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Nikita Noemi Rothenbächer 2014
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Zur Diskriminierung wegen Transsexualität
(1.) Allein die Tatsache, dass eine Person ein Merkmal des
AGG aufweist, indiziert keine Benachteiligung wegen dieses Merkmals. Vielmehr
ist erforderlich, dass der Arbeitgeber oder sein Vertreter das Vorliegen des
Nachteils kennt oder jedenfalls vom Vorliegen dieses Merkmals ausgeht.
Folglich liegt keine Geschlechtsdiskriminierung vor, wenn
eine transsexuelle Bewerberin abgelehnt wird, ohne dass der Arbeitgeber von
ihrer Transsexualität weiß.
(2.) Macht eine abgelehnte Bewerberin ausdrücklich
Entschädigungsansprüche "aufgrund einer Diskriminierung wegen des
Geschlechts" geltend, so wahrt sie die Klagefrist nicht für
Entschädigungsansprüche, die auf einer Diskriminierung wegen der sexuellen
Identität beruhen.
(3.) Vorliegend kann die strittige Frage offen bleiben, ob
eine Benachteiligung wegen Transsexualität eine Diskriminierung "wegen des
Geschlechtes" oder "wegen der sexuellen Identität" (jeweils § 1
AGG) darstellt. Während der EuGH hier eine Diskriminierung wegen des
Geschlechts annimmt, soll nach der gesetzgeberischen Begründung in diesem Fall
eine Diskriminierung wegen der sexuellen Identität vorliegen.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des
Arbeitsgerichts Mainz vom 5. September 2013, Az. 3 Ca 234/13 wird
kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen, soweit die Klage gegen die
Beklagte zu 2) gerichtet ist. Im Übrigen wird sie nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über einen Entschädigungsanspruch der
Klägerin gemäß § 15 Abs. 2 AGG wegen eines Verstoßes gegen das
Benachteiligungsverbot nach § 7 AGG.
Die Beklagte zu 1) betreibt bundesweit
Arbeitnehmerüberlassung. Die Beklagte zu 2) vertreibt Designerschmuck. Sie
arbeitet mit der Beklagten zu 1) bei der Besetzung offener Stellen in der Form
zusammen, dass sie dieser eine Stellenbeschreibung übermittelt. Die Beklagte zu
1) unterbreitet der Beklagten zu 2) daraufhin Vorschläge und vermittelt Termine
zur persönlichen Vorstellung der Bewerber bzw. Bewerberinnen. Die Beklagte zu
2) teilt daraufhin der Beklagten zu 1) mit, welchen Bewerber bzw. welche
Bewerberin sie für die jeweilige Stelle für am besten geeignet hält.
Die 1972 geborene, ledige Klägerin wandte sich am Freitag,
7. September 2012 aufgrund eines Vermittlungsvorschlags der Agentur für Arbeit
vom 26. Juni 2012 an die Beklagte zu 1). Dort teilte ihr Frau W. mit, dass eine
Stelle als Kommissioniererin in Vollzeit (40 Stunden/Woche) zu besetzen sei.
Der Stundenlohn betrage 7,89 € brutto, außerdem würden die Kosten der
Monatsfahrkarte für den öffentlichen Personennahverkehr in Höhe von 111,00 € zu
2/3 vom Arbeitgeber übernommen. Man verblieb so, dass Frau W. den schriftlichen
Arbeitsvertrag auf dem Postweg übersenden und die Beklagte zu 2) informieren
werde. Außerdem wurde ein Treffen mit dem Logistikleiter der Beklagten zu 2) J.
P. am gleichen Tag um 15.00 Uhr in B. vereinbart. Die Einzelheiten dieses
Treffens sind zwischen den Parteien streitig.
Auf Nachfrage teilte Frau W. der Klägerin am Montag, 10.
September 2012 mit, dass sich Herr P. für eine Bewerberin von einer anderen
Zeitarbeitsfirma entschieden habe.
Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 9. November
2012 (Anlage K 1, Bl. 7 f. d. A.) machte die Klägerin einen Anspruch auf
Entschädigung wegen Benachteiligung wegen des Geschlechts bei der Beklagten zu
2) geltend. In diesem Schreiben heißt es auszugsweise:
„Wir machen für Frau A. einen Entschädigungsanspruch nach §
15 Abs. 2 AGG wegen Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot nach § 7 AGG
geltend. Frau A. wurde durch Sie wegen ihres Geschlechts benachteiligt.
(…)
Der geschilderte Vorfall macht deutlich, dass Frau A. durch
Ihren Mitarbeiter P. wegen ihres Geschlechts benachteiligt worden ist. Zum
einen hat Herr P. Frau A. deutlich zu verstehen gegeben, dass er nicht glaube,
dass sie eine Frau sei und hat sie dadurch herabgewürdigt. Zum anderen sind
freie Arbeitsstellen grundsätzlich geschlechtsneutral auszuschreiben, so dass
selbst dann, wenn es sich bei Frau A. um einen Mann gehandelt hätte, ebenfalls
eine Benachteiligung wegen des Geschlechts gegeben wäre.“
Die Beklagte zu 2) lehnte die Forderung mit Schreiben vom
22. November 2012 ab (Anlage K 4, Bl. 14 f. d. A.).
Auch gegenüber der Beklagten zu 1) machte die Klägerin durch
ihre Prozessbevollmächtigten einen „Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG
wegen Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot nach § 7 AGG“ mit Schreiben
vom 12. November 2012 (Bl. 10 ff. d. A.) geltend. Sie führte auch insoweit aus:
„Frau A. wurde durch Sie wegen ihres Geschlechts benachteiligt.“ Diese, ihr
spätestens am 13. November 2013 per Normalpost zugegangene Forderung wies die
Beklagte zu 1) mit Schreiben vom 13. November 2012 zurück (Anlage K 3, Bl. 13
d. A.).
