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Nikita Noemi Rothenbächer 2015
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Gesetz über die Änderung der Vornamen und die
Feststellung der Geschlechtszugehörigkeit in besonderen Fällen(Transsexuellengesetz
- TSG)
Transsexuelle - Die rechtliche Situation
Die rechtliche Lage für Transsexuelle wird seit einigen
Jahren per Gesetz geregelt. Dieses Gesetz wird angewendet, wenn der Wunsch
vorhanden ist, den Vornamen oder den Personenstand zu ändern. Wenn
entsprechende Gutachten vorliegen, sind die Krankenkassen zudem verpflichtet,
die Kosten einer Geschlechtsangleichung zu übernehmen.
Die Transsexuelle Christine K.
Endlich im richtigen Körper: die Transsexuelle Christine K.
In Deutschland wurde 1980 das Transsexuellengesetz (TSG)
beschlossen, das seitdem in Kraft ist. Vorher waren Transsexuelle, die etwa
ihren Vornamen ändern wollten, ganz auf das Wohlwollen der Behörden angewiesen.
Doch nachdem immer mehr Transsexuelle ihre Lage in der Öffentlichkeit beklagten
und sich auch angesehene Sexualforscher für sie starkmachten, fand langsam ein
Gesinnungswandel in der Politik statt. Im Bundestag fand sich eine Mehrheit,
der sich auch die CDU/CSU-Opposition anschloss; das Gesetz wurde ohne
Gegenstimmen verabschiedet. Ursprünglich sollte das TSG nur Anwendung bei
Personen ab 25 Jahren finden, diese Regelung wurde aber gestrichen.
Die "kleine" Lösung: Namensänderung
Die sogenannte kleine Lösung ermöglicht Transfrauen und
Transmännern, einen neuen Vornamen anzunehmen, um ihrem gefühlten Geschlecht
auch offiziell etwas näherzukommen. Zudem werden so beispielsweise
Grenzübertritte oder Polizeikontrollen erleichtert. Voraussetzung dafür: Die
Person muss seit mindestens drei Jahren "unter dem Zwang" stehen, im
anderen Geschlecht zu leben, und es muss eine "hohe
Wahrscheinlichkeit" bestehen, dass sich das Gefühl der Zugehörigkeit nicht
mehr ändert. Zwei unabhängige Gutachter müssen dies vor dem zuständigen
Amtsgericht bestätigen.
Die Chancen einer Vornamensänderung sind im Allgemeinen gut.
Allerdings bemängeln viele Betroffene die lange Verfahrensdauer, die sich
teilweise über mehrere Jahre hinziehen kann. Eine Person, die aufgrund des TSG
ihren Vornamen geändert hat, verliert diesen wieder, wenn sie innerhalb von 300
Tagen nach dem Gerichtsbeschluss Mutter oder Vater wird. Lange Zeit galt auch
die Eheschließung als Kriterium, das die Namensänderung rückgängig macht. 2005
bemängelte das Bundesverfassungsgericht diese Regelung, die seitdem außer Kraft
ist.
Bundesverfassungsgericht verordnet neue Regelung
Der Personenstand zeigt rechtlich an, welchem Geschlecht
eine Person zugehört. Das ist beispielsweise dann entscheidend, wenn man eine
Hochzeit plant. Um den Personenstand nach dem TSG zu ändern (die "große
Lösung"), war laut ursprünglichem Gesetz der Nachweis erforderlich, dass
die Person fortpflanzungsunfähig ist und sich einer Operation unterzogen hat,
die die äußeren Geschlechtsmerkmale entsprechend verändert. Dieser Passus zog
jedoch viel Unmut und Unverständnis auf sich, da er von Transsexuellen quasi
verlangte, sich einer schweren Operation zu unterziehen, wenn sie die Gerichte
von der Ernsthaftigkeit ihres Wunsches überzeugen wollten.
Im Januar 2011 erklärte das Bundesverfassungsgericht diesen
Teil des TSG für unwirksam und hob die Regelung auf. Die Begründung: Durch das
Gesetz würden die Menschenwürde sowie das Recht auf körperliche Unversehrtheit
verletzt. Dass der Gesetzgeber eine Operation verlange, sei eine
"übermäßige Anforderung".
