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Rothenbächer 2012
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vor, einer Minderheit anzugehören!
Das Coming-out
Die Konfrontation mit einer transsexuellen Person führt beim
Umfeld häufig zu emotionalen Irritationen, anzüglichen Bemerkungen,
Belästigungen, Beschimpfungen und sogar tätlichen Angriffen gegenüber
Transsexuellen. Dieser Umstand macht es Transsexuellen nicht leicht, nach dem
Gewahr werden der eigenen transsexuellen Identität an die Öffentlichkeit zu
treten, sich zu outen.
Wie fühlen sich transsexuelle Personen und auf welche
Probleme stoßen sie, wenn sie zum ersten Mal zu jemand Nahestehendem sagen:
„Ich fühle mich als Frau/Mann und möchte auch so sein.“
„Frau-zu-Mann-Transsexuelle werden nach dem Coming out
zunächst besser aufgenommen vom Umfeld als Mann-zu-Frau-Transsexuelle.“
„Frau-zu-Mann-Transsexuelle werden nach dem Coming out zunächst besser aufgenommen vom Umfeld als Mann-zu-Frau-Transsexuelle.“
Deshalb denke ich, dass es Frau-zu-Mann Transsexuelle zunächst einfacher haben als Mann-zu-Frau-Transsexuelle.
Ich vermute, dass Frauen zumal offener mit dem Wunsch umgehen, ein Mann zu sein, als dass Männer mit dem Wunsch, eine Frau zu sein, umgehen. Ich begründe meine Vermutung dadurch, dass es schon fast normal ist, wenn ich als Frau Fußball spiele, Metal höre oder mich bei Autos auskenne.
Da Frauen offener mit dem Wunsch umgehen, dem
Gegengeschlecht anzugehören, schockiert es das Umfeld einer Frau-zu-Mann Transsexuellen
weniger, wenn sie sich endgültig outet. Das Umfeld ist dann nicht sonderlich
überrascht, es hatte schon immer eine Vorahnung gehabt. Somit fällt es dem
Umfeld wesentlich leichter, die transsexuelle Identität des
Frau-zu-Mann-Transsexuellen zu akzeptieren.
Der Transsexualismus ist nach der Internationalen Klassifikation der
psychischen Krankheiten eine Störung der Geschlechtsidentität, einige Experten
und Expertinnen verstehen den Transsexualismus jedoch als eine normale Variante
der Geschlechtsidentität!
. Experten und Expertinnen rücken immer mehr vom
Pathologiekonzept ab und bezeichnen den Transsexualismus als normale Form der
Geschlechtsidentität.
Coming-out-Prozess
Der Begriff Coming-out-Prozess stammte ursprünglich aus der
Homosexualitätsforschung. Der Coming-out-Prozess beinhaltet das Gewahrwerden
der eigenen transsexuellen Identität und deren Akzeptanz. Das Heraustreten mit
dieser Identität in das Umfeld, das Coming-out, ist ein weiterer, wichtiger
Bestandteil des Prozesses. (vgl. Rauchfleisch
2009: 69) Etliche Forscher und Autoren haben versucht, diesen Prozess in
Stufen- oder Phasenmodelle zu erläutern. Die Modelle differenzieren sich
teilweise beträchtlich. Weite Verbreitung und Akzeptanz fand das Modell von
Vivienne C. Cass.
Sie entwickelte ein Sechs-Stufen-Modell der
Identitätsentwicklung. Es beschreibt den Weg zur vollkommenen Integration der
homosexuellen, bisexuellen, transgender oder transsexuellen Identität ins
Selbstbild und somit zur kompletten Akzeptanz dieser Identität.
1: Identitätskonfusion
Die Identitätsentwicklung beginnt mit dem Bewusstwerden,
dass Informationen über die Transsexualität auf irgendeine Art und Weise auf
die betroffenen Personen zutreffen. Dieses neue Bewusstsein stimmt mit dem
bisherigen Selbstbild nicht überein. Diese Unstimmigkeit sorgt für emotionale
Spannungen, die Zustände der Angst und der Verwirrung hervorrufen können. Aus
dieser Phase sind drei Ausgänge vorstellbar: (vgl. Ritter Terndrup 2002; 91)
• Für die betroffene Person ist Transsexualismus eine
zutreffende und akzeptable Selbstdefinition. Sie stellt sich die Frage, ob sie
transsexuell sei und schreitet zur
nächsten Stufe vor.