Ihren Entschädigungsanspruch verfolgte die Klägerin gegen
beide Beklagte mit ihrer am 8. Februar 2013 beim Arbeitsgericht eingegangenen,
der Beklagten zu 1) am 15. Februar 2013 und der Beklagten zu 2) am 18. Februar
2013 zugestellten Klage weiter.
Die Klägerin hat vorgetragen,
sie habe nach Anmeldung am Empfang der Beklagten zu 2) im
Vorraum/Treppenhaus auf den Logistikleiter P. gewartet. Dieser habe dann die
Tür zum Lagerbereich geöffnet und sie nur wortlos angeschaut, ohne etwas zu
sagen. Daraufhin habe sie ihn gefragt, ob er Herr P. sei. Dies habe er bejaht.
Sie habe sich sodann mit Vor- und Nachnamen vorgestellt und mitgeteilt, Frau W.
von der Beklagten zu 1) habe sie angekündigt. Darauf habe Herr P. erwidert,
dass Frau W. doch eine Frau habe schicken wollen. Sie habe geantwortet: „Ja,
das ist richtig, mein Name ist A..“ Herr P. habe nochmals erwidert, dass Frau
W. aber eine Frau A. angekündigt habe. Sie habe nochmals klargestellt, dass
dies richtig und sie Frau A. sei. Herr P. habe dann noch hinter die Tür
geschaut und so getan als suche er dort eine Frau. Nach einigem Zögern sei er
mit ihr ins Lager gegangen und habe ihr in einem kurzen Gespräch von wenigen
Minuten erklärt, was die Arbeitsaufgaben der Kommissioniererinnen seien.
Nachdem sie ihn mehrfach nach dem Arbeitsbeginn am folgenden Montag gefragt
habe, habe der Logistikleiter P. nur geantwortet, er müsse nochmals mit Frau W.
sprechen. Durch das Verhalten des Logistikleiters P. sei ihre geschlechtliche
Identität angezweifelt worden.
Das Geltendmachungsschreiben ihrer Prozessbevollmächtigten
sei der Beklagten zu 1) per Fax bereits am 12. November 2012 zugegangen.
Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,
die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie
eine Entschädigung, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, die
jedoch nicht unter 4.324,80 € liegen sollte, nebst Zinsen in Höhe von fünf
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klagezustellung zu zahlen.
Die Beklagte zu 1) hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte zu 2) hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte zu 1) hat vorgetragen,
der Anspruch ihr gegenüber sei verfallen, da sie die
schriftliche Geltendmachung erstmals am 13. November 2012 erhalten habe. Die
Mitarbeiterin C. Z. habe das Schreiben – wie bei ihr üblich – noch am selben
Tag beantwortet. Insbesondere habe sie das Schreiben nicht vorab per Fax
erhalten. Ein solches befinde sich nicht in ihrer Personalakte. Die Stelle sei
tatsächlich mit einer anderen Frau besetzt worden. Die Klägerin behaupte nicht,
dass sie die Stelle nicht bekommen habe, weil sie eine Frau sei bzw. dass ein
Mann bei sonst gleichen Voraussetzungen die Stelle erhalten hätte. Im Gegenteil
trage sie vor, dass selbst dann, wenn sie ein Mann wäre, ebenfalls eine
Benachteiligung wegen des Geschlechts gegeben sei. Dies führe die Argumentation
der Klägerin völlig ad absurdum.
Die Beklagte zu 2) hat vorgetragen,
der Logistikleiter P. habe nicht die
Geschlechterzugehörigkeit der Klägerin in Frage gestellt, sondern sich schlicht
beim ersten Anblick geirrt. Er sei im ersten Moment irritiert gewesen, weil er
die Person am Infostand als Mann wahrgenommen hätte, und habe gesagt: „Ich
dachte, Frau W. habe eine Frau A. zum Gespräch angekündigt.“ Als die Klägerin
ihm dann erklärt habe, „ja, das bin ich“, habe er sich dafür entschuldigt, dass
er sie im ersten Moment für einen Mann gehalten habe. Der Zeuge habe sich dann
mit der Klägerin ins Lager begeben, um ihr die dort anfallenden Arbeiten zu
erläutern. Dabei habe ihn die Klägerin gefragt, wann sie denn am kommenden
Montag anfangen solle. Der Logistikleiter P. habe ihr erklärt, dass sie nicht
die einzige Bewerberin für die Stelle sei und dass er Frau W. über die
Entscheidung informieren werde. Bei der Auswahl von Bewerbern komme es unter
anderem darauf an, zu beurteilen, wie sich eine Bewerberin oder ein Bewerber in
das vorhandene und gewachsene Lagerteam integrieren könne. Die Entscheidung
müsse der Lagerleiter aus seiner Kenntnis der im Lager arbeitenden Personen und
seinem persönlichen Eindruck von der sich bewerbenden Person treffen. Auf
dieser Basis habe der Herr P. einen andere/n Bewerber/in für die Stelle
ausgewählt.
