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Geschrieben und Bearbeitet von Nikita Noemi Rothenbächer 2013
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Transsexualität ist
keine psychische
Störung - Hirngeschlecht
und falscher Geschlechtskörper
Am Beispiel
der Transsexualität lässt sich zeigen, dass die überkommene, von der neueren,
in erster Linie psychologisch orientierten Gesundheitswissenschaft längst in
Frage gestellten Vorstellung von Gesundheit-Krankheit viel zu kurz greift und
der Komplexität von Transsexualität in keiner Weise mehr Rechnung trägt.
Der Senat führt aus:
„Setzt die
Krankenbehandlung entgegen der Regel nicht unmittelbar an der Krankheit bzw. am
erkrankten Organ selbst an, soll der Behandlungserfolg vielmehr mittelbar durch
einen Eingriff an einem an sich gesunden Organ erreicht werden, bedarf die
Notwendigkeit der Krankenbehandlung einer besonderen Rechtfertigung im Rahmen
einer umfassenden Abwägung zwischen dem voraussichtlichen medizinischen Nutzen
und den möglichen gesundheitlichen Schäden.“
Traditionelle
Auffassungen von Gesundheit-Krankheit beschreiben beide in proportionalem
Verhältnis:
• je weniger
krank ein Individuum ist, desto gesünder ist es
• je kränker
ein Individuum ist, desto weniger gesund ist es.
Dahinter
steht die Vorstellung, Gesundheit-Krankheit seien auf einer Kontinuum-Skala angeordnet
(„ je mehr von dem einen, desto weniger von dem anderen!“). Das bekannteste
derartige Modell stammt von Antonowsky.
Dieses
Modell wird in der Medizin vor allem im Zusammenhang mit klassischen Themen wie
Akuterkrankungen oder Infektionskrankheiten diskutiert, wird aber leider auch in
komplizierteren Zusammenhängen vereinfachend angewendet. Bei vielen
Fragestellungen der Medizin führt dieses Modell nicht weiter: weder bei
chronisch-degenerativen Erkrankungen, noch bei den meisten psychischen
Erkrankungen und auch nicht – hier in diesem Zusammenhang besonders wichtig –
bei genetischen Variationen.
Sinnvoller
ist hier die Anwendung eines zweidimensionalen Modells: Hier werden Gesundheit
und Krankheit als zwei relativ voneinander unabhängige Dimensionen verstanden,
d.h. ein Individuum kann in gleichem Ausmaß und zugleich krank und gesund sein.
Vier typische
Konstellationen sind so unterscheidbar:
• ein
Individuum kann zugleich sehr krank und sehr gesund sein (z.B. kann es an Multipler
Sklerose leiden, querschnittgelähmt sein und trotzdem ein zufriedenes, erfülltes,
glückliches Leben führen, sein Leben erfolgreich meistern und bewältigen)
• es kann
weder gesund noch krank sein (z.B. ständig freudlos, aber auch nicht krank)
• es kann
sehr gesund sein und etwas krank (z.B. Unpässlichkeiten wie leichter Schnupfen
bei sonst blendender Gesundheit)
• es kann
sehr krank sein und wenig gesund (z.B. chronifizierte schwergradige Dauerdepression).
Dieses
Modell führt zu einer Reihe bedeutsamer Konsequenzen und zu veränderten Sichtweisen.
Es fokussiert die
Bedeutung von Ressourcen:
indem ich
Gesundheitsfaktoren, Gesundheitsbewusstsein und -handeln als relativ
eigengewichtig gegenüber dem Krankheitszustand begreife, kommt dem (gesunden)
Bewältigungshandeln eine besondere Rolle zu.
Gesundheit
ist nicht weiter an Krankheit „gekettet“ (wie beim Kontinuum-Modell), sondern
wird zum eigenständigen Gesundheitspotenzial.
Gesundheit
und Krankheit determinieren zwar einander – Gesundheitspotenziale,
Gesundheitsbwusstsein und –handeln werden jedoch zum Movens und Agens.
Gesundheit wird zur
eigenen Qualität und ist nicht mehr bloßes Resultat des „Weniger an Krankheit“.
Diese Denkweise hat in
vielen Gebieten der Medizin zu einer Neuorientierung am Gesundheitsparadigma
geführt:
Unabhängig
von bestehenden oder auch nicht bestehenden, diagnostizierbaren oder auch nicht
definierten bzw. definierbaren „Krankheiten“ ist Gesundheit per se individuell
erfassbar, beschreibbar und förderbar.
Ein Beispiel:
Gesundheitsverhalten
kann beispielsweise eine neuropsychologische Symptomatik direkt lindern helfen.
