Copyright © 2011-2021 Nikita Noemi Rothenbächer- Alle
Rechte vorbehalten!
Bearbeitet von Nikita Noemi
Rothenbächer 2012
Bitte kopiert den Link und gebt
diesen euren Verwandten, Freunde, Bekannten und Familie denn Information beugt
vor, einer Minderheit anzugehören!
Meine Damen und
Herren liebe Leser, auch in diesem Blog tauchen immer wieder Berichte auf, in
welchen die Rede ist von Transphobie und Diskriminierung, ob diese im
Gesellschaftlichen Rahmen oder jeglichen Sozialen Strukturen aber auch dem und
vor allem dem Arbeitsmarkt!
Was macht die
Bundes-Regierung unsere Politiker gegen diese Diskriminierung bzw. Transphobie,
was machen die Arbeitsämter und was müssen Trans-Gender tun, um diese Zustände
in Deutschland zu ändern bzw. zu bekämpfen!
Dass es zwischen
Diskriminierung Homo-und Transphobie Unterschiede gibt, ist ersichtlich für
jeden welcher sich mit der Thematik befasst, ist ein Fakt!
Jedoch auch nach
Stunden langen Recherchen gibt es außer viel geschrieben meist mit denselben
Aussagen nicht viel, was man als Forschungsstand zu Trans-Gender und
Diskriminierung findet!
Mit diesem Beitrag
möchte ich diese Lücke schließen!
Mit freundlichen
Grüßen Nikita Noemi Rothenbächer
Forschungsstand zu
Trans* und Diskriminierung
Begriffsdefinitionen: Homo- und Transphobie, Hassverbrechen
Homophobie ist definiert als negative Einstellung gegenüber
Homosexuellen.
Allerdings wird an der Verwendung des aus der Psychologie
entlehnten Begriffes „Phobie“ kritisiert,
dass es sich nicht um individuelle Phobien, sondern um
gesellschaftlich erlernte und strukturell verwurzelte Einstellungen handele
Hill und Willoughby beschreiben Transphobie als „emotionale Verachtung für
Individuen, die nicht den Geschlechtserwartungen der Gesellschaft entsprechen“.
Sugano et al. (2006)
definieren Transphobie darüber hinaus als „gesellschaftliche Diskriminierung
und Stigmatisierung von Individuen, die nicht den traditionellen Normen des
biologischen und sozialen Geschlechts entsprechen“.
Damit betrifft Transphobie im
Unterschied zu Homophobie
(auch) die Bereiche Geschlechtsidentität und -körper. Homo-
und Transphobie überschneiden sich jedoch auch, weil sie jeweils auf
Irritationen aufgrund des Geschlechtsausdrucks einer Person basieren.
So beschreiben Turner et al. (2009) Transphobie als „die
irrationale Reaktion auf solche Menschen, die nicht mit der sozio-kulturellen
Ideologie der Gender-Konformität übereinstimmen“.
Besonders diejenigen, die sichtbar trans* sind (weil sie
z.B. im gelebten Geschlecht kein Passing erreichen bzw. weil sie
gesellschaftlichen Geschlechternormen nicht entsprechen), seien einem höheren
Risiko ausgesetzt, Opfer von durch Transphobie motivierter Gewalt zu werden.
Solche „nicht
passenden“ Menschen werden möglicherweise auch als feminine Männer bzw.
männliche Frauen gelesen und mit den Zuschreibungen „schwul“ bzw. „lesbisch“
belegt und damit aus homophober Motivation heraus angegriffen (vgl.
Plöderl/Faistauer 2007).
Das Konzept des Hassverbrechens stammt aus den USA. Es hat
in Deutschland bislang keinen Eingang in das Strafrecht gefunden und wurde
nicht definitorisch gefasst. ILGAEurope definiert Hassverbrechen als einen Akt
der Aggression und Gewalt, der bestimmte Menschen aufgrund ihrer (angenommenen)
Zugehörigkeit zu einer diskriminierten Gruppe betrifft.
Laut OSZE setzen sich Hassverbrechen aus zwei Elementen
zusammen: Gesetzeswidrigkeit und Vorurteil als Motiv. Somit stellt ein
Hassverbrechen keine gesonderte Straftat dar, sondern beschreibt konzeptionell
die Vorurteilsbasiertheit von strafrechtlich relevanten Gewaltakten wie
Einschüchterung, Bedrohung, Verursachung von Sachschäden, körperlichen
Angriffen bis hin zu Mord.