Insgesamt gilt das TSG vielen juristischen Beobachtern als
überarbeitungswürdig. Besonderer Kritikpunkt: Beim Gesetzesbeschluss im Jahre
1980 war man davon ausgegangen, dass Transsexuelle heterosexuell sind. Die
Möglichkeit, dass es auch homosexuelle Transmänner und Transfrauen gibt, die
eine Lebenspartnerschaft eingehen wollen, wurde damals offenbar nicht bedacht.
Auch ist rechtlich unklar, wie verheiratete Personen zu sehen sind, die ihren
Personenstand ändern wollen. Bis 2009 musste die Ehe aufgelöst werden, dann
entschied das Bundesverfassungsgericht im Sinne der Betroffenen.
Kostenübernahme durch die Krankenkassen
1987 verpflichtete das Bundessozialgericht die Krankenkassen
zur Kostenübernahme für eine Geschlechtsangleichung. Begründung:
Transsexualität könne einen Leidensdruck verursachen, der einen
"Krankheitswert" hat. Fachleuten zufolge leiden Transsexuelle oft an
psychosomatischen Erkrankungen, Depressionen oder sind suizidgefährdet. Diese
Leiden können durch Hormonbehandlungen und/oder eine Operation in der Regel
beendet werden. Als Voraussetzung sind mehrere Gutachten nötig, in denen der
Leidensdruck sowie die Notwendigkeit der Behandlung attestiert werden.
Welche Eingriffe und Behandlungen die Kasse übernimmt, ist
individuell unterschiedlich. Psychotherapie, Hormonbehandlung und die gängige
geschlechtsangleichende Operation gehören zum Standard. Brustaufbau,
Operationen an Kehlkopf und Stimmbändern oder kosmetisch-ästhetische Eingriffe
sind nicht verpflichtend, werden aber in Einzelfällen übernommen.
Geschlechtsidentität
auf dem Prüfstand
Anmerkungen zum Reformbedarf des sogenannten
Transsexuellengesetzes (TSG)
von FRANZISKA BRACHTHÄUSER
Im
Jahr 2011 hat das Bundesverfassungsgericht die Vorschrift aus dem TSG kassiert, nach der
Trans*Personen für eine Änderung ihres Personenstandes zu einer operativen
Geschlechtsumwandlung verpflichtet waren, die zu einer
Fortpflanzungsunfähigkeit führen sollte. DerBeschluss verbessert
die rechtliche Situation von Trans*Personen allerdings nur bedingt, denn nach
wie vor knüpft das TSG eine Geschlechtseintragsänderung an erhebliche Bedingungen.
Die notwendige umfassende Gesetzesreform lässt auf sich warten.
Transgeschlechtlichkeit im deutschen Recht
Die Kategorie „Geschlecht“ wird im deutschen Recht
mittlerweile hauptsächlich zu Zwecken des Diskriminierungsschutzes verwandt.
Nicht erfasst vom rechtlichen „Geschlecht“ und den entsprechenden
Schutzmechanismen ist die „Geschlechtsidentität“, die das individuelle
Geschlechtszugehörigkeitsempfinden beschreibt. Das „Gesetz über die Änderung
der Vornamen und die Feststellung der Geschlechtszugehörigkeit in besonderen
Fällen – Transsexuellengesetz“ soll „Lösungen“ für den Fall bieten, dass die
empfundene Geschlechtsidentität von der körperlich indizierten abweicht.