Das Arbeitsgericht Mainz hat die Klage durch Urteil vom 5.
September 2013 abgewiesen. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht -
zusammengefasst - ausgeführt: Die Klägerin könne von beiden Beklagten nicht
gemäß § 15 Abs. 2 AGG die Zahlung einer angemessenen Entschädigung wegen der
Ablehnung ihrer Bewerbung auf eine Stelle als Kommissioniererin verlangen. Die
Klägerin habe schon keine Indizien im Sinn von § 22 AGG dargelegt und bewiesen,
die eine Benachteiligung wegen eines der Diskriminierungsmerkmale des § 1 AGG
vermuten ließen. Der eigene Sachvortrag der Klägerin rechtfertige weder die
Annahme einer Benachteiligung wegen des Geschlechts im Sinne von § 7 Abs. 1
erste Alternative AGG noch wegen eines vermeintlichen Geschlechts im Sinne von
§ 7 Abs. 1 2. Alternative AGG. Eine bestimmte sexuelle Identität im
Gesetzessinne habe die Klägerin weder behauptet noch eine daran anknüpfende
Benachteiligung. Wegen der Einzelheiten der erstinstanzlichen Begründung wird
ergänzend auf die Entscheidungsgründe des Urteils des Arbeitsgerichts Mainz
(Bl. 86 ff. d. A.) Bezug genommen.
Dieses Urteil ist der Klägerin am 9. Oktober 2013 zugestellt
worden. Die Klägerin hat hiergegen mit einem am Montag, 11. November 2013 beim
Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz vom 11. November 2013 Berufung
eingelegt und diese innerhalb der durch Beschluss vom 9. Dezember 2013 bis zum
9. Januar 2014 verlängerten Berufungsbegründungsfrist durch am 9. Januar 2014
beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz vom gleichen Tag begründet.
Zur Begründung der Berufung macht die Klägerin nach Maßgabe
des genannten Schriftsatzes, auf den ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 119 ff.
d. A.) zusammengefasst geltend, sie sei transsexuell. Diskriminierungen
erführen transgeschlechtliche Menschen vorwiegend nicht aufgrund ihrer
sexuellen Ausrichtung, sondern entweder wenn ihr Trans-Sein bekannt werde oder
weil sie in ihrem gewählten Geschlecht als untypisch und von der jeweiligen
Geschlechtsnorm abweichend auffielen bzw. weil sie sich keinem der zwei anerkannten
Geschlechter zuordnen wollten. Sie ist der Ansicht, eine Bewertung des
vorliegenden Sachverhalts unter das Merkmal „sexuelle Identität“ berge die
Gefahr, dass das rechtliche Merkmal „Geschlecht“ als enge Konzeption mit dem
bipolaren Merkmal Mann und Frau keine Öffnung oder Ausweitung erfahre.
Bezüglich der verschiedensten Ressentiments, die transsexuellen Personen
entgegengebracht würden, führe dies zu erheblichen Diskriminierungen sowohl im
gesellschaftlichen Leben als auch im Arbeitsleben. Die Rechtsprechung des EuGH
sehe im Fall der Diskriminierung wegen Transsexualität eine Diskriminierung
aufgrund des Geschlechts. Vorliegend sei durch das Verhalten des
Logistikleiters P. das Geschlecht letztlich in Frage gestellt worden. Allein
dieses Verhalten indiziere eine Benachteiligung. Objektive Gründe für die
Versagung der Arbeitszuweisung habe es nicht gegeben.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 5. September 2013,
Az. 3 Ca 234/13 abzuändern und die Beklagten als Gesamtschuldner zu
verurteilen, an sie eine Entschädigung, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts
gestellt wird, die jedoch nicht unter 4.324,80 € liegen sollte, nebst Zinsen in
Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klagezustellung zu
zahlen.
Die Beklage zu 1) beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklage zu 2) beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte zu 1) verteidigt das angefochtene Urteil nach
Maßgabe ihres Berufungserwiderungsschriftsatzes vom 14. März 2014, auf den ergänzend
Bezug genommen wird (Bl. 149 ff. d. A.), als rechtlich zutreffend. Sie trägt
vor, die Beklagte zu 2) habe sich für eine andere Bewerberin entschieden, da
diese für die zu besetzende Stelle besser geeignet gewesen sei als die
Klägerin. Diese Entscheidung habe weder etwas mit dem Geschlecht der Klägerin
noch mit deren angeblicher Transsexualität zu tun. Weder die Beklagte zu 2),
namentlich der Logistikleiter P., noch sie, namentlich Frau W., hätten Kenntnis
von einer Transsexualität der Klägerin gehabt und dies auch nicht angenommen.
Selbst wenn von der Beklagten zu 2) ein Verstoß gegen das
Benachteiligungsverbot begangen worden wäre, könnte dieser ihr, der Beklagten
zu 1), nicht zugerechnet werden.
