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Bearbeitet von Nikita Noemi
Rothenbächer 2013
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Den Lebenstraum
leben - bis zum bitteren Ende
"Boys don't
cry": Ein amerikanischer Mainstream-Film sanktioniert das Recht eines
Mädchens, ein Junge zu sein
"Boys don't cry" ist der radikalste, der
gefühlsstärkste, der analytischste, der populärste Blick, den Hollywood seit
langem auf die wechselnden Rollen der Geschlechter geworfen hat.
Das ist eine ziemlich kühne Behauptung, und das sind
eigentlich drei Widersprüche versammelt in nur einem Satz. Radikal und populär
zu sein schließen einander aus, desgleichen Analyse und Emotionen, und außerdem
ist die Traumfabrik dafür bekannt, dem gesellschaftlichen Status Quo lieber zu
schmeicheln als gegen ihn anzurennen.
Insofern ist "Boys don't cry" unamerikanisch. Und
uramerikanisch zugleich. Denn Kimberly Peirces Film stellt die Toleranzgrenzen
des großen Verfassungsversprechens auf die Probe, wonach ein jeder das Recht
habe, auf seine ureigene Fasson glücklich zu werden. Die US-Gesellschaft
verengt das gerne auf das Recht, in der heimischen Garage an den abstrusesten
Erfindungen zu basteln und daraus einen Weltkonzern aufzubauen.
Vor sieben Jahren jedoch forderte die 19-jährige Teena
Brandon dieses Recht auf ihre Weise ein. Für sie bedeutete es, ihre langen
Haare auf Stoppeln zu scheren, sich die Brüste wegzubinden, ihre Hose
auszustopfen und weit wegzufahren, an einen Ort, wo man sie als Jungen
akzeptieren würde.
Nein, "Boys don't cry" ist kein weiteres
Coming-out-Pamphlet über Transsexuelle oder Lesben. Teena Brandon wüsste - wäre
sie noch am Leben - mit dieser Kategorisierung nichts anzufangen. Sie hat nur
versucht, ihren Lebenstraum zu leben, bedingungslos, kompromisslos, im
unwirtlichen amerikanischen Mittelwesten, wo der White Trash den Morgen im Bett
zubringt, den Nachmittag auf der Fernseh-Couch verlungert und den Abend in den
Bars totsäuft.
Lincoln/Nebraska war der Ort für Brandon Teena, der nicht
nur sein Geschlecht verdreht hatte, sondern auch seinen Namen. Denn hier sind
Männer noch Männer, hier musste er mit ihnen rauchen, trinken, prügeln, ihre
Initiationsriten bestehen.
Doch Lincoln ist auch der Ort, der mit Träumen nichts
anderes anzufangen weiß, als sie zu begraben. Wer hier hängengeblieben ist, der
hat die seinen bereits abgehakt, der saugt seinen Rest Selbstwertgefühl aus den
traditionellen Werten - und die bestimmen eisern, dass Männer Männer und Frauen
Frauen zu bleiben haben.
Da hinein stolperte Brandon und sprengte diesen starren
Rahmen. Die Frauen schätzten seine Einfühlsamkeit, die Männer spürten eine vage
Faszination. Einem von ihnen, John, spannte er sogar Lana aus, den Schwarm
aller Jungen in der Stadt.
Ein/e jede/r wurde gezwungen, sein/ihr geschlechtliches
Selbstverständnis infrage zu stellen; keine/r konnte sich länger in das bequeme
Kissen des toleranten, unbeteiligten Beobachters zurücklehnen. Irgendwann
musste der Schwindel auffliegen, und dann mussten alle reagieren: Lana, die
sich in Brandon verliebt, John, der sein Mädchen an eine Frau verloren, die
Kämpfer-Klicke vom Mars, die unwissentlich ein Venus-Wesen als gleichwertig
akzeptiert hatte. In dieser Kultur mühsam eingedämmter Aggressivität konnte die
Reaktion nur eine gewalttätige sein.
"Boys don't cry" geht diesen Weg mit einer für
Hollywood ganz und gar untypischen Konsequenz bis zum bitteren Ende. Das liegt
nicht nur daran, dass der Fall Teena Brandon fest in der amerikanischen Psyche
verankert ist und ein Happy End lächerlich gewirkt hätte.
Es hat auch damit zu tun, dass sich die Filmemacher die
bedingungslose Ehrlichkeit ihrer unwahrscheinlichen Heldin zu eigen gemacht
haben: Regisseurin Kimberly Peirce in ihrem Langfilmdebüt und Hauptdarstellerin
Hilary Swank, die gerade erst mit einem Golden Globe belohnt wurde. Ihre
Brandon Teena atmet eine emotionale Intensität, für die Meryl Streep zwei
Finger ihrer rechten Hand opfern würde.
Meiner Meinung nach, spiegelt diese Geschichte unsere derzeitige Situation, ohne wenn und aber!
AntwortenLöschenAber egal wie ,"Wir sind, Wer wir sind! "
M.f.G Petra Marie ' Zurek