Das TSG fußt auf einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 1978 – zwei Jahre, bevor es letztlich durch den Gesetzgeber verabschiedet wurde. Für das Jahr 1980 fortschrittlich, erscheint die damalige Gesetzesfassung aus heutiger Sicht katastrophal: So waren beispielsweise eine Altersgrenze von 25 Jahren sowie Ehelosigkeit Erfordernisse für eine Geschlechtsänderung. In der Folgezeit wurde das Gesetz daher in sechs Entscheidungen vor dem Bundesverfassungsgericht als Verstoß gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG und somit für verfassungswidrig erklärt. Die Gesetzesgrundlage ist im Grunde noch ein Kind von 1980, denn der Gesetzgeber ging mit seinen Neuerungen über das Mindestmaß der verfassungsgerichtlichen Aufträge nicht hinaus. Allein Begriffe wie „transsexuelle Prägung“ und „Transsexualismus“ in der aktuellen Gesetzesfassung machen das deutlich.
In seinem vorerst letzten Beschluss revidierte das Gericht endlich die auf der Sexualforschung der 1970er Jahre beruhende Annahme, dass ein „wahrer Transsexueller“ notwendigerweise körperliche Angleichungsmaßnahmen vornehmen wolle. § 8 Abs. 1 Nr. 3,4 TSG ist damit vorerst nicht mehr anwendbar – wieder einmal ist der Gesetzgeber ist am Zuge.
Das TSG heute: Trans*Personen unter Zwang
Zwar sind nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts die Voraussetzungen für eine rechtliche Geschlechtsänderung so gering wie nie zuvor – einfach wird eine rechtliche Geschlechtsanpassung dadurch aber keineswegs. Nach dem TSG stehen Trans*Personen wegen ihrer Geschlechtsidentität auf staatlichem Prüfstand.
Gemäß § 4 TSG sind Gerichte in die Position gerückt, über Änderungsanträge zu urteilen. § 4 Abs. 3 TSG sieht vor, dass es zur gerichtlichen Feststellung einer „transsexuellen Prägung“ zweier Gutachten von Sachverständigen bedarf, die „auf Grund ihrer Ausbildung und ihrer beruflichen Erfahrung mit den besonderen Problemen des Transsexualismus ausreichend vertraut sind.“ Insbesondere ist dazu Stellung zu nehmen, ob sich das Geschlecht der antragsstellenden Person mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr ändern wird. § 1 Abs. 1 Nr. 1 TSG macht es außerdem zur Voraussetzung bereits für eine Änderung des Vornamens, dass die antragsstellende Person seit mindestens drei Jahren „unter dem Zwang steht“, in dem empfundenen Geschlecht zu leben.
Die Regelungen machen deutlich, dass das TSG in seiner aktuellen Fassung nicht den Schutzinteressen von Trans*Personen, sondern vor allem einer staatlichen Ordnungspolitik verpflichtet ist. Das zeigt allein der Zwang für Trans*Personen, sich einer Begutachtung durch öffentliche Stellen zu unterziehen, um die Glaubhaftigkeit ihrer Geschlechtsidentität zu beweisen. Die Verfahren sind kostenintensiv (etwa 2000 Euro pro Gutachten), langwierig und bergen darüber hinaus die Gefahr einer fachlichen Willkürentscheidung. Die Bedingung, drei Jahre auch vor einer Vornamensänderung im empfundenen Geschlecht zu leben, ist für die Antragsstellenden eine kaum nachvollziehbare Zumutung. Trans*Personen unterliegen in dieser Zeit einer Beweislast für ihre geschlechtliche Identität, deren Voraussetzungen und Härte mit dem verfassungsrechtlichen Selbstbestimmungsrecht wohl kaum vereinbar sind.
Die Struktur des TSG: Warum nicht ein Schutzgesetz?
Die Struktur des TSG hat sich seit 1980 nicht verändert. Als Ordnungsgesetz trägt es zwar der Erkenntnis Rechnung, dass Transgeschlechtlichkeit existiert, räumt darüber hinaus aber kein Recht auf eine solche ein. Damit stellen sich grundlegende strukturelle Fragen für eine Reform des TSG.
Im internationalen Vergleich ist Deutschland mit seiner Gesetzeslage zu Transidentität in weitestgehend schlechter Gesellschaft: Vier EU-Mitgliedstaaten kennen nicht einmal Vorschriften für eine rechtliche Geschlechtsänderung und die meisten EU-Länder haben die Pflicht zur operativen Geschlechtsumwandlung noch nicht aufgehoben. Allerdings verfügen Schweden, die Niederlande und Portugal bereits über weniger restriktive Vorgaben als Deutschland.