Auch die Beklagte zu 2) verteidigt das angefochtene Urteil
nach Maßgabe ihres Berufungserwiderungsschriftsatzes vom 12. Februar 2014, auf
den ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 145 f. d. A.), als rechtlich zutreffend.
Der Vortrag der Klägerin, sie sei transsexuell, sei – als zutreffend
unterstellt – jedenfalls verspätet. Der Logistikleiter P. habe auch nicht das
Geschlecht der Klägerin in Frage gestellt, er sei schlicht einem – anfänglichen
– Irrtum unterlegen, welcher unmittelbar aufgeklärt und durch eine
Entschuldigung des Mitarbeiters beseitigt worden sei. Dem Logistikleiter sei
anlässlich des Vorstellungsgespräches vollkommen unbekannt gewesen, dass die
Klägerin transsexuell sei. Er habe insoweit auch keine Transsexualität der
Klägerin „vermutet“ oder auch nur „angenommen“.
Auch im Übrigen wird ergänzend auf die zwischen den Parteien
gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der Sitzung vom 9.
April 2014 (Bl. 154 ff. d. A.) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
A. Die nach § 64 Abs.
1 und 2 ArbGG statthafte Berufung der Klägerin ist gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs.
6 ArbGG in Verbindung mit §§ 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und
begründet worden. Sie erweist sich auch sonst als zulässig.
B. In der Sache hatte
die Berufung der Klägerin jedoch keinen Erfolg.
Das Gericht folgt den zutreffenden Ausführungen des
Arbeitsgerichts und stellt dies hiermit gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG fest. Die
Ausführungen der Klägerin in der Berufung geben Anlass zu folgenden
Ausführungen:
I. Die gegen beide
Beklagte gerichtete Klage ist zulässig. Der auf Zahlung einer Entschädigung
gerichtete Klageantrag ist zulässig, insbesondere hinreichend bestimmt (§ 253
Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Die Klägerin durfte die Höhe der von ihr begehrten
Entschädigung in das Ermessen des Gerichts stellen. Grundlage hierfür ist § 15
Abs. 2 S. 1 AGG, der für einen Schaden, der nicht Vermögensschaden ist, eine
angemessene Entschädigung in Geld vorsieht. Dem Gericht wird bei der Bestimmung
der Höhe der Entschädigung ein Beurteilungsspielraum eingeräumt (vgl. BT-Drucks.
16/1780 S. 38), weshalb eine Bezifferung des Zahlungsantrags nicht notwendig
ist. Erforderlich ist allein, dass die Klägerin Tatsachen, die das Gericht bei
der Bestimmung des Betrags heranziehen soll, benennt und die Größenordnung der
geltend gemachten Forderung angibt (vgl. BAG, Urteil vom 15. März 2012 – 8 AZR
160/11 – AP Nr. 10 zu § 15 AGG Rz. 17 m. w. N.). Diese Voraussetzungen sind
erfüllt. Die Klägerin hat einen Sachverhalt dargelegt, der dem Gericht
grundsätzlich die Bestimmung einer Entschädigung ermöglicht, und den
Mindestbetrag der angemessenen Entschädigung mit 4.324,80 € beziffert.
II. Die Klage gegen
die Beklagte zu 1) hatte keinen Erfolg. Die Klägerin hat gegen die Beklagte zu
1) keinen Anspruch gemäß § 15 Abs. 2 AGG wegen eines Verstoßes der Beklagten zu
1) gegen das Benachteiligungsverbot nach § 7 AGG.
Der persönliche Anwendungsbereich des AGG ist eröffnet. Als
Bewerberin war die Klägerin „Beschäftigte“ im Sinn des AGG. Nach § 6 Abs. 1 S.
2 Alt. 1 AGG gelten als Beschäftigte auch Bewerberinnen und Bewerber für ein
Beschäftigungsverhältnis.
Die Beklagte zu 1) hat um Bewerbungen für ein von ihr
angestrebtes Beschäftigungsverhältnis nachgesucht, ist also nach § 6 Abs. 2 S.
1 AGG “Arbeitgeberin“ im Sinne des Gesetzes (BAG, Urteil vom 23. August 2012 –
8 AZR 285/11 – NZA 2013, 37, 38 Rz. 19 m. w. N.).
Die insoweit darlegungs- und beweispflichtige Klägerin hat
im Berufungsverfahren bereits nicht nachgewiesen, dass sie einen
Entschädigungsanspruch wegen Diskriminierung gemäß § 15 Abs. 2 AGG gegenüber
der Beklagten zu 1) rechtzeitig geltend gemacht hat. Bei der Frist des § 15
Abs. 2 AGG handelt es sich um eine materiell-rechtliche Ausschlussfrist, deren
Einhaltung von Amts wegen zu beachten ist. Sie verstößt nicht gegen Unionsrecht
(BAG, Urteil vom 15. März 2012 – 8 AZR 160/11 – AP Nr. 10 zu § 15 AGG Rz. 22,
27 ff. m. w. N.). Bei Nichteinhaltung der Frist verfällt der Anspruch (vgl.
BAG, Urteil vom 24. September 2009 – 8 AZR 705/08 - NZA 2010, 387, 391 Rz. 38,
56).
