auch: Sophinette Becker, Transsexualität -Geschlechtsidentitätsstörung, Götz Kockott/Eva-Maria Fahrner (Hrsg) : Sexualstörungen. Thieme Verlag, 2004).



Milton Diamond, Fall Reimer (1997)


Milton Diamond (* 6. März 1934 in New York) ist Professor für Anatomie und reproduktive Biologie an der Universität Hawaii. Er ist langjähriger Experte im Bereich der menschlichen Sexualität und Geschlechterforschung.

Bekannt wurde er dadurch, dass er den Fall Reimer an die Öffentlichkeit brachte, die Geschichte des Jungen, der als Mädchen aufgezogen wurde. Zusammen mit Dr. H. Keith Sigmundson kam Diamond zum Ergebnis, dass die Geschlechtsumwandlung Reimers mißlungen war. Dieser Fall wurde der meist umstrittene Fall der psychologischen Literatur der letzten Jahre, da er die Aussagen verdeutlichte, die transsexuelle Menschen seit Jahrhunderten äussern, den Satz "Ich bin im falschen Körper geboren" in welchem das Wissen um die gegengeschlechtliche Körperlichkeit - durch Vorhandensein dem Geburtsgeschlecht entgegenstehender Fortpflanzungsorgane - enthalten ist. Diese Anerkennung dieses Wissens ist die Anerkennung transsexueller Menschen, die heute noch von den meisten Gesetzgebungen weltweit verhindert wird - unter Berufung auf psychoanalytische Thesen der Nichtangeborenheit von Transsexualität nach Money und Butler.
Das Gehirn - Das wichtigste Sexual-Organ

a) Untersuchungen von G. Stalla

Dass das Geschlecht eines Menschen vom Einfluss der Hormone in den ersten Wochen nach der Zeugung abhängt, vermutet Günther Stalla.

Der Neuroendokrinologe Günter Karl Stalla und seine Mitarbeiter vom Max-Planck-Institut für Psychiatrie in München überprüften die Hypothese, dass Hormonstörungen für Transsexualität mitverantwortlich sind. Dazu bestimmten sie bei mehr als 100 transsexuellen Menschen das Verhältnis der Länge von Zeige- zu Ringfinger. Die Differenz ist umso größer, je weniger männliche Geschlechtshormone in der 7. Schwangerschaftswoche auf das Embryo einwirken.

Bei transsexuellen Frauen fanden die Forscher eine andere Relation der Fingerlänge als bei Männern. Die Fingergröße der transsexuellen Frauen entsprach in etwa der von nicht-transsexuellen Frauen. Das zeigt, dass transsexuelle Frauen im Mutterleib geringeren Mengen Androgen ausgesetzt waren als der Durchschnittsmann, meinet Herr Stalla.

Doch dass Hormone die einzigen Einflussfaktoren bei der Entwicklungen eines geschlechtlichen Gehirns sind, wird inzwischen von Wissenschaftlern angezweifelt.



b) Vincent Harley und Eric Vilain

Es gibt neue Anzeichen dafür, dass das menschliche Gehirn sich viel früher in eine männliche und weibliche Richtung entwickelt, als bisher angenommen --- nämlich schon bevor Sexualhormone zum Tragen kommen. Biologen beginnen jetzt langsam zu verstehen, dass Hormone nicht als die einzige bestimmende Größe im Zusammenhang mit der Geschlechtsidentität des Gehirns gesehen werden können. Vielmehr ist es wahrscheinlich, dass männliche und weibliche Gehirne bereits schon vor dem größeren Einfluss von Geschlechtshormonen beginnen dürften sich in männlich und weiblich zu trennen.
"Es gibt zwar viele Anzeichen dafür, dass Hormone für die Geschlechtsidentität menschlicher Gehirne verantwortlich sind, aber das ist bei weitem nicht alles", sagt Eric Vilain, Genetiker der University of California.
Die neuen Erkenntnisse über genetische und andere Faktoren im Zusammenhang mit der Geschlechtsentwicklung von Gehirnen könnten Erklärungen für Transsexualität liefern. Und vielleicht könnten solch neue Erkenntnisse zu medizinischen Tests führen, die es erlauben würden festzustellen, ob ein neugeborenes Kind sich später als Mann oder Frau versteht.