• Die betroffene Person sieht Transsexualismus als eine
zutreffende, aber nicht wünschenswerte Selbstdefinition an. Sie versucht, ihre
transsexuellen Gefühle zu unterdrücken und „normal“ zu sein.
• Ist Transsexualismus eine inkorrekte, nicht wünschenswerte
Selbstdefinition, wird die betroffene Person die Strategie der persönlichen
Schuldlosigkeit übernehmen. Sie bezeichnet ihr transsexuelles Verhalten als ein
einmaliges Experiment oder wird der Situation, in der sie sich transsexuell
verhält, die Schuld dafür geben.
2: Identitätsvergleich
Die betroffenen Personen sehen sich nun als eventuell
transsexuell an. Der erste Schritt zu einem transsexuellen Selbstbild wurde
unternommen. Die Verwirrung über sich selbst und sein Handeln ist geringer
geworden. Jedoch fühlen sich die Betroffenen von den Anderen entfremdet. Ein
Gefühl der Nichtzugehörigkeit zur Gesellschaft stellt sich ein. Auch aus dieser
Phase sind unterschiedliche Wege möglich:
• Die betroffene Person entwertet die Wichtigkeit anderer
Personen. Sie führt ihr Verhalten auf die Nichtübereinstimmung mit der
Gesellschaft zurück und sucht Informationen zu Gleichgesinnten. Jedoch ist es
wahrscheinlich, dass sie weiterhin ihre Transsexualität verbirgt, da sie
dadurch negativen Reaktionen ausweicht und zusätzliche Zeit zur Akzeptanz ihrer
transsexuellen Identität erhält.
• Die betroffene Person vermindert die Wichtigkeit eines
transsexuellen Selbstbildes und die Bedeutung ihrer transsexuellen Erfahrung.
Sie erklärt sich ihre transsexuellen Gedanken und Handlungen als eine
kurzweilige Phase oder beschuldigt ihr irgendjemand oder irgendetwas für ihr
Verhalten.
• Erwartet die betroffene Person sehr negative Reaktionen
von ihrem Umfeld, wird sie ihre transsexuellen Gedanken unterdrücken oder ihr
Umfeld verlassen, indem sie zum Beispiel in eine andere Stadt umzieht.
• Die betroffene Person wünscht sich, ihre Wünsche, ihr
Verhalten und ihr Selbstbild zu ändern. Sie verdrängt die Möglichkeit,
transsexuell zu sein und versucht mit aller Macht, „normal“ zu sein.
3: Identitätstoleranz
In dieser Stufe erlangen die betroffenen Personen die
Erkenntnis, wahrscheinlich transsexuell zu sein. Sie beginnen, ihre
transsexuelle Identität zu tolerieren. Sie fühlen sich noch stärker von der Gesellschaft
entfremdet und suchen deshalb den Kontakt zu anderen transsexuellen Personen
und Organisationen. Dieser Kontakt zu Gleichgesinnten ist für den Verlauf der
Identitätsentwicklung entscheidend. Fällt diese Begegnung negativ aus,
entwertet die betroffene Person die transsexuelle Subkultur, bricht den Kontakt
mit transsexuellen Personen ab und ihre Selbstachtung sinkt. Ist die erste
Begegnung mit transsexuellen Personen positiv, steigert sich die Identifikation
mit der transsexuellen Subkultur, was die Selbstachtung der betroffenen Person
erhöht.
4: Identitätsakzeptanz
Die betroffenen Personen vertiefen und genießen den Kontakt
mit der transsexuellen Subkultur. Diese sich normalisierenden Begegnungen
helfen den betroffenen Personen, ihre transsexuelle Identität zu akzeptieren.
Immer mehr Freunde stammen aus der transsexuellen Subkultur. In dieser Phase
gibt es verschiedene Möglichkeiten, mit der Transsexualität umzugehen.
• Um den negativen Reaktionen aus dem Weg zu gehen, gibt
sich die betroffene Person in der Öffentlichkeit als eine „normale“ Person aus.