Die Geltendmachung von Entschädigungsansprüchen nach § 15
Abs. 2 durch die Klägerin mit per Normalpost versandtem Schreiben vom 12.
November 2012, bei der Beklagten zu 1) am 13. November 2012 eingegangen, hat
die Frist des § 15 Abs. 4 AGG nicht gewahrt.
Der Lauf der Frist beginnt nach Satz 2 mit dem Zeitpunkt, an
dem der oder die Benachteiligte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt. Im
Fall einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs ist das der Zeitpunkt des
Zugangs der Ablehnung durch den Arbeitgeber. Damit der Fristlauf beginnen kann,
ist eine ausdrückliche oder konkludente Erklärung des Arbeitgebers
erforderlich, aus der sich für den Beschäftigten bzw. die Beschäftigte aus der
Sicht eines objektiven Erklärungsempfängers eindeutig ergibt, dass seine bzw.
ihre Bewerbung erfolglos war (BAG, Urteil vom 17. August 2010 – 9 AZR 839/08 –
NZA 2011, 153, 155 Rz. 21).
Durch die Mitteilung der Frau W. am 10. September 2012, dass
sich Herr P. für eine Bewerberin von einer anderen Zeitarbeitsfirma entschieden
habe, hatte die Klägerin Kenntnis von der geltend gemachten Benachteiligung.
Deshalb begann die Zweimonatsfrist des § 15 Abs. 4 AGG am 11. September 2012 (§
187 Abs. 1 BGB) und endete am Montag, 12. September 2012 (§§ 188 Abs. 2, 193
BGB). Der Eingang des mit Normalpost übersandten Geltendmachungsschreibens der
Klägerin bei der Beklagten zu 1) am 13. November 2012 wahrte deshalb nicht die
Frist des § 15 Abs. 4 AGG.
Zwar hat die Klägerin behauptet, ihre
Prozessbevollmächtigten hätten das Schreiben vom 12. September 2012 an die
Beklagte zu 1) bereits an diesem Tag vorab per Fax übersandt. Die Beklagte zu
1) hat diesen Vortrag jedoch bestritten und die Klägerin hat keinen Beweis
hierfür erbracht. Während vom Arbeitgeber zu beweisen ist, dass und wann die
Frist nach § 15 Abs. 4 S. 1 AGG durch Zugang der Ablehnung zu laufen begonnen
hat, hat der Arbeitnehmer den Zugang seiner schriftlichen Geltendmachung beim
Arbeitgeber zu beweisen (BAG, Urteil vom 19. August 2010 – 8 AZR 530/09 – NZA
2010, 1412, 1414 Rz. 38).
Problematisch ist weiter, ob das Geltendmachungsschreiben
der Klägerin vom 11. September 2012 die Geltendmachung einer Entschädigung
wegen Diskriminierung wegen Transsexualität umfasste. Die Klägerin hat
ausdrücklich eine Diskriminierung „wegen des Geschlechts“ geltend gemacht.
Durch dieses Schreiben konnte sie daher nur die Frist wegen einer
Diskriminierung wegen des Geschlechts, nicht jedoch wegen ihrer sexuellen
Identität wahren (vgl. BAG, Urteil vom 26. September 2013 – 8 AZR 650/12 – NZA
2013, 258 für eine Diskriminierung wegen Behinderung und wegen Alters). Die
Einordnung der „Transsexualität“ ist streitig. Während der Europäische
Gerichtshof in dem Urteil vom 30. April 1996 (Rs. C-13/94 – NZA 1996, 659, Rz.
21) davon ausgegangen ist, dass Diskriminierungen, die ihre Ursache in der
Geschlechtsumwandlung des/der Betroffenen haben, hauptsächlich, wenn nicht
ausschließlich auf dem Geschlecht des bzw. der Betroffenen beruhen (so auch
ErfK-Schlachter, 14. Aufl. 2014, § 1 AGG Rn. 6; Jauernig/Mansel, BGB, 15. Aufl.
2014, § 1 AGG Rn. 4 und 8; MüKo-Thüsing, 6. Aufl. 2012, § 1 AGG Rn. 58, 89),
soll nach dem Willen des Gesetzgebers des AGG der Begriff der „sexuellen
Identität“ unter anderem transsexuelle Menschen erfassen (BT-Drucksache
16/1780, S. 31).
Im vorliegenden Fall kann diese Frage jedoch nach Auffassung
der Kammer dahingestellt bleiben, da die Klägerin von der Beklagten zu 1)
jedenfalls nicht wegen ihrer Transsexualität benachteiligt worden ist:
Nach § 15 Abs. 2 S. 1 AGG kann der oder die Beschäftigte
wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine angemessene
Entschädigung in Geld verlangen. Der Entschädigungsanspruch setzt einen Verstoß
gegen das Benachteiligungsverbot gemäß § 7 AGG in Verbindung mit § 1 AGG
voraus. Gemäß § 7 Abs. 1 Halbs. 1 AGG dürfen Beschäftigte nicht wegen eines der
in § 1 AGG genannten Merkmale benachteiligt werden. Gegen dieses
Benachteiligungsverbot hat die Beklagte jedoch nicht verstoßen.
