Donnerstag, 31. Januar 2013

Wegweisendes Urteil aus Karlsruhe: Transsexuelle können auch ohne Geschlechtsumwandlung eine Homo-Ehe eingehen. Das hat das Bundesverfassungsgericht entschieden - die bisherige Regelung sei diskriminierend.



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Homo-Ehe: Verfassungsgericht stärkt Rechte Transsexueller
Wegweisendes Urteil aus Karlsruhe: Transsexuelle können auch ohne Geschlechtsumwandlung eine Homo-Ehe eingehen. Das hat das Bundesverfassungsgericht entschieden - die bisherige Regelung sei diskriminierend.

Karlsruhe - Das Bundesverfassungsgericht hat die Partnerschaftsregelung des Transsexuellengesetzes gerügt: Künftig dürfen Transsexuelle auch ohne Geschlechtsumwandlung eine Homo-Ehe eingehen. Die Entscheidung wurde am Freitag bekannt. Bisher mussten sich Transsexuelle - Menschen, die sich im falschen Körper geboren fühlen - laut Gesetz operieren lassen, um als biologisch Gleichgeschlechtliche eine Lebenspartnerschaft schließen zu können. Sonst galten solche Paare als getrenntgeschlechtlich und ihnen stand nur die Ehe offen. In den Augen der obersten Richter ist diese Regelung aus dem Jahr 1980 jedoch diskriminierend und verfassungswidrig.

Geklagt hatte eine 62 Jahre alte Frau, die als Mann geboren wurde. Sie wollte ihre Lebensgefährtin mit einer Lebenspartnerschaft absichern. Der Standesbeamte lehnte das Ansinnen jedoch mit dem Verweis ab, dass nur gleichgeschlechtliche Personen diesen Weg gehen könnten. Da die Frau biologisch noch ein Mann sei, müsse sie ihre Partnerin heiraten.
Die Frau fühlte sich dadurch diskriminiert. In einer Ehe würde sie offiziell weiterhin als Mann geführt. Zudem müsse sie sich für diesen Akt auch in der Öffentlichkeit als Transsexuelle outen. Mit ihren Klagen war sie jedoch in allen vorherigen Instanzen unterlegen.

Vor dem Verfassungsgericht hatte sie nun Erfolg. Die Richter stellten klar, dass die Forderung des Gesetzgebers nach einer Geschlechtsumwandlung zu weit geht. Ob Menschen transsexuell sind, lasse "sich nicht am Grad der operativen Anpassung ihrer äußeren Geschlechtsmerkmale messen, sondern vielmehr daran, wie konsequent sie in ihrem empfundenen Geschlecht leben", heißt es in der Entscheidung.

Zeit für "ein modernes Gesetz"

Mit der Vorbedingung der Geschlechtsumwandlung und damit der Zeugungsunfähigkeit will der Gesetzgeber sicherstellen, dass rechtlich als Männer anerkannte Frauen keine Kinder bekommen können. Dies hätte nämlich weitreichende Folgen für die Rechtsordnung.

Dieses Problem sehen auch die Verfassungsrichter, schätzen jedoch das Recht der Transsexuellen auf sexuelle Selbstbestimmung unter Wahrung ihrer körperlichen Unversehrtheit höher ein. Zudem verweisen sie darauf, dass bereits jetzt das Verhältnis rechtlich anerkannter Transsexueller zu ihren Kindern unberührt bleibt, sprich: die Betroffenen sind für ihre Kinder Mutter oder Vater, auch wenn sie ihr Geschlecht geändert haben.

Manfred Bruns vom Lesben- und Schwulenverband begrüßte die Klarstellung, "dass die Grundrechte nicht vom biologischen Geschlecht abhängig gemacht werden". Das Bundesverfassungsgericht habe nun zum sechsten Mal die Bestimmungen des Transsexuellengesetzes kritisiert. Deshalb sei es an der Zeit für "ein modernes Gesetz, das die Rechte transsexueller Menschen sichert, anstatt diese einzuengen".
Das Transsexuellengesetz lässt für die Betroffenen zwei Wege offen, ihr Geschlecht zu ändern. Die "kleine Lösung" besteht in dem Nachweis, dass sie sich dem anderen Geschlecht auf Dauer zugehörig fühlen. Dies muss durch zwei unabhängige Gutachter bescheinigt werden. Dann dürfen die Betroffenen auch ihren Vornamen entsprechend ändern.

Die "große Lösung" ist eine Geschlechtsumwandlung, bei der bei Männern Penis und Hoden amputiert und ein weibliches Geschlechtsorgan nachgebildet wird. Bei Frauen werden Gebärmutter, Eierstöcke und Eileiter entfernt sowie häufig die Brust verkleinert. Diese Operationen sind mit hohen gesundheitlichen Risiken verbunden.

Aktenzeichen: 1 BvR 3295/07

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