Diese Strategie kann für die betroffene Person akzeptabel sein und zu einer
friedlichen und erfüllenden Stufe der Entwicklung führen.
• Die betroffene Person verschweigt in der Öffentlichkeit
ebenfalls ihre Transsexualität, vermindert aber zusätzlich den Kontakt mit Nicht-Transsexuellen. Dadurch vermindert
sich das Gefühl der Differenziertheit zur großen Mehrheit der Bevölkerung.
• Um die Ungleichheit zwischen der betroffenen Person und
der großen Mehrheit zu verringern klärt sie einige, ihr wichtigen Personen,
über ihre transsexuelle Identität auf. Sie werden jedoch gebeten, ihr Geheimnis
zu bewahren und zu beschützen.
Das Selbstbild ist aufgrund des Kontakts mit der Subkultur
viel positiver geworden und eine größere Sicherheit mit der eigenen
Transsexualität hat sich eingestellt. Mit Hilfe der neu gefundenen Freunde
können die betroffenen Personen ihre Transsexualität vollkommen legitimeren.
5: Identitätsstolz
Die betroffenen Personen erreichen die 5. Stufe mit einem
starken Gefühl der Ungleichheit zwischen dem positiven Gefühl ihrer
Transsexualität und der negativen Einstellung der sozialen Umwelt. Diese
Ungleichheit erzeugt Zorn gegenüber Nicht-Transsexuellen und gleichzeitigen
Stolz auf die eigene Identität. Die betroffenen Personen beginnen,
Nicht-Transsexuelle zu diskriminieren und betonen die Wichtigkeit anderer
Gleichgesinnter. Aus diesem Grund werden viele Betroffene Aktivisten
transsexueller Organisationen. Zum selben Zeitpunkt outen sich viele gegenüber
ihrem Umfeld. Das Outing hilft dem
Betroffenen: Einerseits wird das Selbstbild gestärkt, da die betroffene Person
vermehrt über ihre Transsexualität nachdenkt. Andererseits werden die vor der
Öffentlichkeit gelebte Identität und die private Identität zu einer einzigen
Identität verknüpft. Die Reaktionen des Umfelds sind entscheidend, ob sich die
Identität der Betroffenen weiterentwickelt oder nicht.
Fallen sie negativ aus, ist die „Wir-gegen-sie“-Philosophie
bestätigt. Werden die Reaktionen aber positiv sein, sind die Betroffenen
verwirrt und überwinden ihren Zorn gegenüber Nicht Transsexuellen.
6: Identitätssynthese
Die Betroffenen, die die sechste Stufe erreicht haben,
diskriminieren Personen nicht mehr aufgrund ihrer Geschlechterzugehörigkeit.
Sie sind in der Lage, Gemeinsamkeiten zwischen ihnen und der großen Mehrheit
der Bevölkerung und Unstimmigkeiten zwischen ihnen und Gleichgesinnten zu finden.
Andere Eigenschaften als die Geschlechterzugehörigkeit sind entscheidend.
Schlussendlich fühlen sich die Transsexuellen frei mit ihrer neu erlangten,
alle Bereiche des Lebens einschließenden Identität.
Fazit zur Theorie
Mit Hilfe der Theorie zur Entwicklung der
Geschlechtsidentität lässt sich begründen, weshalb viele transsexuelle Personen
gehänselt und verstoßen werden. Bereits die Kleinkinder verinnerlichen die
strikten Geschlechtsstereotype und –rollen, weshalb Personen, die sich
geschlechtsuntypisch Verhalten, nicht nur im Kindesalter, sondern auch im
Erwachsenenalter als anormal angesehen werden.
Diese Tatsache erschwert es den transsexuellen Personen, den Mut
aufzubringen, ihre transsexuelle Identität zu akzeptieren und den Beschluss zu
fassen, sich gegenüber der heterosexistischen Gesellschaft zu outen. Denn auch
sie müssen zunächst ihre eigenen, strickten Geschlechtervorstellungen
durchbrechen, um ihre transsexuelle Identität akzeptieren zu können.
Erst danach ist das Coming-out
gegenüber ihren Freunden und ihrer Familie möglich.
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