Mit der Ablehnung ihrer Einstellung hat die Klägerin eine
weniger günstige Behandlung als der letztlich ausgewählte erfolgreiche Bewerber
bzw. die letztlich ausgewählte erfolgreiche Bewerberin erfahren. In Betracht
kommt daher eine unmittelbare Benachteiligung im Sinn des § 3 Abs. 1 S. 1 AGG,
wenn diese Behandlung aus einem der in § 1 AGG genannten Gründe erfolgte.
Unstreitig befand sich die Klägerin im Verhältnis zum tatsächlich
eingestellten, erfolgreichen Bewerber bzw. der tatsächlich eingestellten,
erfolgreichen Bewerberin in einer „vergleichbaren Situation“. Die Klägerin war
insbesondere objektiv für die ausgeschriebene Stelle geeignet. Das ergibt sich
auch daraus, dass ihr von der Beklagten zu 1) in Person von Frau W. ein
schriftlicher Arbeitsvertrag angekündigt worden war, ebenso, dass die Beklagte
zu 2) informiert werde. Auch wurde ein Treffen mit dem Logistikleiter der
Beklagten zu 2) P., in B. noch für den gleichen Tag um 15.00 Uhr vereinbart.
Als Benachteiligungen im Sinn des § 3 Abs. 1 S. 1 AGG gelten
alle Verhaltensweisen gemäß § 3, einschließlich der Versagung einer Chance
(BAG, Urteil vom 23. August 2012 – 8 AZR 285/11 – NZA 2013, 37, 38 Rz. 22; vom
17. August 2010 – 9 AZR 839/08 – NZA 2011, 153, 155 Rz. 29 jeweils m. w. N.).
Die Ablehnung der Einstellung ist eine Benachteiligung im Sinn des § 3 Abs. 1
S. 1 AGG. Dies wird durch § 15 Abs. 2 S. 2 AGG bestätigt. Danach wird für den
Fall, dass der Bewerber auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht
eingestellt worden wäre, nicht der Anspruch ausgeschlossen, sondern lediglich
die Entschädigungshöhe begrenzt.
Da für einen Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG die
Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes erfolgt sein muss, ist
ein Kausalzusammenhang erforderlich. Dieser ist dann gegeben, wenn die
Benachteiligung an einen der in § 1 AGG genannten oder mehrere der in § 1 AGG
genannten Gründe anknüpft oder dadurch motiviert ist (BT-Drs. 16/1780, S. 32).
Ausreichend ist, dass ein in § 1 AGG genannter Grund Bestandteil eines
Motivbündels ist, das die Entscheidung beeinflusst hat (BAG, Urteil vom 29.
September 2013 – 8 AZR 650/12 – NZA 2014, 258, 260 f. Rz. 25; vom 23. August
2012 – 8 AZR 285/11 – NZA 2013, 37, 39 Rz. 30; vom 22. Januar 2009 – 8 AZR
906/07 – NZA 2009, 945, 947 Rz. 37 m. w. N.). Auf ein schuldhaftes Handeln oder
gar eine Benachteiligungsabsicht kommt es nicht an. Die Behinderung muss mithin
nicht – gewissermaßen als vorherrschender Beweggrund, Hauptmotiv oder „Triebfeder“
des Verhaltens – handlungsleitend oder bewusstseinsdominant gewesen sein; die
bloße Mitursächlichkeit genügt (BAG, Urteil vom 17. Oktober 2013 – 8 AZR 742/12
– NZA 2014, 303, 305 Rz. 22; vom 29. September 2013 – 8 AZR 650/12 – NZA 2014,
258, 261 Rz. 25).
Nach der allgemeinen Darlegungs- und Beweislastregel muss
grundsätzlich derjenige, der einen Anspruch geltend macht, die
anspruchsbegründenden Tatsachen darlegen und beweisen. Zu den
anspruchsbegründenden Tatsachen gehört auch die Kausalität zwischen Nachteil
und Transsexualität. Der Beschäftigte genügt gemäß § 22 AGG seiner
Darlegungslast, wenn er Tatsachen vorträgt, die eine Benachteiligung wegen der
Transsexualität vermuten lassen. Dies ist der Fall, wenn die vorgetragenen
Tatsachen aus objektiver Sicht nach allgemeiner Lebenserfahrung mit
überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, dass die
Benachteiligung wegen der Transsexualität erfolgte. Liegt eine Vermutung für
die Benachteiligung vor, trägt nach § 22 AGG die andere Seite die Beweislast
dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor
Benachteiligungen vorgelegen hat (BAG, Urteil vom 17. Oktober 2013 – 8 AZR
742/12 – NZA 2014, 303, 305 Rz. 22; vom 29. September 2013 – 8 AZR 650/12 – NZA
2014, 258, 261 Rz. 27; vom 17. August 2010 – 9 AZR 839/08 – NZA 2011, 153, 156
Rz. 32 m. w. N.).
