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Geschrieben
und Bearbeitet von Nikita Noemi Rothenbächer 2016
Bitte kopiert den Link und Gebt
diesen euren Verwandten, Freunde, Bekannten und Familie denn Information beugt
vor, einer Minderheit anzugehören!
Hey Du hast es und brauchst es,
deswegen Spende Blut, denn es fehlt in der ganzen Welt!
Ich habe Ihn, Du auch?
Organspenden können andere zum Leben verhelfen, sei stolz auf dich selbst mache
Ihn Dir den Organspende Ausweis!
Hey you have it and need it, so donating blood,
because it is missing in the world!
I
had him, you also? Organ donation can help others to life, be proud of your self
doing Him Get donor card!
Wollt Ihr
Wahrheiten, hier eine Reale Geschichte!
Es ist 14:03 Uhr, ich stehe vorm Ströck in der
Karsplatzpassage. Ich bin ein paar Minuten zu spät und halte Ausschau nach ihr:
Charlie. Ich weiß nicht, wie Charlie aussieht aber sie kennt mich von meinem Blog
und wird mich schon finden. Plötzlich steht sie vor mir: eine wunderhübsche,
attraktive Frau mit langem, blonden Haar, toller Figur, sie ist so klein wie
ich, nur zierlicher.
Wir sitzen im Café und Charlie ist sichtlich nervös, ihre
Augen glasig, ich möchte sie am liebsten umarmen, weil sie so tapfer ist und
mit mir über etwas spricht, worüber sie nur mit wenigen Menschen spricht.
Flashback.
1990 wird Charlie geboren. Sie verbringt eine ganz normale
Kindheit, außer, dass sie etwas wilder ist, als die anderen Mädchen. Sie
klettert auf Bäume, spielt Fußball, schlägt sich das Knie beim Radfahren auf
und schneidet der Barbie ihrer Schwester die Haare ab. Zwischendurch verhält
sich Charlie aber wie ein klassisches Mädchen, oder zumindest so, wie die Gesellschaft
es von Mädchen erwartet. Zum Schulfoto mit 7 besteht sie auf das rosa Kleid.
Fünf Jahre später: Charlie ist 12 und merkt, dass etwas
anders ist. Die meisten Mädchen in ihrer Klasse kaufen sich die ersten BH’s,
die Schambehaarung beginnt zu wachsen, sie bekommen ihre Regel. “Du bist halt
eine Spätentwicklerin, das liegt in der Familie!” beschwichtigt sie ihre
Mutter. Innerlich weiß Charlie aber bereits, dass das nicht der Fall ist. Sie
weiß, dass sie anders ist. Charlie besteht auf eine ärztliche Untersuchung,
landet schlussendlich im Wiener Allgemeinen Krankenhaus, mehrere
Blutuntersuchungen und Ultraschalle später die Diagnose: Charlie ist
intergeschlechtlich.
Charlie ist erst 12 Jahre alt, als sie erfährt, dass sie
keine Eierstöcke, keine Gebärmutter hat und demnach nie Kinder bekommen kann.
Stattdessen hat Charlie Gonaden im Bauchraum. Auch Keimdrüsen oder Hoden
genannt. Es sind zwei Buchstaben, die Charlies Leben verändern: XY. Ihre
Chromosomen sagen, sie sei männlich.
Es gibt unzählige Formen der Intergeschlechtlichkeit,
Charlies Form nennt sich complete Androgene Insensitivity Syndrome, kurz cAIS.
Das bedeutet, dass Charlie rein chromosomal ein Mann ist, ihr Körper jedoch
resistent gegen männliche Hormone ist. Charlies Gonaden im Bauchraum wanderten
also nicht nach unten, produzierten aber gleichzeitig männliche Hormone, die
der Körper aber nicht aufnehmen konnte und in Östrogen umwandelte. Deswegen
entwickelte sie auch weibliche, äußere Geschlechtsmerkmale.
