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In Zusammenarbeit mit der Antidiskriminierungsstelle des
Bundes
In Indien gibt es jetzt drei Geschlechter Historischer Erfolg für Transsexuelle:Im konservativen Indien werden sie fortan als dritte Geschlechtsgruppe anerkannt und erhalten wichtige Minderheitenrechte.
Die Transgender-Gemeinde jubelt.
Von Sophie Mühlmann
Drittes Geschlecht
in Indien offiziell anerkannt
In Indien gibt es künftig drei Geschlechter. Das hat nun der
oberste Gerichtshof entschieden. Menschen, die sich weder als männlich noch als
weiblich bezeichnen, sollen künftig als "drittes Geschlecht" gelten.
Sie werden verspottet, missachtet und missbraucht: Indiens
"Hijra", die Männer in Frauenkleidern, die weiblichen Seelen im
männlichen Körper. Ihr Brot verdienen die meisten von ihnen ohne Würde: mit
Singen und Tanzen, mit Betteln oder dem Verkaufen ihres Körpers. Nun gaben die
Richter den Transsexuellen Status und Selbstachtung zurück: sie schenkten ihnen
eine eigene Identität.
Indien hat – nach Australien, Neuseeland und Nepal – nun
offiziell drei Geschlechter. Der Oberste Gerichtshof des Landes hat am Dienstag
in der Hauptstadt Neu-Delhi ein historisches Urteil gefällt: Gleiches Recht für
alle: für Frauen, für Männer und für das sogenannte dritte Geschlecht.
Diese je nach Schätzung ein bis zwei Millionen
Transsexuellen des südasiatischen Subkontinents fühlen sich weder als Männer
noch als Frauen. Früher in Indiens Geschichte wurden die Hijra respektiert.
Besonders in ihrer Glanzzeit, in den Jahren der muslimischen Moghulherrschaft,
genossen sie als Hof- oder Haremseunuchen großes Ansehen. Nicht selten hatten
sie wichtigen Posten inne.
400 Jahre ein fester
Platz in der Geschichte
Sie galten als gesegnet, doch das ist lange vorbei.
Inzwischen wurden sie an den Rand der Gesellschaft gedrängt und massiv
diskriminiert – obwohl sie seit über 4000 Jahren einen festen Platz in der
indischen Kultur und in den Geschichtsbüchern und Epen innehaben.
Bei einem Protestmarsch durch Mumbai demonstrierten diese
Transexuellen für mehr Rechte – die sie jetzt eingeräumt bekommen
Gezwungen, sich zu verkaufen: Eine Prostituierte,
transsexuell, bietet ihre Dienste an
Heute aber erklingen schrille Pfiffe und Beleidigungen, wenn
ein Mann in Frauengewändern eine indische Straße überquert. Krankenhäuser
lehnen es mitunter ab, einen Transsexuellen aufzunehmen.
Das alte Gesetz
verweigerte Eunuchen, Hermaphroditen und Corssdressern bis vor einem Jahr noch
das Recht zu wählen. Sie durften kein Eigentum besitzen, nicht heiraten oder
ihre Identität mit einem Pass oder Führerschein belegen.
Stattdessen zwangen die Behörden sie, sich bei amtlichen
Vorgängen für männlich oder weiblich zu entscheiden. In Ämtern und
Bildungsstätten, selbst in Eisenbahnen und Bussen, nicht einmal in öffentlichen
Toiletten (mit Ausnahme des Bundesstaates Tamil Nadu) gab es einen Ort für sie.
Wo sie auch hinkamen, sie waren nicht willkommen – und sie fühlten sich fehl am
Platz.
Transsexuelle sind auch Bürger
Indiens
Das soll nun anders werden. Es sei "der Geist der
Verfassung, allen Bürgern die gleichen Chancen einzuräumen, unabhängig von Kaste,
Religion oder Geschlecht", erklärte das Gericht. "Transsexuelle sind
auch Bürger Indiens", und man müsse ihnen "dieselben Möglichkeiten zu
wachsen zur Verfügung stellen". Das Urteil legt nun schwarz auf weiß fest:
"Es ist das Recht eines jeden menschlichen Wesens, sein Geschlecht selbst
zu wählen".
Lakshmi Narayan Tripathi, ein Aktivist für die Rechte von
Transsexuellen, freute sich gegenüber der "Times of India" über den
Gerichtsbeschluss: "Der Fortschritt des Landes hängt von den
Menschenrechten seiner Bevölkerung ab, und wir sind sehr glücklich über die
Entscheidung, denn der Oberste Gerichtshof hat uns diese Rechte gegeben. Heute
bin ich zum ersten Mal stolz, Inder zu sein." Tripathi war einer der
Anführer der Bewegung gewesen, die den Stein 2012 durch eine landesweite
Petition ins Rollen gebracht hatten.