Das Europäische
Parlament verhandelt den Schutz vor Hassverbrechen aufgrund von Homo- und
Transphobie gemeinsam. In einer Entschließung zu Homophobie fordert es die
Mitgliedstaaten auf „sicher zu stellen, dass Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transsexuelle
vor Aufhetzung und Gewalt geschützt sind, und zu gewährleisten, dass
gleichgeschlechtlichen Partnern derselbe Respekt, dieselbe Achtung und derselbe
Schutz zuteile wird, wie den übrigen Bürgern der Gesellschaft“.
Der Europarat plädiert in Einklang mit der OSZE (2009) für
die Erfassung von Transphobie als strafverschärfendem Tatbestandsmotiv, da
„Gesellschaften, die besondere Vorurteile verwerfen, die Botschaft an die
Angreifenden und die Communities der Opfer senden, dass ein solches Verhalten in
einer mitmenschlichen Gesellschaft nicht toleriert würde und (…) das Justiz-
und Strafverfolgungssystem sie beschütze“.
So sind laut der
europaweiten Studie „Hate Crimes in the OSCE Region“, an der sich auch
Deutschland beteiligte, 6% Transgender unter allen Hassgewaltopfern.
In Deutschland wie in den meisten Staaten des Europarates
gibt es keine spezielle Gesetzgebung, in der Hassgewalt, die sich gegen
Menschen mit nonkonformer geschlechtlicher Identität richtet, strafverschärfend
geahndet wird.
Eine solche Strafverfolgung wird von einigen nationalen und
internationalen LSBT-Organisationen begrüßt und eingefordert, dies auch, um
Statistiken zu Gewalt und ihren Motiven zu generieren und Konzepte zur
Prävention und Intervention zu entwerfen.
Aus Rassismus
kritischer bzw. postkolonial-queerer Perspektive wird die Bildung von
Täter-innengruppen kritisch diskutiert (vgl. Haritaworn et al. 2007, 2008). Die
o.a. Maßnahmen trügen wenig dazu bei, Gewalt zu vermindern, sondern stünden im
Kontext struktureller Gewalt u.a. in Form von Rassismus sowie staatlicher
Machtausübung durch einen vorwiegend Weißen Justiz- und Polizeiapparat.
Unmittelbare und mittelbare Diskriminierung, positive Maßnahmen
Nach § 3 Abs. 1 AGG liegt eine unmittelbare Diskriminierung
vor, „wenn eine Person eine weniger günstige Behandlung (im Sinne des § 1 AGG)
erfährt, erfahren hat oder erfahren würde als eine andere Person in einer
vergleichbaren Situation.“
Für den Kreis von Trans*Menschen betrifft eine unmittelbare
oder auch direkte Diskriminierung eine Situation, in der eine Trans*Person
eindeutig aus dem Grund benachteiligt wird, dass sie_er dem einen oder anderen
der beiden gesellschaftlich akzeptierten Geschlechter angehört bzw. jenem
zugeordnet wird und gleichzeitig den entsprechenden stereotypen Vorstellungen
von Männern bzw. Frauen nicht entspricht.
Transgender Europe (TGEU) identifizierte anlässlich der
diesjährigen Konferenz „(Trans)Gender Equality?“ im Europäischen Parlament
Hassverbrechen und die Verweigerung des gleichberechtigten Zugangs zu
Dienstleistungen, Arbeitsmarkt, Aus- und Fortbildung etc. als Formen der
direkten bzw. unmittelbaren Diskriminierung.
Auch Trans*Menschen können von intersektionalen, also
mehreren sich überschneidenden und gegenseitig verstärkenden, Diskriminierungen
und Diskriminierungsmotiven betroffen sein, die in ihrer Zugehörigkeit zu
weiteren stigmatisierten Gruppen begründet liegen (also von Trans- und Homophie
und ggf. Rassismus oder Klassismus; vgl. Singh et al. 2010; Dietze et al.
2007).
Nach § 3 Abs. 2 AGG gilt als mittelbare Diskriminierung,
„wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren
Personen gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen (im
Sinne des § 1 AGG), es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder
Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt.“
Im Unterschied zu einer unmittelbaren oder direkten
Diskriminierung bedarf es demnach nicht eines intentionalen oder beliebigen
Verhaltens in der Interaktion zwischen Personen. Es reicht aus, dass die
festgestellte Ungleichbehandlung strukturell verankert und nicht sachlich
gerechtfertigt ist. Mittelbar diskriminiert werden Trans*Menschen nach
Auffassung von TGEU z.B., wenn es ihnen aufgrund ihres Trans*Status, also ihrer
körperlichen Geschlechtszugehörigkeit, die nicht im Einklang mit ihrem
Geschlechtsempfinden steht, nicht möglich ist, ihren Namen oder ihren
Geschlechtseintrag zu ändern, und ihnen dadurch die rechtliche Anerkennung
ihrer geschlechtlichen Identität fehlt.