Der zweite Halbsatz des § 7 AGG erweitert den
Anwendungsbereich des Verbots, in das auch solche Personen einbezogen werden,
von denen der Handelnde lediglich annimmt, sie gehörten der geschützten Gruppe
an (BAG, Urteil vom 17. Dezember 2009 – 8 AZR 670/08 – NZA 2010, 383 Rz. 14 m.
w. N.). Auch wenn es in solchen Fällen zu einer Benachteiligung „wegen eines
Merkmals gemäß § 1“ gar nicht kommen kann, ist die Benachteiligung von Personen
untersagt, denen zum Beispiel aufgrund ihrer äußeren Erscheinung oder ihres
Namens derartige Merkmale nur zugeschrieben werden, zum Beispiel allein auf
Grund ihres äußeren Erscheinungsbildes (BT-Drs. 16/1780, S. 34). Macht sich der
Benachteiligende Vorstellungen über das Vorliegen eines
Benachteiligungsgrundes, kann dies genügen, um den Entschädigungsanspruch
auszulösen (BAG, Urteil vom 17. Dezember 2009 – 8 AZR 670/08 – NZA 2010, 383
Rz. 14 m. w. N.).
Dass eine von einem Nachteil betroffene Person ein Merkmal gem.
§ 1 AGG tatsächlich aufweist, indiziert nicht, dass der Nachteil auf dem
Merkmal auch kausal beruht (BAG, Urteil vom 22. Oktober 2009 – 8 AZR 642/08 –
NZA 2010, 280, 282 Rz. 29 m. w. N.). Vielmehr ist erforderlich, dass der
Arbeitgeber oder sein Vertreter das Vorliegen des Nachteils kennt oder
jedenfalls vom Vorliegen dieses Merkmals ausgeht.
Der Vortrag der Klägerin lässt keinen Schluss auf die
Vermutung einer Ursächlichkeit zwischen der Ablehnung der Einstellung und der
von der Klägerin behaupteten Transsexualität zu. Die Klägerin beruft sich
allein auf die Ablehnung und auf das in ihrer Person erfüllte
Diskriminierungsmerkmal. Dies vermag eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für
eine gesetzwidrige Motivation der Kündigungsentscheidung oder deren Verknüpfung
mit einem pönalisierten Merkmal nach § 1 AGG nicht zu begründen. Es bedarf bei
einem unter anderem mit dem Entschädigungsanspruch sanktionierten Verstoß gegen
das Benachteiligungsverbot zwar keiner „subjektiven Komponente” im Sinne einer
Benachteiligungsabsicht. Hingegen muss eine Anknüpfung der Handlung des
Benachteiligenden an ein Diskriminierungsmerkmal zumindest in Betracht kommen
können (BAG, Urteil vom 22. Oktober 2009 – 8 AZR 642/08 – NZA 2010, 280, 282
Rz. 28 m. w. N.).
Kannten weder die Beklagte zu 2) – in Person von Herrn P. –
noch die Beklagte zu 1) – in Person von Frau W. – die Transsexualität der
Klägerin, konnte die Benachteiligung nicht „wegen des Geschlechts“ der Klägerin
erfolgen (vgl. BAG, Urteil vom 26. September 2013 – 8 AZR 650/12 – NZA 2014,
258 Rn. 30). Die Klägerin selbst hat erst in der Berufungsbegründungsschrift
offengelegt, dass sie transsexuell sei. Allein die „Suche“ des Herrn P. nach
einer – ihm von Frau W. angekündigten - Frau lässt nicht darauf schließen, dass
er die Klägerin als transsexuell angesehen hat und bei dieser Annahme nach dem
Hinweis der Klägerin darauf, dass sie „Frau A.“ sei, geblieben ist. Die
Klägerin hat ebenfalls nicht behauptet, dass Herr P. von ihrer Transsexualität
ausgehen konnte und ausgegangen ist.
Im Verhältnis zur Beklagten zu 1) ist ein
Entschädigungsanspruch der Klägerin auch bereits deshalb nicht gegeben, da der
Beklagten zu 1) das Verhalten des Logistikleiters P. nicht zugerechnet werden
kann.
Werden Benachteiligungen – wie im vorliegenden Fall – von
sonstigen Dritten, etwa Kunden begangen, trifft den Arbeitgeber eine
Entschädigungspflicht nur, wenn er seine Verpflichtung zum Ergreifen geeigneter
Schutzmaßnahmen mindestens fahrlässig verletzt hat (Ernst/Braunroth/Wascher,
AGG, 2. Aufl. 2013, § 15 Rn. 5). Geht die Benachteiligung von Dritten aus, die
zum Arbeitgeber nicht in arbeitsrechtlichen, sondern in sonstigen vertraglichen
Beziehungen stehen, ist § 7 Abs. 3 AGG nicht einschlägig. Zwar kann der
Benachteiligte auch in diesem Falle die Verletzung von Schutzpflichten aus §
241 Abs. 2 BGB geltend machen, doch kann dem Arbeitgeber das Fehlverhalten
Dritter nicht als eigene Pflichtverletzung zugerechnet werden (ErfK-Schlachter,
14. Aufl. 2014, § 7 AGG Rn. 10). Die Klägerin hat nicht dargelegt, welche
Schutzpflichten die Beklagte zu 1) verletzt haben soll.
III. Auch die Klage
gegen die Beklagte zu 2) hatte keinen Erfolg. Die Klägerin hat gegen die
Beklagte zu 2) keinen Anspruch auf Entschädigung gemäß § 15 Abs. 2 AGG wegen
ihrer Nichteinstellung.
