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Rothenbächer 2012
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Jede sechste
Transperson verliert Job
In Wien durfte die transsexuelle Lehrerin Andrea S. ihre
Arbeit trotz anfänglicher Proteste behalten. Vielen weiteren Betroffenen
gelingt das nicht
Wien - Wolfgang Wilhelm rechnet bei den Schülern der HTL
Spengergasse mit "Offenheit" und "Neugierde" . Der Wiener
Antidiskriminierungsbeauftragte für gleichgeschlechtliche und
Transgenderlebensweisen soll an der Wiener Lehranstalt einen Workshop abhalten
- auf Ersuchen des Unterrichtsministeriums und noch in dieser Woche, um im
Konflikt um die transsexuelle Informatiklehrerin Andrea S. zu vermitteln.
"Nach einem Geschlechterwechsel muss es möglich sein,
den Arbeitsplatz zu behalten", stellt der Trouble-shooter klar. Mittels
Kurzvortrags und einer anschließenden Diskussion will er den Jugendlichen das
Thema Transsexualität näherbringen, das sie, ihre Eltern und die Schuldirektion
in der Person von Andrea S. jetzt persönlich betrifft. Die reale Konfrontation
mit Menschen zwischen den Geschlechtszugehörigkeiten, "die man sonst meist
nur in den Medien sieht", lasse die Toleranz zuweilen schwinden, weiß
Wilhelm.
"Auszeit" nahegelegt
Der 58-jährigen Andrea S., die vor dem Sommer als Mann in
die Ferien ging und zu Schulbeginn als Frau zurückkehrte, war vom Direktor eine
berufliche Auszeit nahegelegt worden. Nach einer Reihe von Berichten im Kurier
und im ORF wurde der Vorschlag zurückgezogen, S. unterrichtet weiter. Ihr
"Fall" und die Lage von Transgenderpersonen insgesamt war
Mittwochabend auch Thema im ORF-Club 2.
Kündigungen oder Androhungen damit sind laut
Gleichbehandlungsanwältin Ingrid Nikolay-Leitner auch in der Privatwirtschaft
der häufigste Grund für Transgenderpersonen, sich bei ihrer Stelle zu
beschweren. Doch es gebe nur wenige Fälle: "Einer in mehreren
Jahren." Dabei biete das auf EU-Richtlinien basierende
Gleichbehandlungsgesetz den Betroffenen umfassenden Schutz.
"Es ist eine Frage der Bekanntheit unserer Stelle unter
Transgenderpersonen", mutmaßt Nikolay-Leitner.
Sie verweist auf eine 2008 erstellte Studie über die
"Lage von Transpersonen am österreichischen Arbeitsmarkt". Laut
dieser leben 46 Prozent der rund 5000 Betroffenen in Österreich "aus
beruflichen Gründen" nicht in ihrem gewählten Geschlecht.
15 Prozent, ein Sechstel, wurden nach ihrem
Geschlechterwechsel gekündigt, 29 Prozent wechselten davor präventiv den
Arbeitsplatz. "Um Konflikten vorzubauen ist das richtige Timing wichtig.
Man muss Kollegen und Chefs, aber auch Bekannte und Freunde auf die
bevorstehende Veränderung vorbereiten, den Übergang nicht allzu abrupt
gestalten. Denn das Bild von früher darf sich in den Köpfen der anderen nicht
allzu verfestigen", rät Eva Fels, Obfrau der Transgenderorganisation
TransX. Der Verein bietet Betroffenen Begleitung bis hin zur Stilberatung an.
Rechtliche Verbesserung
Verbessert hat sich in den vergangenen Jahren die rechtliche
Situation von Transgenderpersonen. So sehr, dass Österreich "inzwischen
europaweit als Vorbild gelten kann", sagt der Wiener Anwalt Helmut
Graupner. Anders als etwa in England, Deutschland und Frankreich müssen sich
Ehepaare in Österreich nicht scheiden lassen, wenn einer der Partner das
Geschlecht wechselt - die Folge eines Spruchs des Verfassungsgerichtshofs
(VfGH) aus dem Jahr 2006.
Seit 2009 können Transgenderpersonen nach einem weiteren
VfGH-Entscheid außerdem auch ohne genitale Operationen vor den Behörden das
Geschlecht wechseln: "Inzwischen", sagt Graupner, "fordern sogar
schwedische Betroffene Gesetzesänderungen wie in Österreich."
Transsexuelle
HTL-Lehrerin darf weiter unterrichten
Bildungsministerium setzt ein Zeichen für Toleranz
Wien (OTS/SK) – “Das Bildungsministerium hat auf
die Medienberichte über die transsexuelle Lehrerin an der HTL-Spengergasse in
Wien prompt reagiert und erklärt, dass es bei LehrerInnen auf die Qualifikation
und nicht auf das äußere Erscheinungsbild ankommt”, freute sich am Sonntag
Angelika Frasl, stellvertretende Bundesvorsitzende und Transgenderbeauftragte der
SoHo (Sozialdemokratie und Homosexualität).
Frasl
erklärte, dass diese Aussage des Bildungsministeriums ein wichtiges Zeichen im
Hinblick auf die Akzeptanz und Anerkennung von Transgenderpersonen am
Arbeitsmarkt ist, an der sich jeder Arbeitgeber ein Beispiel nehmen sollte.
“Immer noch verlieren viele transsexuelle Menschen nach ihrem Coming Out ihren
Arbeitsplatz und gleiten in die Langzeitarbeitslosigkeit ab”, so Frasl weiter.
Hier gilt es durch Bewusstseinsbildung und Aufklärungsarbeit dringend
Änderungen
herbeizuführen.
“Transsexualität
ist keine ansteckende Krankheit vor der man jemanden beschützen müsste”, meinte
auch Sarah-Michelle Fuchs, Psychotherapeutin und SoHo-Bundesvorstandsmitglied,
gestern in einem Interview gegenüber ATV. Daher ist die Reaktion des
Elternvereinsobmannes unverständlich. “Ich wünsche der betroffenen HTL-Lehrerin
alles Gute auf ihrem Weg zu ihrem wahren ‘Ich’ und danke Bildungsministerin
Claudia Schmied und ihrem Team für die vorbildhafte Reaktion”, so Frasl
abschließend.
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