Vincent Harley und Eric Vilain hoffen herauszufinden, ob es eine genetische Grundlage für Transsexualität gibt. Studien über die Verhältnisse in Familien haben zu Untersuchungen geführt, die der Frage nachgehen, in wie weit genetische Faktoren eine Rolle spielen können.
"Einige der Gene, die zwischen Männern und Frauen im Gehirn unterschiedlich sind, könnten bei Transsexuellen vertauscht sein". vermutet Vilain.

Erste Untersuchungen beschäftigen sich nun mit drei Genen, die auf den Geschlechtschromosomen zu finden sind. Von diesen drei Genen weiß man, dass sie zuständig dafür sind, die für die Aktivität von anderen Genen zuständigen Eiweis-Ketten zu entschlüsseln.
"Da gibt es dieses Stigma, dass Transsexualität eine Wahl des Lebensstils ist. Es könnte sehr befreiend für sie sein, falls wir zeigen können, dass es für Transsexualität eine genetische oder biologische Grundlage gibt."
Vilain hofft, dass diese Untersuchungen zu Tests führen könnten, die vor allem im Zusammenhang mit Intersexualität herausfindbar machen, ob nun ein Neugeborenes später sich mehr als Mann oder als Frau sehen wird.
"Geschlecht ist nicht einfach nut das X und Y Chromosom", sagt er.
Viele unterschiedliche Gene sind dafür verantwortlich und falls Gen-Abweichungen dafür zuständig sind, ob sich ein Mensch männlich oder weiblich fühlt, dann kann es irgendwann sogar möglich sein durch eine Blutabnahme bei einem Menschen mit Intersexuellem Syndrom herauszufinden welche DNA-Abschnitte er den nun hat.



c) Radiologen der Uni Essen

Radiologen der Uni Essen haben festgestellt: Das Gehirn transsexueller Frauen, reagiert typisch weiblich auf visuelle erotische Stimuli. In einer Studie mit funktioneller Magnetresonanztomographie zeigt sich eher ein weibliches Aktivierungsmuster der verschiedenen Gehirnareale. Diese Beobachtung haben Radiologen der Uni Essen gemacht.

Untersucht wurden je zwölf nicht-transsexuelle Männer und Frauen sowie zwölf transsexuelle Frauen. Die Radiologen der Uni Essen haben den Versuchspersonen während einer Magnetresonanztomographie des Gehirns Filmsequenzen mit erotischem Inhalt vorgespielt.

Wie Dr. Elke Gizewski beim Röntgenkongress in Berlin betonte, ist bereits aus Voruntersuchungen anderer Gruppen bekannt, dass sich bei Männern und Frauen in der Magnetresonanztomographie Unterschiede zeigen, wenn erotische Stimuli präsentiert werden.

So wird bei Männern durch erotische Stimuli das limbische System stärker aktiviert, als bei Frauen. Was stärker aktiviert wird, sind vor allem Regionen im Hypothalamus, in den Mandelkernen und im Inselkortex.

Bei den transsexuellen Frauen gab es diese spezifisch männliche Aktivierung des limbischen Systems nicht. Die Gehirne der transsexuellen Frauen reagierten also auf erotische Stimuli, genau wie die Hirne von nicht-transsexuellen Frauen.

