Freitag, 2. November 2012

Transsexualität und die Gender-Bewegung



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Bearbeitet von Nikita Noemi Rothenbächer 2012

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Transsexualität und die Gender-Bewegung
Über die Instrumentalisierung eines Leidens

Eine der zentralen Thesen der Gendertheorien ist die Annahme, dass es kein natürliches Geschlecht gibt, Geschlecht und soziale Geschlechtsrolle (Gender) seien vielmehr rein gesellschaftlich „konstruiert“. Thorsten Voß, Dozent an einem der 29 Institute für Gender-Studies an deutschen Universitäten, drückt es so aus: „Gender-Studies haben nachgewiesen, dass es kein vorgefertigtes Geschlecht gibt – es ist ein Konstrukt, abhängig von historischen und kulturellen Kontexten.    
Im Jahr 2000 hat sich die Bundesregierung in ihrer Geschäftsordnung darauf festgelegt, die Gendertheorien im sogenannten Gender Mainstreaming politisch umzusetzen. Eines der Instrumente für die Umsetzung ist das vom Bundesfamilienministerium finanzierte GenderKompetenzZentrum (GKZ) der Humboldt Universität, Berlin. Auf der Webseite des GKZ ist zu lesen, dass Geschlecht eine „sozial konstruierte Kategorie“ sei. Dort heißt es auch: „Geschlecht ist keine ’natürliche’ Gegebenheit. Die Tatsache, dass es Frauen und Männer gibt und diese als zwei unterschiedliche Gruppen von Menschen wahrgenommen werden, ist vorrangig das Ergebnis einer Reihe von gesellschaftlichen Zuschreibungen und Erwartungen, die durch Erziehung, Medien, Rollenvorstellungen und Normen vermittelt werden.
Stimmt das?
Die Gendertheorien gründen auf der unbewiesenen Annahme, dass „Geschlechtszuweisung“ an sich schon Unterdrückung und ungerechte Einengung bedeutet. So schreibt die Freiburger Professorin Nina Degele in ihrem Einführungsbuch für Studierende, Geschlecht als „Strukturkategorie“ sei Ursache sozialer Ungleichheit. Geschlecht, so Degele, ist der „soziale Platzanweiser“, der zur Unterdrückung, Ausgrenzung und Benachteiligung von Frauen führt.
Die Gender-Theoretiker halten deshalb eine freie und gerechte Gesellschaft nur dann für möglich, wenn der Mensch zuvor von der Zwangskategorie „Mann“ und „Frau“ befreit wird.
Zentrale kulturverändernde Instrumente für dieses Ziel sehen sie in Transsexualität, Transvestismus und Intersexualität. Deren Existenz gilt ihnen als Beleg für die generelle „Konstruiertheit der normativen heterosexuellen Zweigeschlechtlichkeit“. Transsexualität ist dabei „zielführend für das Projekt der Denaturalisierung von Zweigeschlechtlichkeit.“ Sie beweist angeblich, dass die Mann-Frau-Einteilung künstlich ist und dass jedem das Recht zusteht, sein Geschlecht selbst zu wählen.
Aus diesem Grund verwenden Gender-Theoretiker lieber den Begriff Transgender statt Transsexualität; Transgender betont das Fließende der Identitäten zwischen Mann und Frau. So schreibt die Transsexuellenorganisation „TransMann“, auf die das Bundesfamilienministerium mit einem Link verweist: „So kann sich ein Mensch, der eine vollständig weibliche Anatomie hat, dennoch nicht als Frau fühlen, sondernteilweise oder vollständig als Mann, und möchte dann auch so wahrgenommen werden. (…) Der Druck, sich auf ein bestimmtes Geschlecht festlegen zu müssen, verursacht innere Spannungen… Abhilfe kann nur die Annahme einer Geschlechtsrolle sein, mit der ein solcher Mensch leben kann – sei es die gegengeschlechtliche, oder eine Zwischenrolle.“ 
Das GenderKompetenzZentrum weist auf seiner Webseite auf eine 2006 veranstaltete Tagung zum Thema „Trans“ hin.  Auf dem Tagungsflyer heißt es: „So gesehen, ist nicht Trans als Lebensform erklärungsbedürftig, wohl aber das System der Zweigeschlechtlichkeit.“
