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Rothenbächer 2013
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Ein einziges Gen ist
dafür verantwortlich, dass ein Eierstock auch ein Eierstock bleibt und sich
nicht plötzlich in einen Hoden verwandelt
Durch das Ausschalten nur eines Gens lassen sich Eierstöcke
in Hoden verwandeln. Diese produzieren zwar keine Samen, wohl aber das
männliche Geschlechtshormon Testosteron. Das haben Forscher bei Versuchen mit
Mäusen festgestellt.
Ein einziges Gen ist dafür verantwortlich, dass ein
Eierstock auch ein Eierstock bleibt und sich nicht plötzlich in einen Hoden
verwandelt: Wird es ausgeschaltet, beginnt das Eierstockgewebe praktisch
sofort, männliche statt weibliche Geschlechtshormone zu produzieren und männliche
Eigenschaften zu entwickeln.
Diese überraschende Entdeckung haben deutsche und britische
Forscher jetzt bei Mäusen gemacht, bei denen sie das Gen namens Foxl2
ausgeschaltet haben - ein Erbgutabschnitt, der nicht einmal auf den
Geschlechtschromosomen liegt.
Die Konsequenzen ihrer Entdeckung seien immens, kommentieren
die Wissenschaftler: Zum einen stellten die Ergebnisse das bisher gültige
Modell infrage, nach dem das weibliche Geschlecht sozusagen der Standardmodus
ist. Zum anderen eröffneten sie ein völlig neues Verständnis von Phänomenen wie
der Intersexualität, bei der Menschen nicht eindeutig einem Geschlecht
zugeordnet werden könnten, schreiben Henriette Uhlenhaut vom Europäischen Labor
für Molekularbiologie EMBL in Heidelberg und ihre Kollegen im Fachmagazin Cell.
Bei den meisten Säugetieren besitzen ebenso wie beim
Menschen die weiblichen Exemplare zwei X-Geschlechtschromosomen, während die
männlichen ein X- und ein Y-Chromosom im Erbgut tragen. Bisher nahmen Forscher
an, dass sich ein männliches Tier nur dann entwickelt, wenn ein Gen namens Sry
vorhanden ist, das auf dem Y-Chromosom liegt und einen wichtigen Regulator -
das Sox9-Gen - anschaltet. Fehlt es, bildet sich ein weibliches Tier. Damit
wäre die weibliche Form der Standard und die männliche Form entsteht nur, wenn
mit Hilfe von Sry der weibliche Pfad aktiv unterdrückt beziehungsweise der
männliche aktiv eingeschaltet wird.
Die neuen Ergebnisse zeigen jetzt jedoch: Es ist nicht der
weibliche, sondern der männliche Weg, der aktiv unterdrückt werden muss.
Gezeigt hatte sich das bei erwachsenen Mäuseweibchen, denen die Forscher einen
Schalter ins Erbgut eingebaut hatten. Damit ließ sich ein Gen mit Namen Foxl2,
das sich bereits in früheren Studien als eine Art Dirigent bei der Ausbildung weiblicher
Geschlechtsmerkmale hervorgetan hatte, gezielt ausschalten.
«Wir hatten erwartet, dass die Mäuse keine Eizellen mehr
produzieren würden», erzählt Studienleiter Mathias Treier. Die Konsequenzen
waren jedoch viel dramatischer: Praktisch sofort sprangen Sox9 und verschiedene
andere Gene an. Parallel wurde aus dem Gewebe, das bisher die sich
entwickelnden Eizellen unterstützt hatte, ein Zellverbund, der auch im Hoden
vorkommt und Spermien eine optimale Umgebung bietet. Zudem wechselten auch die
hormonproduzierenden Zellen ihr Geschlecht: Statt Östrogen produzierten sie
plötzlich große Mengen Testosteron.
Foxl2 muss demnach auch im erwachsenen Organismus ständig
aktiv sein, um Sox9 in einem Ruhezustand zu halten und damit diese
überraschende Geschlechtsumwandlung zu verhindern. Da das System bei sehr
vielen Säugetieren existiert, scheint es schon sehr früh in der Evolution
entstanden zu sein, schließen die Forscher. Sie vermuten, dass es auch hinter
Fällen von Geschlechtsumwandlungen bei erwachsenen Tieren, beispielsweise bei
Fischen, stecken könnte.
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