Die hohen Herren auf der Richterbank haben die neue
Kategorie klar definiert: Alle, die in das eine Geschlecht hineingeboren
wurden, später aber durch Operation, Kleidung oder Make-up die äußerlichen
Merkmale des anderen angenommen haben oder die schlicht das Leben des anderen
Geschlechtes führen, gelten nun offiziell als "drittes Geschlecht"
mit allen entsprechenden Rechten.
Rückfall bei Homosexualität
Homo- und Bisexuelle, stellten die Richter allerdings klar,
fallen nicht unter diese neue Kategorie. Das gleiche Gericht hatte erst vor
vier Monaten ein heftig kritisiertes Gesetz aus der britischen Kolonialzeit
wieder neu installiert, das Geschlechtsverkehr zwischen Homosexuellen strafbar
macht und für "widernatürlich" erklärt. Dabei war Homosexualität in
Indien erst 2009 legalisiert worden.
Das dritte Geschlecht aber darf sich fortan ganz offiziell
an Schulen und Universitäten einschreiben und um eine Arbeitsstelle bewerben.
Quoten werden eingeführt, wie sie bereits für andere "sozial und
wirtschaftlich rückständige" Minderheiten existieren. Auch sollen die
Transsexuellen von nun an einen eigenen Platz innerhalb des Sozialsystems
bekommen.
Das staatliche Gesundheitssystem soll sich offiziell mit
ihren speziellen medizinischen Besonderheiten vertraut machen. Und eine
landesweite Aufklärungskampagne soll außerdem das Stigma aus der Welt schaffen,
das die Hijra bisher umgab. "Sie sind Teil der Gesellschaft",
erklärte das Gericht, "und die Regierung muss Schritte einleiten, um sie
dem gesellschaftlichen Mainstream zuzuführen".
Sie flüchten sich in Nischen
Leichter gesagt als getan. Transsexuelle haben es in Indiens
traditioneller Gesellschaft schon innerhalb ihrer eigenen Familie so schwer,
dass die meisten gezwungen sind, ihr Zuhause zu verlassen. Sie flüchten sich in
Nischen, wo sie mehr oder weniger geduldet werden.
Dem alten Brauch und Aberglaube nach können die Hijra
Menschen segnen oder verfluchen. Man bezahlte sie, um sich durch sie das Pech
vom Leib zu halten. So erscheinen sie bis heute gern bei Geburten und
Hochzeiten, bei Firmengründungen und Einzügen in ein neues Zuhause. Sie betteln
und provozieren: stimmt das Geld nicht, heben sie gern mal ihren Rock hoch,
denn für fromme Hindus bedeutet der Anblick der kastrierten männlichen
Genitalien einen Fluch, der sieben Jahre anhält.
Im Bundesstaat Bihar wurde seit 2006 gar der schlechte Ruf
der Hijra ausgenutzt: Sie wurden für einen geringen Lohn offiziell als
Steuereintreiber eingesetzt. Die bunten Vögel mussten vor dem Haus des
Steuerhinterziehers so lange laut singen, bis es ihm so peinlich wurde, dass er
bezahlte. Diese Methode erwies sich als die effektivste im ganzen Land.
Heldenhafter Eunuch im Film
Der Trend zu einer liberaleren Einstellung ist aber bereits
seit einiger Zeit zu spüren, und es gibt immer mehr Ausnahmen aus den Kreisen
der Transsexuellen, die es ins Rampenlicht schaffen und Respekt genießen.
Indien hatte ein erstes transsexuelles Fotomodell und eine
Hijra-Fernsehmoderatorin. In dem Bollywoodfilm "Jodhaa Akbar", einem
historischen Epos aus dem Jahr 2008, hat eine Hijra nicht wie sonst üblich die
komische Rolle inne, sondern stellt einen heldenhaften Eunuchen an der Seite
der weiblichen Hauptrolle dar.
Die transsexuelle Kalki Subramanian hat 2009 die weltweit
erste Online-Datingwebsite für ihresgleichen gegründet – mit großem Erfolg. Und
im März 2000 zog im Bundesstaat Madhya Pradesh mit Shabnam "Mausi"
("Tante" Shabnam) sogar zum ersten Mal eine Hijra ins Parlament ein.
Mit dem historischen Urteil wird der gleichwertige Status
der Hijra nun amtlich. Auf dem Papier klingt das neue Gesetz vielversprechend.
Doch der Weg zu echter Gleichberechtigung wird lang und steinig. Indien ist
eine zutiefst chauvinistische Gesellschaft. In einem Land, wo schon Frauen kaum
Rechte haben, warnen Kritiker, wo junge Mädchen wie alte Weiber auf offener
Straße vergewaltigt werden, wie kann man da erwarten, dass ein Mann in
Frauenkleidern von heute auf morgen respektiert wird?
Quelltext: http://www.welt.de/politik/ausland/article126989897/In-Indien-gibt-es-jetzt-drei-Geschlechter.html
Anderssein darf sich sehen lassen Die
Life-Ball-Plakate mit Transgender-Model Carmen Carrera haben nicht nur
Bewunderer.
Ja, dürfen sie denn das? Da meint man eine Frau mit
perfekten Rundungen zu bestaunen, die dasteht, wie Gott sie schuf, mit
vielleicht etwas zu straffem Busen, aber doch eindeutig weiblichen Geschlechts.
Und siehe da: Einen halben Meter weiter rechts ist dieselbe
Nackte abgebildet, wieder mit gefälligem Dekolleté, aber da hängt noch ein
Penis dran, der da sogar hingehört. Bei dem Modell für den Wiener Life Ball
handelt es sich nämlich um Transgender-Woman Carmen Carrera, die heute zwar als
Frau lebt, ihr männliches Geschlecht aber nicht entfernen ließ.
Es ist die programmierte Erregung:
Das Life-Ball-Plakat 2014, gestaltet von Starfotograf David
LaChapelle, ist als "Ode an Toleranz und Akzeptanz" konzipiert – und
als Provokation.
Die ist auch, zumindest zum Teil, gelungen. Obwohl sich der
Organisator der Benefiz-Veranstaltung, Gery Keszler, einen lauteren Aufschrei
erwartet hätte. Mehr als 100 Beschwerden gingen seit Beginn der Woche beim
Werberat ein, einige Penisse auf den in Wien affichierten Plakaten wurden von
Passanten übermalt. Am lautesten wird freilich in den sozialen Netzwerken getobt
und gegeifert. Eine oft geäußerte Befürchtung auf Facebook und Twitter: Wie
soll ich das bitte meinem Kind erklären?
Überforderung
Sandra Vélasquez ist Kinderpsychologin in Wien. Die
Aufregung um das Life-Ball-Plakat ist bereits bis in ihre Praxis vorgedrungen.
"Zwei verunsicherte Eltern haben nachgefragt, wie sie damit umgehen
sollen. Dieses Thema geht ganz tief in die Glaubens- und Wertesysteme der
Menschen", sagt Vélasquez. "Als Teenies haben wir nackte Menschen
heimlich unter der Decke angeschaut, jetzt hängen Bilder von Nackten überall in
der Stadt. Viele sind damit total überfordert."
Die Psychologin rät ihren Klienten zu einem ehrlichen,
altersgerechten Umgang mit dem Thema "Anderssein". "Die Meinung
der Kinder bitte zulassen." Es könne nämlich gut sein, dass Erwachsene
schockiert reagieren, während Kinder die Plakate lustig finden, sagt Philipp
Ikrath vom Institut für Jugendkulturforschung.
Einem kleinen Kind, das vor einem der Life-Ball-Plakate
stehen bleibt, könnte man etwa sagen, dass es Männer gibt, die Frauen sein
wollen, und umgekehrt, sagt Vélasquez. "Kinder verstehen, dass Transgender
eine gesellschaftliche Realität ist."
Bei älteren Kindern und Jugendlichen könne man etwas
konkreter werden und zum Beispiel antworten, dass der menschliche Körper eben
vielfältig sei. Ikrath: "Das gibt es halt auch, selbst wenn es nicht allzu
häufig vorkommt."
Wobei der Jugendforscher die Sorge um das Seelenheil der
Kinder nur als vorgeschobenes Argument betrachtet. "Bei Dingen, die
Erwachsenen Unbehagen bereiten, sind Kinder eine beliebte
Projektionsfläche." Das schrille Image des Life Balls sei zwar
mittlerweile allgemein akzeptiert, als ein Refugium für Menschen, die anders
sind. Im Alltag wolle man mit diesem Treiben aber nicht konfrontiert werden.
Dabei ist die Botschaft des Plakates mehr eine Aufforderung
zu mehr Toleranz als eine Kampfansage ans Establishment, erläutert Ikrath. Ganz
im Sinne des diesjährigen Life-Ball-Stargastes Conchita Wurst: "Es gibt
mehr als Schwarz und Weiß. Es klingt kitschig, aber am Ende sind wir alle
gleich."
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