Im deutschen Rechtssystem ist diese Möglichkeit zwar im
Transsexuellengesetz (TSG) vorgesehen, jedoch werden hier Trans*Menschen u.a.
durch die Vorschrift der Unfruchtbarkeit mittelbar diskriminiert, indem sie
dadurch vom Recht auf Familiengründung ausgeschlossen werden. Auch
Rechtsprechung kann mittelbar diskriminieren: Laut Entscheidung des
Verwaltungsgerichts Frankfurt stellt die Ablehnung eines trans*
Polizeianwärters wegen medikamentöser Hormonversorgung keine mittelbare
Diskriminierung aufgrund des Geschlechts dar (vgl. 2.5).
Die zur Begründung angeführten, dem Anschein nach neutralen
Vorschriften und Kriterien benachteiligen den Kläger aufgrund des Merkmals
„Geschlecht“ gegenüber nicht trans* Personen.
Positive Maßnahmen (auch „positive Diskriminierung“ genannt)
stammen ebenfalls aus dem angloamerikanischen Raum („affirmative Action“) und
bezeichnen die bewusste Bevorzugung von Mitgliedern einer Gruppe zum Ausgleich
bestehender struktureller Nachteile (z.B. Quotenregelungen für Frauen und
Menschen mit Behinderung). Bis zum Urteil des Europäischen Gerichtshofs im Fall
Marschall im Jahre 1998 war dies als Gleichstellungsmaßnahme umstritten, da
darin eine formale Benachteiligung derjenigen Menschen angelegt ist, die das
entsprechende Merkmal nicht aufweisen („umgekehrte Diskriminierung“). Seit
diesem EuGH-Urteil ist die bevorzugte Einstellung oder Beförderung z.B. von
Frauen bei gleicher Qualifikation erlaubt (Qualifikationsvorbehalt), sofern die
Einstellung oder Beförderung von Mitbewerber_innen nicht grundsätzlich
ausgeschlossen wird (Öffnungsklausel)
.
Das Instrument der positiven Maßnahmen ist sowohl im AGG (§
5) als auch im Vertrag von Lissabon zur Förderung der Gleichstellung (Art. 8)
vorgesehen. Klose/Merx (2010) betonen, dass sozioökonomisch nachweisbaren
strukturellen Nachteilen „insbesondere stereotype Vorstellungen über (…) Homo-,
Trans- oder Intersexuelle (…) im Unterschied zu vermeintlich ‚normalen‘
Menschen zugrunde liegen, die sich durch formale Gleichbehandlungsgebote allein
nicht überwinden lassen“.
Zu deren Überwindung sind positive Maßnahmen ein geeignetes
Mittel, auch wenn sie sogenannten „Gruppismus“ befördern, mit dem eine
Exklusionskritik („Dilemma der Differenz“) einhergeht.
Gerade Trans*Menschen
entziehen sich aufgrund ihrer unterschiedlichen Lebenslagen (Transmänner,
Transfrauen, vor/nach ihrer Transition , mit sicherem oder ohne Passing etc.)
gruppistischen Zuordnungen. Nichtsdestotrotz könnte es sich um ein
gleichstellungspolitisches Instrument handeln, das „durch geeignete und
angemessene Maßnahmen bestehende Nachteile (…) verhindert“ und besonders
kleinteilig zielgruppenspezifisch ausgleicht.
Bislang wurde das Instrument der positiven Maßnahmen auf
Trans*Personen in Deutschland jedoch nicht angewendet.
Zweigeschlechtlichkeit und Heteronormativität:
Benachteiligung von Trans*Menschen im Kontext
gesellschaftlicher Normierungsprozesse Diskriminierung und Gewalt gegenüber
LSBT-Personen richten sich gegen (angenommene) Abweichungen von Geschlechter-
und Sexualitätsnormen (vgl. Lombardi et al. 2002; Nagoshi et al. 2008; Whittle
et al. 2008). Diese werden oft als Zeichen von Homosexualität gelesen:
Es geht nicht um die
Identität der Angegriffenen (also z.B. nicht darum, ob eine als „Schwuchtel“
angegriffene Person sich selbst als schwul oder als transweiblich oder anders
definiert), sondern um die gewaltsame Durchsetzung einer heteronormativen Gesellschaftsordnung.