In diesem Zusammenhang muss noch einmal auf den 2007 in den Bundestag eingebrachten  Gesetzentwurf von Bündnis90/Die Grünen zur „Reform“ des Transsexuellengesetzes hingewiesen werden. Darin hieß es: Für die rechtliche Bestimmung des Geschlechts dürfen nicht mehr die äußeren Geschlechtsmerkmale ausschlaggebend sein, sondern nur noch das subjektive Empfinden des einzelnen Menschen. Die „tatsächliche Vielfalt von Identitäten“ müsse akzeptiert werden, transsexuell empfindende Menschen dürfe man nicht in „vorgegebene Raster… pressen“.  Im Mai 2008 wurde ein inhaltlich sehr ähnlicher Antrag eingebracht – diesmal von der FDP. 
Vertreter der Gendertheorien blenden die erhebliche Psychopathologie und das damit verbundene Leiden der Betroffenen aus und stilisieren sie stattdessen zu Vorreitern einer neuen Welt, in der die „Zwangskategorien“ Mann und Frau abgeschafft sind und sich jeder sein Geschlecht als Frau oder Mann oder als beliebige Zwischenform selbst aussuchen kann.
Doch warum? Warum sollte es ein Ziel sein, „Verwirrung in Bezug auf Geschlecht [zu] schaffen“ und, wie Judith Butler, Vordenkerin der Gender Theorien, fordert,  „die Kategorien des Körpers, des Geschlechts, der Geschlechtsidentität und der Sexualität [zu] stören“? Woraus speist sich diese fundamentale Ablehnung der Kategorien von Zuordnung?
Keine Theorie – das wissen die Gender-Theoretiker am besten – entsteht nur im Elfenbeinturm der Wissenschaft. Der Standort des Betrachters, seine individuelle Prägung und Biographie bilden sein Denken und seine Argumente maßgeblich mit. Die Gendertheorien zeichnen sich durch prägnante Feindbilder aus und gewinnen dadurch eine aggressive Dynamik. Deren Motor sind vor allem: Seelische Verletzungen und Verwundungen, Misshandlung und Missbrauch in der (früh-)kindlichen Entwicklung und daraus folgend eine radikale Ablehnung des eigenen weiblichen oder männlichen Selbst sowie ein (unbewusster) Hass auf diejenigen, die das eigene geschlechtliche Selbst in der Entwicklung nicht genügend bestätigen und fördern konnten: die Eltern. Weil die Verletzungen aber nicht angeschaut werden, können sie nicht heilen. Stattdessen werden Groll und Ablehnung auf die Gesellschaft und auf Geschlecht als Kategorie überhaupt (auch auf alle Vaterschaft und Mutterschaft) übertragen. Der oben genannte Satz, dass Geschlecht als solches Ursache für Unterdrückung sei, wird vor diesem Hintergrund verständlich.
Die Annahme, Geschlecht werde durch willkürliches Handeln konstruiert und könne deshalb jederzeit dekonstruiert und neu zusammengesetzt werden, ist irrig. In Wirklichkeit ist Geschlecht kein Handeln, sondern ein Sein, ein Gegeben-Sein. Dieses Gegeben-Sein kann der Mensch nur annehmen oder sich dagegen auflehnen. 
Ebenso irrig ist die Annahme, die Gesellschaft sei aus lauter autonomen Individuen aufgebaut, die ihre Geschlechtsidentität jederzeit wechseln können. In Wirklichkeit baut die Gesellschaft nicht auf lauter Einzelnen auf, sondern auf dem sozialen Knoten der Elternschaft. Sie baut deshalb auch nicht auf sich frei erfindenden Individuen auf, sondern auf dem gegebenen geschlechtlichen Unterschied von Frau und Mann. Nur so hat sie Bestand.
Der französische Philosoph Olivier Boulnois schreibt dazu sinngemäß: Die Geschlechterdifferenz weist eineseinsmäßige Dimension auf, die erst in der Mutterschaft und Vaterschaft ihre Konkretion erfährt. In Mutter- und Vaterschaft erfährt man, dass die Unterscheidung zwischen Mann und Frau unauflöslich ist. Der Mensch ist kein mit einer unendlichen Macht über alle Dinge ausgestattetes Subjekt. Das Menschliche ist für den Menschen kein Experimentierfeld; er ist innerhalb einer gegebenen Ordnung verankert, die er respektieren muss, weil nur sie ihm Sinn verleiht. 
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„Wenn man den Geist nicht so verändern kann, dass er zum
Körper passt, dann sollten wir uns vielleicht dazu
entschließen,
den Körper so zu verändern, dass er dem Geist entspricht.“

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