Bei Konzentrationsproblemen kann ein Individuum z.B. sein Freizeitverhalten
dahingehend ändern, dass es sich vermehrt konzentrativen Dingen z.B. Spielen
zuwendet.
Konzentrationsverbesserungen
sind aber auch „indirekt“ möglich, etwa durch Gesundheitshandeln wie
ausgiebigen Langstrecken- und Ausdauerläufer.
Entsprechend
dieser Logik wird in den Altdorfer Empfehlungen die zentrale Bedeutung von
Gesundheitsaspekten und Gesundheitspotenzialen für den Entfaltungsprozess
transsexueller
Menschen herausgearbeitet:
• die
Entfaltung der je eigenen Gesundheitspotenziale stellt eine Art genereller
Schrittmacher und „Motor“ des Angleichungs- und Adaptionsprozesses dar
• der mit
dem Gesundheitsentfaltungsprozess in Konkordanz stehende Prozess der körperlichen
Angleichung besitzt passagere Bedeutung
• nach
Abschluss der körperlichen Angleichung kommt es oft zu einem gesundheitlichen
Quantensprung: es scheint, dass jetzt für Jahrzehnte das Tor für weitere gesundheitliche
Quantensprünge geöffnet wird („Synthese“).
Daher sind
salutogenetische Aspekte bezüglich Transsexualität essentiell, d.h.
richtungsweisend für den Entfaltungsprozess.
Transsexualität ist mit
Gesundheitsaspekten untrennbar verbunden.
Eine zweite
wichtige Konsequenz der zweidimensionalen Sicht von Gesundheit-Krankheit
besteht darin, dass zur Gesundung und Gesundheitsförderung nicht unbedingt eine
Krankheit (bzw. ein Krankheitskonzept) als konditionale Voraussetzung definiert
sein muss.
In den
Neurowissenschaften ist es durchaus nicht selten, dass man nur eine Symptomatik
beschreiben kann, aber keine zugrunde liegende Krankheit.
Diese
Eigentümlichkeit hängt damit zusammen, dass die Neurowissenschaften, insbesondere
die Neuropsychologie, den Zusammenhang zwischen neuropsychologischer
Funktionsbesonderheit und entsprechenden Besonderheiten neuronaler Strukturen/Prozesse
erforscht und erfasst.
Diese
Zusammenhänge sind spezifisch.
Ob dabei eine Krankheit
als grundlegende Ursache in Betracht kommt oder etwa eine genetische Variation,
ist relativ unerheblich:
bestimmte,
besondere neuronale Prozesse und Strukturen bedingen bestimmte
neuropsychologische Funktionsbesonderheiten, auf welcher Grundlage auch immer.
Die Ursachen
– ob Krankheit oder Variation – sind für die Funktionsbesonderheit und die ihr
entsprechende Hirn-Anatomie/Physiologie unspezifisch.
Die
neuropsychologische Funktionsbesonderheit kann Störungscharakter aufweisen oder
lediglich eine besondere Variante im Rahmen der neurobiologischen Vielfalt
darstellen.
Funktionsbesonderheiten
können eine Symptomatik und eventuell Leiden an dieser Symptomatik bedingen.
Ähnlich wie beim Gesundheitsbegriff ist auch der Begriff Symptom keineswegs
unabdingbar im Zusammenhang mit Krankheit zu konnotieren, auch hier ist in den
letzten Jahrzehnten ein Bedeutungswandel erfolgt.
Symptom und
Symptomatik werden auch in einem allgemeineren Sinne begriffen, nämlich als
Erscheinungen wie Verhaltensweisen und Ausdrucksvorgänge, von denen aus auf
etwas anderes geschlosssen werden kann, etwa auf psychische Merkmale oder
Vorgänge.
In der
Neurowissenschaft kennen wir eine Reihe von Leiden verursachender
Symptomatiken, denen keine Krankheit zugrunde liegt, sondern beispielsweise
eine genetische Variation (Beispiele s.u.).
Mit der Feststellung
„Krankheit ... ist ein regelwidriger, vom Leitbild des gesunden Menschen
abweichender Körper- oder Geisteszustand, der ärztlicher Behandlung bedarf oder
den Betroffenen arbeitsunfähig macht“ bleibt der Senat dem starren
Kontinuitätsmodell von Gesundheit~Krankheit verhaftet und vermag dadurch die
spezifische und wesentliche Rolle von Gesundheitspotenzialen bei der Bewältigung
von Symptomatik und Leiden im Entfaltungsprozess transsexueller Menschen nicht
adäquat zu erfassen.
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