Charlie ist 12. Sie erfährt, dass ihre Scheide nur 5 cm lang
ist und somit zu kurz, um problemlos heterosexuellen, vaginalen
Geschlechtsverkehr zu haben. Die Ärztin bietet die operative Entfernung der
Gonaden an, auch eine Scheidenverlängerung sei möglich. Charlie ist 12, sie
möchte einfach so schnell wie möglich, so normal wie möglich sein. Jetzt.
Sofort.
Nachdem die im Bauchraum verbliebenen Hoden warm sind,
befürchten die Ärzte die Gefahr eines Tumors. Heute weiß man, dass das Risiko
bei Weitem nicht so hoch ist, wie man glaubte. Die Familie und Charlie
entscheiden sich für die Entfernung der Gonaden. Charlie ist somit, wie viele
andere XY-Frauen, auf lebenslange Hormonersatztherapie angewiesen, da die
Gonaden im Bauchraum für die Hormonproduktion verantwortlich waren. Eine
Zwangskastration, die zu mangelnder Hormonproduktion führt sozusagen. Bei
vielen intergeschlechtlichen Menschen wird diese OP bereits im Kinderalter
durchgeführt, ohne dass das Kind überhaupt Mitspracherecht hat, ob es ein Leben
mit Hormonersatztherapie überhaupt will. Statt der Scheidenverlängerung rät die
Ärztin zu einem Phantom, einem Stück Kunststoff, das die Scheide weiten und
verlängern soll. Ihre ganze Jugend über muss Charlie immer größer werdende
Phantome in ihre Scheide einführen, immer vor dem Schlafengehen.
“Stell dir vor, du bist auf Schullandwoche, und musst, wenn
alle schon im Bett sind, aufstehen, um dir ein Stück Kunststoff einzuführen, um
deine Scheide zu weiten. Und du bist die, die vor allen anderen aufsteht, um es
wieder rauszuholen.”
Viele weiblich eingestufte, intergeschlechtliche Menschen
bekommen Neovaginas, sie werden sozusagen “penetrationsfähig gemacht”.
Mikropenisse werden abgeschnitten, Geschlechtsteile entfernt, Menschen für
immer sterilisiert. Säuglinge werden operiert, weil die Harnröhre nicht in der
Eichel, sondern im Schaft endet, damit sie im Stehen und nicht nur im Sitzen
pinkeln können. Denn ein echter Mann, der muss ja im Stehen pinkeln können. Wir
wollen uns Menschen so zurechtformen, wie wir uns das vorstellen, ohne dabei zu
verstehen, dass das an Folter grenzt.
“Es war psychisch sehr schwer, das als Jugendliche zu
verkraften. Gerade in dieser Zeit will man ja eigentlich nur dazugehören. Ich
glaube die meisten Mädchen hassen ihren Körper in dieser Zeit, aber wenn dir
dann auch noch gesagt wird, dass du eigentlich kein Mädchen hättest sein
sollen, dann hasst du dich selbst wahrscheinlich noch viel mehr.”
Ein äußeres Geschlechtsmerkmal, das unter 0,7 cm liegt, gilt
als Klitoris. Alles über 2,5 cm als Penis. Und dazwischen? Das Dazwischen
rücken, schneiden und stutzen wir so lange zu Recht, bis wir es zu Mann oder
zur Frau gemacht haben, koste es was es wolle. Als wäre es ein verdammter
Bonsai-Baum. Doch wir sprechen hier nicht von einer winzigen Randgruppe, wir
sprechen von 1,7% der Bevölkerung, 20-25 Kinder jährlich in Österreich, die
völlig im Stich gelassen werden. Es gibt ungefähr so viele intergeschlechtliche
Menschen, wie es Rothaarige gibt. Die Wahrscheinlichkeit, dass wir einige
intergeschlechtliche Menschen kennen, die sich nicht trauen, sich zu outen, ist
also sehr hoch.
Ob intergeschlechtliche Menschen es wollen oder nicht: sie
müssen sich einordnen, denn in unserer Welt haben wir keinen Platz für
Grauzonen. Mann oder Frau, schwarz oder weiß. 170 Operationen an weiblichen
eingestuften Kindern unter 5 Jahren waren es im Jahr 2014 in Deutschland.
Diesen Kindern wird eines entzogen: das Menschenrecht auf einen unversehrten
Körper.