Allein Argentinien hat mit dem „Ley de Identitdad de Género“ (Identitätsgesetz, vgl. die englische Übersetzung) von 2012 eine wirklich progressive Regelung getroffen. Es beruht auf dem im argentinischen Recht verankerten Grundrecht auf Identität. Nach dem Gesetz soll es jedem Menschen auf einfachen Antrag möglich sein, Vorname und Geschlecht schnell und unkompliziert zu wechseln. Darüber hinaus garantiert es Trans*Personen auf Grundlage eines staatlichen Versorgungsplans den sicheren Zugang zu medizinischer Versorgung. Im Gegensatz zu anderen Gesetzen zu Transgeschlechtlichkeit begreift sich das argentinische „Ley de Identitdad de Género“ als Schutzgesetz.
Der argentinische Ansatz wird von deutschen Politiker_innen als Utopie gelesen, denn ein Grundrecht auf Geschlechtsidentität kenne das deutsche Recht nicht. Dieser Schluss stimmt so nicht. In seinem letzten Beschluss zu Transgeschlechtlichkeit liest das Bundesverfassungsgericht das „Finden und Erkennen der eigenen geschlechtlichen Identität“ als Teil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts.
Schutzvorschriften kennt das deutsche Recht darüber hinaus vor allem in Bezug auf die Kategorie „Geschlecht“. Eine Verbindung von „Geschlecht“ und „Geschlechtsidentität“ wird bisweilen abgelehnt – auch das Bundesverfassungsgericht stützt seine Rechtsprechung zum TSG stets auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht und greift dabei nie auf das Diskriminierungsverbot wegen des Geschlechts zurück. Insbesondere Laura Adamietz führt dagegen aus, dass Benachteiligungen und Begünstigungen im Anwendungsbereich des TSG davon abhängig gemacht werden, ob Menschen die Erwartung des ihnen bei der Geburt zugeschriebenen Geschlechts erfüllen oder nicht. Damit wird eine nonkonforme Geschlechtsperformance dem notwendigen Diskriminierungsschutz entzogen. Dieser Diskriminierungsschutz ist notwendigerweise an die Kategorie „Geschlecht“ gebunden. Unter dieser Prämisse sind die Anforderungen des TSG eine Geschlechtsdiskriminierung, die aber nach Art. 3 Abs. 3 GG unzulässig ist.
Ausblick auf politische Kämpfe
Das TSG steht vor einer erneuten Gesetzesanpassung. Zwar verspricht derKoalitionsvertrag der neuen Bundesregierung, die besondere Situation von Trans*Personen in den Fokus zu nehmen, eine gesetzgeberische Priorität ist dies für den Moment aber nicht.
Politischer Handlungsdruck zeichnet sich allerdings von außen ab: 2014 wird der nächste Staatenbericht der Bundesrepublik an den CEDAW-Ausschuss(Frauenrechtskonvention) der Vereinten Nationen fällig. Das eignet sich als Anlass, um in einem Schattenbericht auf die Situation von Trans*Menschen in Deutschland aufmerksam zu machen. Was für eine politische Wirkkraft ein solcher haben kann, zeigt der Parallelbericht zur Umsetzung der VN-Antifolterkonvention aus dem Jahr 2011, der auf die Situation intergeschlechtlicher minderjähriger Kinder in Deutschland aufmerksam macht. Aus der Debatte zu Intergeschlechtlichkeit heraus ist der deutsche Gesetzgeber mit der Einführung von § 22 Abs. 3 PStG zumindest tätig geworden. Der politische Kampf ist in diesem Fall aber ebenso wenig wie im Fall von Transgeschlechtlichkeit beendet.
Für eine tatsächliche Veränderung müssen Fragen über „Geschlecht“ und „Identität“ Teil eines kritischen Alltagsbewusstseins werden.
Quelltext: https://www.juwiss.de/tag/transsexuellengesetz/