Heteronormativität beschreibt ein soziales Ordnungsmuster,
in dem zwei Geschlechter komplementär und hierarchisch aufeinander bezogen
sind. Die Institutionalisierung von Heterosexualität als soziale Norm basiert
auf der Marginalisierung, Dethematisierung, Kriminalisierung und
Pathologisierung anderer sexueller und geschlechtlicher Lebensweisen.
Geschlechtliche Ausdrucksweisen jenseits von nur zwei
komplementären Geschlechtern fallen aus dem Rahmen der Heteronormativität
heraus. Der Begriff der Zweigeschlechtlichkeit betont die darin enthaltene
normative Annahme, jeder Mensch gehöre sein Leben lang unveränderbar einem
einzigen von nur zwei Geschlechtern an.
Trans*Menschen werden in gravierendem Ausmaß Opfer verbaler und
körperlicher Gewalt.
Mizock/Lewis (2008) werteten US-amerikanische Studien zu
Hassverbrechen gegen Trans*Personen aus und stellten fest, dass diese mehr als
doppelt so häufig Opfer von Gewalttaten werden wie der Durchschnitt der
US-Bevölkerung (21%; nach einer Erhebung von 2005).
Dabei seien Trans*Personen besonders vulnerabel, deren
Geschlecht in den Augen anderer nicht eindeutig erscheine. Insbesondere
Transfrauen würden sehr häufig Opfer von Hassverbrechen.
Lombardi et al. (2002), deren Befragte zur Hälfte transphobe
Gewalt erfahren hatten, mehr als 25% in körperlicher Form, führen dies auf eine
Gesellschaft zurück, die heimlich oder sogar offen die „Bestrafung“ von
Überschreitungen der Geschlechternormen zulasse.
Nach Koch-Rein (2006) sollte die Berücksichtigung von
Transgender in Antidiskriminierungsmaßnahmen alle Menschen betreffen, die mit
ihren Lebensentwürfen und Verhaltensweisen die herkömmlichen
Geschlechtergrenzen überschreiten, „egal ob nun gewollt oder ungewollt, bewusst
oder unbewusst, nur in Fremd- oder auch in Selbstwahrnehmung, identitär oder
temporär.“
Koch-Rein spricht von geschlechternormenbasierter
Diskriminierung, „die ja potentiell alle, und gerade nicht nur solche Menschen
betrifft, die sich identitär oder bewusst transgressiv verorten.“
Schilt/Westbrook (2009) stellen auf der Grundlage von
Interviews zum Geschlechtswechsel am Arbeitsplatz fest, dass nonkonforme
Ausdrucksweisen von Geschlecht nicht selten als Bedrohung von Heterosexualität
gesehen werden. Cis-geschlechtliche Kolleg_innen versuchten oft, die Ordnung
wiederherzustellen, indem sie wiederum normative Bilder auf Trans*Personen
anlegten.
So sähen sie etwa die Transition eines Transmanns als
Wiederherstellung der Geschlechterordnung, indem eine „maskuline Frau“ (die
weibliche Rolle „verfehlend“, möglicherweise als lesbisch gelesen) in ihren
Augen zu einem die männliche Rolle erfüllenden (als heterosexuell gelesenen)
Mann werde.
Auch Connell
beschreibt, dass Trans*Personen sich am Arbeitsplatz oft in konventionelle
Geschlechternormen gezwängt und diszipliniert fühlen, trotz ihrer eigenen,
transgressiveren Geschlechterbilder.
In Deutschland beschreiben Interviewpartner_innen von
Schirmer (2010), dass die von Ihnen verkörperte Diskrepanz zwischen
Geschlechtszuschreibungen und Geschlechtsausdruck von Kund_innen bzw.
Geschäftspartner_innen als „die Regeln geschäftsmäßiger Höflichkeit verletzend“
und „peinlich“ gewertet worden sei.
Im Sinne des Konzepts geschlechtlicher Arbeit (Schirmer
2010) bedeutet der Verzicht auf das Bemühen, mit dem eigenen Äußeren und
Auftreten geschlechtliche „Eindeutigkeit“ herzustellen, u.a. den Verlust von
Anerkennung und Aufstiegsmöglichkeit.