“Es ist schwer nicht ein Schema zu passen wenn sich die
ganze Gesellschaft nach diesem Schema richtet. Damit habe ich sehr oft zu
kämpfen. Auch mit dem Vorurteil ‘Zwitter’ kann ich nicht umgehen. Ich mag das
Wort einfach nicht.” Wir stehen jeden Tag vor Entscheidungen, die uns leicht
fallen: auf’s Damen- oder Herrenklo, ob wir das Kreuzerl bei “weiblich” oder
“männlich” machen. Und Charlie? Ist sie nun männlich oder weiblich? Charlie ist
Charlie. Punkt.
In unserer Gesellschaft gibt es kaum Möglichkeiten, aus der
Zweigeschlechtlichkeit auszubrechen. Nicht mal auf medizinischem Niveau, ist es
intergeschlechtlichen Menschen möglich, durchzuatmen. Wenn im Pass “Frau” steht
und man aber eine Prostata-Untersuchung braucht, weil man eben eine Prostata
hat, dann wird die nicht von der Krankenkasse übernommen. Wenn Charlie ins AKH
muss, muss sie auf die Transsexuellen-Ambulanz, obwohl sie nicht transsexuell
ist. Die Krankenschwester fragt “sie sind also transsexuell?” und Charlie ist
völlig bloßgestellt, muss einer wildfremden Person, zu der sie kein
Vertrauensverhältnis hat, erklären, dass sie intergeschlechtlich ist und was
das eigentlich bedeutet. Ihr ganzes Leben lang ist sie solchen Situationen
ausgesetzt. Nach der Gonadenentfernung als junger Teenager wird sie zur
Psychologin geschickt, die erste Frage lautet “wie kommst du mit deiner Regel
zurecht?”.
“Mann und Frau sind nur die Endpunkte auf einer Linie, wieso
schenken wir dem, was dazwischen liegt, nicht mehr Akzeptanz? Wieso MUSS ich
mich entscheiden?”
Charlie hat große Angst davor, ungewollt geoutet zu werden.
“Es gibt keinen Platz für mich in der Gesellschaft. Es gibt keine ‘dritte
Option’, die ich wählen kann. Wenn es einen Platz für intergeschlechtliche
Menschen gäbe, wenn andere wüssten, was das eigentlich ist und wir uns nicht
mehr zwei Kategorien zuordnen müssten, wäre das einfacher.” Sie ist seelisch
noch nicht bereit, sich so zu akzeptieren wie sie ist. Sie weiß, dass es ein
harter, sehr anstrengender und emotional aufreibender Weg wird. Früher wollte
sie so schnell wie möglich, so “normal” wie möglich sein. Heute möchte sie
einfach nur sie selbst sein und das akzeptieren können.
Wir stehen vor der Toilette auf der TU, auf die linke Tür
ist der Umriss eines Menschen mit einem Kleid angebracht, gegenüber der Umriss
eines Menschen in Hose, dazwischen eine Wand. “Genau genommen, müsste ich jetzt
in diese Wand rennen. Gleis 9 3/4 sozusagen.” Wir beide lachen. Manchmal geht
es nur mit Humor.
Doch am Ende des Tages, kann ich nicht drüber lachen. Denn
es macht mich wütend, dass wir in unserer Welt alles und jeden Normalisieren
und Stereotypieren. Es macht mich wütend, dass intergeschlechtlichen Menschen
ein Schamgefühl aufgezwungen wird, weil man ihnen das Gefühl gibt, nicht der
Erwartung zu entsprechen. Obwohl es gar keine Erwartung gibt, denn am Ende des
Tages, sind wir nicht weiblich oder männlich, sondern menschlich.
Wieso können wir Menschen, nicht Menschen sein lassen? Wieso
muss “weiblich” oder “männlich” über das
bestimmen, was wir sein sollen. “Du läufst wie ein Mädchen”. Das weibliche
Klischee ist rund, das männliche Klischee ist eckig. Und Charlie? Charlie ist
ein Dreieck. Ein verdammt schönes, vollkommenes Dreieck.
“Why not
change minds, instead of bodys?”
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