Die Radiologen können also das, was die transsexuellen Frauen angeben - dass sie sich nämlich "wie im falschen Körper" empfinden - anhand der Aktivierung des Gehirns auf erotische Stimuli bestätigen. Trotz des männlichen Körpers, trotz männlicher Hormone, reagieren die Gehirne transsexueller Frauen wie ganz normale Frauengehirne.


d) Zhou, Hofman, Gooren and Swaab

Dass dies nicht weiter verwundert, da transsexuelle Frauen, im Gegensatz zu ihrem männlichen Körperbau, nämlich anatomisch weibliche Gehirne haben, konnten die Wissenschaftler Zhou, Hofman, Gooren and Swaab zeigen.
Die Wissenschaftler Zhou, Hofman, Gooren and Swaab kamen 1997 auf Grund von Tierexperimenten zu der Hypothese, dass die geschlechtliche Differenzierung des Gehirns von Transsexuellen nicht der Linie der Geschlechtsdifferenzierung des Körpers als Ganzem folgt.
So kommt es anscheinend bei einer transsexuellen Frau zur Bildung eines weiblichen Gehirns in einem männlichen Körper. Zhou, Hofman, Gooren und Swaab untersuchten 1997 Gehirne von transsexuellen Frauen und entdeckten dabei folgendes:
„... zeigen wir, dass die Größe der zentralen Unterteilung des bed nucleus der stria terminalis (BSTc), ein Bereich des Gehirns, der essenziell für das geschlechtliche Verhalten ist, bei Männern größer ist als bei Frauen. In transsexuellen Frauen wurde ein BSTc der Größe wie bei nicht-transsexuellen Frauen gefunden. ... Unsere Studie ist die erste, die eine weibliche Gehirnstruktur in genetisch männlichen Transsexuellen zeigt."
Oder einfach ausgedrückt: Die untersuchten transsexuellen Frauen hatten alle anatomisch weibliche Gehirne.

Transsexuelle Frauen, also Frauen mit Penis und Hoden, haben ein anatomisch weibliches Gehirn, ihre Gehirne zeigen in einer Magnetresonanztomographie typisch weibliche Reaktionen. Transsexuelle Frauen sind also Frauen, weil sie ein weibliches Gehirn haben, Frauen, bei denen das Geschlecht des Gehirns vom Körper abweicht. Transsexuelle Frauen, sind Frauen, die mit den falschen Fortpflanzungsorganen geboren werden.



e) Heute - Deutschland

Zurzeit wird in Deutschland immer noch nicht anerkannt, dass Transsexualität eine körperliche Störung ist, dass Transsexuelle Frauen, Frauen sind, die dummerweise mit Penis und Hoden geboren wurden. Obwohl das Bundesverfassungsgericht sich bereits 1978 äußerte, dass das Gehirn, bzw. die Psyche (und damit das Gehirn) eines Menschen als geschlechtsspezifischer anzusehen ist, als der Körper.

"Es müsse aber heute als gesicherte medizinische Erkenntnis angesehen werden, daß die Geschlechtlichkeit eines Menschen nicht allein durch die Beschaffenheit der Geschlechtsorgane und -merkmale bestimmt werde, sondern auch durch die Psyche."

Es wäre so einfach, wissenschaftliche Erkenntnisse an zu erkennen, aber leider verhindert es der Widerstand der psychoanalytischen Gesellschaft, die sich Deutsche Gesellschaft für Sexualforschung nennt. Für sie sind bis heute transsexuelle Frauen keine Frauen, sondern Männer, die sich wünschen Frauen zu sein. Für sie ist also der Körper geschlechtsbestimmender (deshalb das Wort „Männer"), als die Psyche. Transsexuelle Frauen, sind FRAUEN, weil das Gehirn, die Psyche, unser Ich, unser Selbst, unser Geschlecht bestimmt und nicht irgendwelche „Fleischwülste" zwischen den Beinen.

Transsexuelle Menschen müssen die Möglichkeit haben, ohne sich als verrückt erklären zu müssen (also ohne ein Gutachterverfahren), ihren Vornamen und ihren Geschleichtseintrag (Personenstand) ändern zu lassen. Was ist daran so kompliziert?

Selbst wenn wir dies erreichten, wären wir doch erst so weit, wie die Transsexuellen bei Magnus Hirschfeld vor 100 Jahren, am Anfang unserer Geschichte. - so weit hat uns eine geld- und machtgierige psychoanalytische Gesellschaft für Sexualforschung zurück geworfen...

Doch nicht mit Uns!

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