Strukturelle Diskriminierung gegen Menschen, die von der
zweigeschlechtlichen Norm abweichen, schlägt sich u.a. im bundesdeutschen Transsexuellengesetz
sowie in der standardisierten medizinischen Diagnostik und Behandlung nieder.
Rauchfleisch (2007) benennt die mit der Diagnose Transsexualität erfolgende
Zuweisung eines Krankheitsstatus und die daraus resultierende Einschränkung der
Autonomie von Trans*Personen (Abhängigkeit von Gutachter_innen und anderen
Instanzen) als Diskriminierung.
Berliner Interviewpartner_innen von Balzer (2008)
beschreiben Diskriminierung durch Fremdzuschreibungen und mangelnde
Selbstbestimmung. Sie kritisieren das medizinische Begutachtungssystem und die
zugrunde liegende Zweigeschlechtlichkeit.
Geschlechtliche oder sexuelle „Uneindeutigkeit“ lassen
Gutachter_innen und Therapeutinnen noch immer an der Ernsthaftigkeit des
„transsexuellen Wunsches“ von Antragsteller_innen zweifeln.
Spade (2006) analysiert, wie Trans*Menschen bei der
Konstruktion von Biografien für Gutachter_innen Informationen herausfiltern,
die das Bild normativer Femininität bzw. Maskulinität stören würden, inklusive
Homosexualität oder befriedigender Sexualität im nicht veränderten Körper.
Trans*Menschen selbst beschreiben dagegen ein breites
Spektrum ihrer Sexualitäten und Umgangsweisen mit ihren Körpern.
Nach de Silva gehen die Anforderungen von Sachverständigen
regelmäßig über das TSG hinaus, indem subjektive Kriterien an die
Geschlechterrolle von Trans*Menschen quasi rechtlichen Status erlangen.
Lindemann kritisiert, dass der Zwang zur weitest gehenden
operativen Geschlechtsangleichung und zur Unfruchtbarkeit für die Änderung des
Geschlechtseintrags die Norm der Geschlechterpolarität auf Kosten der
Selbstbestimmung von Trans*Menschen warten.
De Silva argumentiert, die Verknüpfung des Personenstands
mit körperlichen Merkmalen und der daraus resultierende Operations- und
Unfruchtbarkeitszwang des TSG seien verfassungswidrig, da sie gegen das Recht
auf körperliche Unversehrtheit verstießen.
Zurzeit sind Klagen gegen diese Vorschrift des TSG anhängig.
Auch die Regelung des TSG, eine Vornamensänderung
abzuerkennen, wenn die betreffende Person sich fortpflanzt, halte eine
restriktive Geschlechterordnung aufrecht, in deren Logik es unbedingt zu
verhindern sei, dass Transmänner Kinder gebären bzw. Transfrauen Kinder zeugen.
Singer (2006) analysiert Zusammenhänge zwischen Normen
„schöner“ und „gesunder“ Körper und dem medizinischen Umgang mit
Trans*Menschen. Der objektivierende Blick auf „abweichende“ Körper trage dazu
bei, dass Ärzt_innen nicht in der Lage seien, die Vielfalt von trans* Körpern
und Identitäten wahrzunehmen. Dies und ihre häufig verunsicherte und
überforderte emotionale Reaktion führe oft zu schlechter medizinischer
Versorgung von Trans*Menschen.
Die Verweigerung einer rechtlichen Anerkennung von Identitäten,
die sich nicht als entweder männlich oder weiblich kategorisieren lassen (vgl.
Säfken 2008), klassifiziert die Existenz der betreffenden Menschen als
„unmöglich“, verbannt sie in die Unsichtbarkeit und hindert sie an der freien
Entfaltung ihrer Persönlichkeit.
Die medizinische
Definitionshoheit über die Anerkennung der geschlechtlichen Ausdrucksweise von
Trans*Menschen stellt eine Quelle machtvoller struktureller Diskriminierung
dar.
Um Diskriminierung von trans- und intergeschlechtlichen Menschen
benennen und erfassen zu können, wird im englischsprachigen Raum häufig neben
der Kategorie der geschlechtlichen Identität der Begriff gender Expression
(Geschlechtsausdruck) verwendet.
Vor dem Hintergrund gesellschaftlicher Heteronormativität
und Zweigeschlechtlichkeit ist der Anlass von Diskriminierung nicht unbedingt
die Identität einer Person, sondern das Abweichen von der geschlechtlichen
Norm.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen