Dienstag, 23. September 2014

Neues Transgendergesetz in den Niederlanden


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Neues Transgendergesetz in den Niederlanden
1. Juli 2014.

Transgender

Neues Transgendergesetz ermöglicht einfachere Änderung der Geschlechtsangabe.
Heute ist in den Niederlanden ein neues Transgendergesetz in Kraft getreten. Nun ist es einfacher für Menschen, die sich mit ihrer zugewiesenen Geschlechterrolle nicht identifizieren können, die Geschlechtsangabe in ihrer Geburtsurkunde ändern zu lassen. Anschließend können sie bei ihrer Gemeinde neue Ausweispapiere beantragen. In den Niederlanden leben nach Schätzungen des Transgender Netwerk Nederland ca. 390.000 Transsexuelle.

Bisher mussten Transsexuelle drei Bedingungen erfüllen, um die Angabe ihres Geschlechts im Pass ändern zu können. So mussten sie durch einen medizinischen Eingriff dauerhalft unfruchtbar gemacht werden und es musste eine körperliche Anpassung stattfinden, beispielsweise durch eine Hormonbehandlung oder das Tragen von Brustprothesen. Anschließend musste ein Richter der Eintragung zustimmen.

Mit der Gesetzesänderung reicht nun eine Erklärung eines medizinischen Gutachters, dass der Betroffene ernsthaft und dauerhaft seine Identität ändern will. Die Änderung der Geburtsurkunde kann dann beim Standesamt durchgeführt werden. Äußere Veränderungen, Operationen oder Sterilisationen sind nun nicht mehr notwendig.

Der Gesetzentwurf stammt bereits aus dem Jahr 2012 und wartete seitdem auf die Zustimmung der Eerste Kamer. Für Diskussionen sorgte vor allem die Altersgrenze, ab wann eine solche Änderung vorgenommen werden kann. Interessenvereine wie Transgender Netwerk Nederland oder COC vertreten den Standpunkt, dass jeder – unabhängig vom Alter – sein offizielles Geschlecht ändern können müsse. Einige Parteien, wie der CDA hatten große Schwierigkeiten mit der Frage, ob Kinder nicht zu jung sind, um solch einschneidende Entscheidungen treffen zu können. Der Kompromiss liegt nun bei einer Altersgrenze von 16 Jahren.

Die Niederlande sind nicht das erste Land, das sein Transsexuellengesetz ändert. Auch in Österreich, Deutschland, Portugal, Spanien und dem Vereinigten Königreich sind ähnliche Gesetze in Kraft. In Dänemark ist sogar eine Änderung ohne medizinisches Gutachten möglich. Betroffene müssen lediglich zweimal im Abstand von sechs Monaten zum Standesamt gehen, damit gewährleistet wird, dass der Wunsch dauerhaft ist. Vorreiter in dieser Frage ist Argentinien. Hier ist eine Eintragung des anderen Geschlechts durch einen einfachen Gang zum Standesamt möglich.

In Deutschland hatte das Bundesverfassungsgericht die bis dahin gültige Gesetzgebung 2011 für verfassungswidrig erklärt. Seitdem muss ein Mann oder eine Frau sich nicht mehr die Geschlechtsteile entfernen lassen, um die „personenstandsrechtliche Anerkennung im empfundenen Geschlecht zu erhalten“, so die Richter. Bis dahin sah das „Gesetz über die Änderung der Vornamen und die Feststellung der Geschlechtszugehörigkeit in besonderen Fällen“ von 1981 eine große und eine kleine Lösung vor. Bei der großen Lösung wurde die Eintragung im Personenstandsregister geändert, bei der kleinen Lösung nur der Vorname der Person. Die Bedingungen für die große Lösung – geschlechtsumwandelnde Operationen und Sterilisation - empfand das Bundesverfassungsgericht als unzumutbar und setzte sie außer Kraft. Eine Reform des deutschen Gesetzes steht bisher noch aus.


Artikel zum Schlagwort "Transgender"
X nun auch in Formularen: Australisches Gericht erlaubt dritte Geschlechtsangabe
Urteil gibt Kläger Recht, der weder als Mann noch als Frau leben will: Geschlecht ist keine binäre Angelegenheit
Sydney (dpa/nd). Ein australisches Gericht hat erstmals entschieden, dass ein Menschen in amtlichen Formularen etwa von Standesämtern nicht als männlich oder weiblich eingeordnet werden muss. Wie die Zeitung „Sydney Morning Herald“ am Samstag berichtete, kassierte das Berufungsgericht des Bundesstaates New South Wales am Freitag eine anderslautende Entscheidung. Norrie May-Welby hatte gegen das Urteil eines Verwaltungsgerichts geklagt. Norrie wurde als Mann geboren, unterzog sich aber 1983 einer Operation und beschloss, weder als Mann noch als Frau zu leben.

Das Richtergremium erklärte in dem am Freitag abgeschlossenen Verfahren, das Wort Geschlecht habe nicht die binäre Bedeutung „männlich“ oder „weiblich“. In Pässen können Australier bereits seit Jahren ein drittes Geschlecht angeben. Die Richtlinien des Außenministeriums erlauben ein X für „intersexuell“ neben dem herkömmlichen M („männlich“) und F („weiblich“) in den Pässen. Bei intersexuellen Menschen sind nicht alle geschlechtsbestimmenden Merkmale wie Chromosomen, Hormone, Keimdrüsen oder äußere Geschlechtsorgane eindeutig einem Geschlecht zuzuordnen.


»Persönlich fühle ich mich nicht als Transsexuelle«
»Von der Gesellschaft verlange ich nur, dass sie transsexuelle Werdegänge akzeptiert«
Aus persönlichen Gründen war eure Bloggerin kurz in Paris unterwegs. Wer traf sie aber am Flughafen Schönefeld? »Bambi«, eine 77-Jährige strahlende Frau geboren als Mann und Hauptdarstellerin des gleichnamigen Films. Eine tolle spontane Begegnung.
2007 ist Ihre Autobiographie erschienen. Im Dokumentarfilm „Bambi“ von Sébastien Lifshitz erzählen Sie erneut von Ihrem Werdegang. Was liegt der Unterschied?
Schreiben fiel mir nie schwer, es gehörte zu meinem Beruf als Französisch-Lehrerin. Bei einem Dokumentarfilm läuft es anders: Der Regisseur schreibt, nicht die Darstellerin. Sébastien hat meine Wörter inszeniert. Und ich, ich bin einfach hautnah zu sehen. Auch eine Erfahrung!

Bei der Premiere von »Bambi« konnte ich eine große Komplizenschaft zwischen Ihnen und dem Regisseur bemerken...
Tatsächlich. Sébastien wollte immer mit mir reden bzw. mich zuhören. Ich habe ihm Sachen erzählt, die ich eigentlich niemandem niemals sagen wollte. Insgesamt habe ich um die 30 Stunden mit ihm gesprochen. Alles hat er auf eine Stunde für den Film reduziert. Dafür hat er mich manchmal darum gebeten, die Sachen erneut zu erklären. Ich habe es einfach gemacht.

Sie erzählen von Ihrer Zeit in »Carroussel de Paris«, als Sie mit Hormonen experimentiert haben. Ganz anders als die jungen Leute von heute?
Damals waren wir Pioniere mit dem Experimentieren von Hormonen. Alles lief auf unsere eigenen Kosten. Wir hatten einfach von diesem und jenem erfahren, es in der Apotheke besorgt und uns selbst damit gespritzt, manchmal ein bisschen, manchmal mehr. Mit dem Operieren lief es ähnlich: Wenn eine Operation schief ging, war es einfach Pech. Unter der Motto »c›est la vie!‹« Heutzutage läuft alles ganz anders. Alles ist sehr reglementiert worden. Bestimmte Sachen werden rückerstattet, dafür muss man aber von einem Psychologen betreut werden. Auch nicht ganz einfach! Persönlich fühle ich mich nicht als Transsexuelle. Ich bin mit der jungen Generation solidarisch, weil ich ganz genau weiß, wie schwer es sich anfühlt.

Und wie sieht es mit den Gesetzen aus? Ganz anders als damals?
Ach die Gesetze, sie ändern sich nur unter Druck der Gesellschaft. Von der Gesellschaft fordere ich nur, dass sie transsexuelle Werdegänge akzeptiert, selbst wenn nur mit Widerwillen. Eins ist mir auch sehr wichtig und zwar, dass Prostitution legal wird, auch in Frankreich. Damals gab es nicht viele Möglichkeiten für die Arbeit und das tägliche Brot: Die Spektakel waren eine Möglichkeit, die Prostitution eine andere. Viele Transsexuelle haben es dank der Prostitution geschafft.

Tolle Doku! Könnte ruhig länger sein.
Dokumentarstreifen von Sébastien Liftshitz schildert das Leben von »Bambi«

»Ich habe aufgehört, mich anzuschauen, wie die anderen mich angeschaut haben und ich habe mich mit meinen eigenen Augen angeschaut. So beginnt die große Aufbauarbeit - bzw Wiederaufbauarbeit.«

So schildert die Hauptdarstellerin ihre Rolle in »Bambi«. Der Dokumentarfilm von Sébastien Lifshitz wird wie ein Concerto gespielt: In drei Teilen.

Mit großer Lebensfreude erzählt uns die 77-jährige Marie-Pierre Pruvot ihren Werdegang vor der Kamera. Archivbilder begleiten ihre sehr schöne Stimme.

Wir laufen erstens mit der eleganten Darstellerin in den Straßen eines Dorfs in Algerien. Dort ist sie geboren, als Jean-Pierre Pruvot. »Ich wollte diesen Vornamen nicht habewn«. Von langem Haaren und Anziehen von Kleidern war mit dem Schulbeginn vorbei. Und als Jean-Pierre als Teenager einen Freund nach Hause brachte, gab es einen Skandal: Er sei homosexuell. Keiner wollte seinen Wunsch, Frau zu sein, wahrnehmen. »Was für mich so wichtig war, war für meine Familie ein Capriccio.«

Die Vorstellung des Cabarets »Carrousel de Paris« 1952 in Algier war mit ihren Travesti-Shows ein Angelpunkt: »Mein Traum könnte doch gelebte Realität werden«. Mit 17 Jahren und vieler Entschlossenheit ging Jean-Pierre nach Paris und machte die ersten Schritte auf den Music-Hall-Bühnen.

Unter dem Künstlernamen »Bambi« begann Teil zwei des Lebens von Marie-Pierre Pruvot. Wir sehen eine wunderbare Frau singen und posen. Ihre persönlichen Super8-Bilder zeigen uns die Stimmung in den Logen des berühmten Pariser Cabarets.

»Es sind Amateur-Videos mit vielen Selbstporträts«, erzählte nach der Premiere der Regisseur Sébastien Liftshitz. »Ich hatte den Eindruck, es gab eine Art Bedürfnis, die Transition zu dokumentieren.« Bambi nahm Hormone, manchmal eine halbe Packung am Tag. »Wir gingen einfach zur Apotheke und spritzten uns dann selbst«. Damals war alles neu. Die Konflikte in Staff des Carroussels zwischen Transvestiten und Transsexuellen waren brutal. Eine Passage aus dem umstrittenen Film von Claude Lelouch »La femme spectacle« gibt den Blick der Gesellschaft auf die Szene in den sechzigern Jahren wieder. Der Speaker sprach von »Verführerisches Bild der Frau« zum »pervertierten Traum«.

Dennoch hatte damals Bambi ihre Mutter in Paris zurückgewonnen und lebte ihre erste Liebe mit ihrem Freund aus. Sie führte ein ausgeglichenes Leben und ihr war bewusst, sie sollte langsam über einen Ausgang nach den Bühnenauftritten nachdenken. Mit 33 Jahren holte sie ihr Abitur nach und ging zur Sorbonne. Wie ihre Künstlerkollegin Coccinelle ließ sie sich operieren und dann wurde sie als Französisch-Lehrerin eingestellt.

Marie-Pierre Pruvot unterrichtete 25 Jahren lang Französisch. Sie verliebte sich auch überraschend in eine Frau, was für sie erst verwirrend war: »Ich habe damals gedacht, es sei das Letzte was mir geschehen könnte, ich vernichte damit meine Identität«.

Es war aber ihre große Liebe. So lautet Teil drei ihres Lebens.
Bei der Premiere begrüßte Marie-Pierre Pruvot alias Bambi alias Jean-Pierre ein begeisterstes Publikum mit strahlenden Augen. Der Dokumentarfilm von Sébastien Liftshitz könnte ruhig länger als eine Stunde dauern.



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