Der persönliche Anwendungsbereich des AGG ist auch insoweit
eröffnet. Die Beklagte zu 2) gilt gemäß § 6 Abs. 2 S. 2 AGG als Arbeitgeber im
Sinne des 2. Abschnitts des AGG. Ihr sollte die Klägerin von der Beklagten zu
1) zur Arbeitsleistung überlassen werden.
Dahinstehen kann auch im Verhältnis zur Beklagten zu 2), ob
die Geltendmachung eines Entschädigungsanspruchs wegen Diskriminierung wegen
ihres Geschlechts durch das spätestens am 12. November 2012 der Beklagten zu 2)
zugegangene Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigen die Fristen hinsichtlich der
geltend gemachten Diskriminierung wegen der Transsexualität wahrte und sie
durch die Klageerhebung die Frist des § 61b Abs. 1 ArbGG eingehalten hat.
Die als unterlegene Bewerberin erfahrene „ungünstigere Behandlung“
erfolgte jedenfalls nicht „wegen“ der Transsexualität der Klägerin. Zwar ist
das Verhalten des Logistikleiters P. der Beklagten zu 2) zuzurechnen, die sich
bei der Anbahnung dieses Mitarbeiters bedient hat. Sie trifft daher eine
Verantwortlichkeit für sein Verhalten (vgl. BAG, Urteil vom 17. Dezember 2009 –
8 AZR 670/08 – NZA 2010, 383, 385 Rz. 23).
Wie oben (unter II. 3.b) dargelegt, hat die Klägerin jedoch
selbst nicht behauptet, das dem Logistikleiter P. ihre Transsexualität im
Zeitpunkt der Benachteiligung positiv bekannt war, für ihn offensichtlich
gewesen oder von diesem angenommen worden wäre.
Ein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte zu 2) ist auch
nicht nach anderen Anspruchsgrundlagen gegeben. Durch § 15 Abs. 5 AGG wird
klargestellt, dass nach anderen Vorschriften bestehende Ansprüche auch
weiterhin geltend gemacht werden können. Die Entwurfsbegründung (BT-Drs.
16/1780 S. 38) verweist hierfür auf Ansprüche auf Unterlassung nach § 1004 BGB
oder auf Ersatz des materiellen Schadens nach den §§ 252, 823 BGB.
Ansprüche nach anderen Anspruchsgrundlagen sind im
vorliegenden Fall jedoch nicht ersichtlich. Die Klägerin hat gegen die Beklagte
zu 2) auch keinen Anspruch auf Ersatz des Nichtvermögensschadens wegen
Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gemäß § 823 Abs. 1 BGB in
Verbindung mit Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG. Voraussetzung eines Anspruchs
aus § 823 Abs. 1 BGB in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG ist,
dass der Arbeitgeber das allgemeine Persönlichkeitsrecht schwerwiegend verletzt
hat oder dem Arbeitgeber ein schwerwiegender Verschuldensvorwurf zu machen ist;
geringfügige Eingriffe lösen keine Entschädigungsansprüche aus. Weitere
Voraussetzung ist, dass die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise
befriedigend ausgeglichen werden kann (BAG, Urteil vom 24. September 2009 – 8
AZR 636/08 – NZA 2010, 159, 163 Rz. 42). Ob eine schwerwiegende Verletzung
vorliegt, hängt von Art, Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, Anlass und
Beweggrund des Handelnden sowie dem Grad seines Verschuldens ab, wobei zu
berücksichtigen ist, in welche geschützten Bereiche eingegriffen wurde (BAG, Urteil
vom 24. September 2009 – 8 AZR 636/08 – NZA 2010, 159, 163 Rz. 43). Eine
Haftung kommt insbesondere nur bei einem Verschulden (§ 276 BGB) in Betracht.
Nach den allgemeinen Darlegungs- und Beweislastregeln hat
der bzw. die Geschädigte sämtliche anspruchsbegründenden Tatsachen darzulegen
und gegebenenfalls zu beweisen. § 22 AGG bietet für die Geltendmachung eines
Anspruchs aus § 823 Abs. 1 BGB wegen Verletzung des allgemeinen
Persönlichkeitsrechts keine Erleichterungen (BAG, Urteil vom 15. März 2012 – 8
AZR 160/11 – AP Nr. 10 zu § 15 AGG, Rz. 75 ff. m. w. N.).
Aus dem Vortrag der Klägerin ergibt sich keine
schwerwiegende Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts oder ein schwerwiegender
Verschuldensvorwurf, der der Beklagten zu 2) zu machen wäre.
Die Berufung der Klägerin hatte daher sowohl im Hinblick auf
die Beklagte zu 1) als auch auf die Beklagte zu 2) keinen Erfolg.
IV. Die
Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO. Die Voraussetzungen einer
Revisionszulassung nach § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG sind (nur) im Verhältnis zur
Beklagten zu 2) erfüllt. Die Frage, ob eine Benachteiligung wegen der
„Transsexualität“ des Bewerbers voraussetzt, dass dem Arbeitgeber die
Transsexualität bekannt ist oder von ihm angenommen wird, ist – soweit
ersichtlich - höchstrichterlich bislang nicht entschieden. Im Hinblick auf die
Beklagte zu 1) war diese Frage nicht entscheidungserheblich, da die Klage gegen
die Beklagte zu 1) auch aus anderen Gründen keinen Erfolg hatte.
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